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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Seite sprang.
    »Sollte ich Ihnen oder Ihrem Vater auch nur einen Moment der Sorge verursacht haben, bitte ich um Entschuldigung.«
    »Sie sehen doch sicherlich ein, dass Ihnen das gar nicht ähnlich sieht?«
    »Ich trage einen Polizeistern und wohne im Sechsten Bezirk. Sehe ich etwa so aus, als sei ich ich selbst?«
    Mercys schwarze Brauen drifteten auseinander. Ich erwiderte ihren Blick und verlor einen Augenblick die Orientierung. Als wir weitergingen, fand sie unerklärlicherweise etwas, worüber sie lächeln konnte. Es zuckte in ihren Mundwinkeln, und man hörte es eher an ihrem Atem, als dass man es ihrem Gesicht ansah.
    »Es tut mir sehr leid wegen der Misslichkeiten, die Ihnen in jüngster Zeit widerfahren sind«, sagte sie sanft. »Und damit meine ich alle. Ich habe erst gestern durch Papa davon erfahren, müssen Sie wissen, und ich wünschte, ich hätte es früher gewusst.«
    »Danke«, sagte ich undankbar. »Wie geht es mit dem Buch voran?«
    »Recht gut.« Sie klang fast amüsiert. »Aber es fällt mir schwer zu glauben, dass Sie grundlos hier sind, so wie Sie sich anhören. Werden Sie mir jetzt vielleicht sagen, was der Anlass ist?«
    »Werde ich«, antwortete ich widerstrebend. »Dr. Peter Palsgrave dachte, Sie könnten vielleicht der Polizei dabei helfen, einen verstorbenen Jungen zu identifizieren. Falls Sie das nicht möchten ...«
    »Peter Palsgrave? Der Freund meines Vaters, der Doktor, der am Elixier des Lebens arbeitet?«
    »Tut er das? Ich dachte, er behandelt kranke Kinder.«
    »Das stimmt, so haben Papa und ich ihn ja kennengelernt. Und ja: Das tut er. Dr. Palsgrave hat lange nach der Formel für eine Medizin gesucht, mit der man sämtliche Krankheiten heilen kann. Er beteuert, es handle sich um Wissenschaft, aber ich finde das alles recht wenig hilfreich. Warum sollte man sich derartig in die Suche nach einem Wundermittel verbeißen, während so viele Menschen sterben, weil es ihnen an ganz einfachen Mitteln fehlt, wie etwa frischem Fleisch? Aber wie kommt er auf mich? – Oh, ich verstehe.« Mercy seufzte und schob den Korb an ihrem schlanken Arm etwas höher. »Stammt der Junge von hier?«
    »Falls Sie wissen wollen, ob seine Eltern hier geboren wurden oder ob sie einen New Yorker Akzent haben und das nötige Geld, um als New Yorker zu gelten, das weiß ich nicht. Mir scheint er Ire zu sein.«
    Mercy lächelte mir kurz mit einem Mundwinkel zu, es war, als drücke sie mir einen schnellen Kuss auf die Wange. »In dem Fall werde ich Ihnen gewiss helfen.«
    »Warum sollten Sie, uns helfen, nur weil er Ire ist?«
    »Nun ja«, antwortete sie, und die Schärfe war in ihre Stimme zurückgekehrt, »wenn er Ire ist, so würde es niemand anderem in der Stadt einfallen, ihm zu helfen.«
    *
    Den Leichnam anzuschauen – den man mittlerweile, so nahm ich doch an, gewaschen und in ein Leichentuch gehüllt und zur St.-Patrick’s-Kathedrale Ecke Prince Street und Mulberry Street gebracht hatte –, war schwieriger als gedacht. Als Erstes galt es meinen Widerwillen zu überwinden, mit Mercy am Arm zu dem Seiteneingang in der groben Steinmauer mit den fünf Fenstern zu gehen, in dem Wissen, dass ich ihr gleich eine Leiche zeigen würde. Ein allerdings noch gewichtigeres Problem waren die Kerle, die uns den Eingang versperrten.
    »Wir werden diesen Palast Satans bis auf die Grundmauern niederbrennen!«
    Ein über sechs Fuß großer Riese mit dicken schwarzen Koteletten, der trotz allem noch keine fünfundzwanzig sein konnte, stand vor einem Häufchen grimmig dreinblickender Arbeiter. Ihre Falten waren tiefer, als sie hätten sein müssen. Lauter Männer, die ehrlicher Arbeit nachgingen und jetzt Feierabend hatten vom Schweineschlachten oder Nägeleinschlagen und die sich in ihren besten Rock geworfen hatten, um ein paar Iren mit mitgebrachten Flusssteinen zu bewerfen. Mit ihren engen schwarzen Schwalbenschwänzen und den Anstecknadeln an der Brust hatten sie Ähnlichkeit mit Val. Allerdings wollte Val die Wählerstimmen der Iren, und diese Nativisten hier wollten den Tod der Iren. Ihrem kalten Blick und ihren kampfbereit geballten Fäusten konnte man ansehen, dass sie ein hartes Leben führten.
    »Ich kümmere mich drum«, sagte ich zu Mercy und bedeutete ihr mit einem Nicken, sie möge an der Ecke auf mich warten.
    »Ihr auf links gedrehten Nigger, ihr habt doch nicht den Mumm, einem einzigen in Freiheit geborenen Amerikaner entgegenzutreten! Kommt raus aus euren Löchern und spielt mit uns, ihr

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