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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Adern.
    Du bist schlimmer gefezzt, als du denkst, Tim.
    »Ich will nichts wissen von deinen abgekarteten Spielchen. Ich werd weder für das Amt des Staatssenators kandidieren noch als Hydrantenprüfer arbeiten«, krächzte ich, ohne auf meine eigenen Gedanken zu hören.
    »Das ist eine runde Sache, sag ich dir.« Valentine stand auf und begann sich die Weste zuzuknöpfen, die feuchte Zigarre hing in einem Winkel seines ausdrucksvollen Mundes.
    »Ich hab uns beiden grad vorhin eine Stellung besorgt, über die Partei. Natürlich bin ich ... etwas höher eingestuft. Und arbeite hier in diesem Distrikt. Für dich hab ich nur einen Posten im Sechsten Bezirk bekommen. Du wirst dir dort eine neue Bleibe suchen müssen, denn die Schucker müssen in dem Stadtbezirk, in dem sie Streife gehen, auch wohnen. Aber das macht nichts, denn gerade in diesem Augenblick werden die Überreste deines bisherigen Hauses in den Fluss befördert.«
    »Was auch immer es ist, meine Antwort lautet nein .«
    »Jetzt sei doch nicht so giftig, Timothy. Es wird eine richtige Polizei geben.«
    »Das weiß jeder. Ich hab dein Plakat gesehen. Und das hat nicht gerade meine Sympathien geweckt.«
    Trotz meiner Vorbehalte oder vielleicht deswegen war die Polizei-Saga seit Jahren die erste politische Geschichte, mit der ich mich eingehender beschäftigt hatte. Ehrbare Bürger riefen nach der Einrichtung einer Polizeitruppe, und weniger ehrbare Patrioten bellten, die freien Männer von New York würden niemals ein stehendes Heer in ihrer Stadt dulden. Das Gesetz wurde im Juni verabschiedet, ein Sieg der Demokraten, und die ehrbaren Bürger hatten sich am Ende durchgesetzt, dank solch unermüdlicher Ganoven, wie mein Bruder einer war – Männer, die Macht, Gefahr und Bestechungsgelder gleichermaßen liebten.
    »Du wirst dich schon dran gewöhnen, jetzt wo du selbst ein Polizist bist.«
    »Ha!«, blaffte ich bitter, was einen scharfen Schmerz durch meinen Schädel jagte. »Das ist ja reizend. Du willst, dass ich mich in eine enge blaue Weste zwänge, damit echte Kerle mich mit faulen Eiern bewerfen können?«
    Valentine schnaubte und brachte es irgendwie zuwege, dass ich mich noch kleiner fühlte, als ich es in seiner Anwesenheit ohnehin schon tue. Gar nicht so leicht. Aber darin ist er Experte.
    »Glaubst du etwa, einen Mann mit freiheitlicher republikanischer Gesinnung wie mich würdest du je dabei erwischen, wie erin ’ner blauen Livree herumläuft? Also, Tim. Das ist eine richtige Polizei, kein Karnevalsverein, und mit George Washington Matsell höchstpersönlich an der Spitze.«
    Ich blinzelte. Richter Matsell, diese ebenso skandalumwitterte wie fettleibige Figur des öffentlichen Lebens, die ich gesehen hatte, als das Feuer wütete, wie er Schaulustige zur Oase des Gerichtsgebäudes trieb. Aus verschiedenen Quellen hatte ich schon gehört, er sei ein verderbter Fettkloß, er sei die rechte Hand Gottes und uns gesandt, um auf den Straßen für Ordnung zu sorgen, er sei ein machthungriger Troll, er sei ein wohlmeinender Philosoph, der einen Buchladen sein Eigen nannte, in dem er die anrüchigen Werke von Robert Dale Owen und Thomas Paine verkaufte, und zu allem anderen, er sei ein dreckiger Engländer. Jedes Mal nickte ich, als handle es sich um eine offenkundige Wahrheit. Vor allem, weil es mir schnurzpiepegal war. Was wusste ich schon von Richtern?
    Aber Vals Plan, mich in die neue Polizeitruppe zu stecken, war eindeutig ein Versuch, mich lächerlich zu machen.
    »Ich brauche deine Hilfe nicht«, behauptete ich.
    »Natürlich nicht«, sagte Valentine ätzend und ließ einen seiner Hosenträger schnalzen.
    Nach gründlicher Überlegung setzte ich mich in seinem Bett auf. Der Raum tanzte um mich herum, als sei ich ein Maibaum, und durch meine Schläfe zuckte ein Schmerz wie von heißer, flüssiger Lava.
    Nichts ist so schlimm, wie es scheint, dachte ich mit dem letzten Rest blindem Optimismus, der mir noch geblieben war. Konnte es gar nicht. Ich hatte schon einmal alles verloren, da war ich zehn, und das war schon vielen anderen Menschen passiert, die ich kannte, und alle waren sie aufgestanden und geradeaus weitergelaufen. Oder hatten sich aufgerappelt und waren in eine etwas andere Richtung weitergelaufen.
    »Ich werde wieder als Barkeeper arbeiten«, beschloss ich.
    »Machst du dir auch nur den geringsten Begriff davon, wie viele Menschen heute Morgen ohne Arbeit sind?«
    »In einem Hotel oder in irgendeinem der besseren Austernkeller.«
    »Wie

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