Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
Vom Netzwerk:
erinnerte. Ich fragte mich gerade, ob wir solche Dinge eigentlich tun durften, nachtreten bei zu Boden gegangenen Missetätern, doch Mr. Connell löste das Problem mit nüchternem Gesicht, indem er zwei übereifrige Prügler von ihren Opfern fortschubste.
    Ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Langsam beruhigte sich alles. Die Zeitungsjungen umringten mich, in ihren Gesichtern stand kein Misstrauen mehr, stattdessen Ehrfurcht.
    »Das«, keuchte Alle Neune, die Brille in der einen Hand und das Brillenputztuch in der anderen, »das war Poesie. Das war, als würde man dem Teufel beim Lügen zusehen. ›Mord. Beleidigung von Frauen in ...‹«
    »Wo ist Miss Underhill?«, fragte ich drängend.
    »Weggegangen. Sagte, sie bräuchte etwas Ruhe«, erklärte Giftzahn. »Und, also echt, Miss Underhill ! Wie sie das gemacht hat! Sie müsste eigentlich eine Königin sein, ich sag’s euch. Die Königin von Gotham.«
    »Hör mal«, sagte ich zu Julius, »bleibst du bitte noch eine Weile? Ich brauche deine Zeugenaussage, aber zuerst muss ich noch ein paar Worte mit den anderen Polizisten reden. Geht das?«
    Er nickte, obwohl es ihm ganz offensichtlich lieber gewesenwäre, etwas weniger sichtbar zu sein. Ich rannte hinüber zu der Gruppe von Polizisten, die ihren benommenen Gefangenen triumphierend klobige eiserne Handschellen anlegte. Der Kerl, der den ganzen Aufruhr angezettelt hatte, schlief den Schlaf der Ungerechten. Und wirkte noch um einiges missgestalter als vorher.
    »Das war gerade im rechten Moment«, sagte ich.
    »Das kann man wohl sagen, was Sie betrifft, Mr. Wilde, ganz gewiss!«, rief Mr. Piest und schüttelte mir die Hand. »Ich selbst bin da ja vorsichtiger. Das kommt von den vielen Jahren als Wachmann. Wenn sich ein Mob zusammenrottet, dann sehen Sie zu, dass Sie selbst auch einen Mob um sich haben, Sir! So geht das in New York.«
    »Ja, so geht das wohl. Mr. Kildare!«, rief ich den Streifenpolizisten, dessen Runde an die meine grenzte.
    »Mr. Wilde«, antwortete er mit rauer Stimme und einem Akzent so dick wie Torfmoor.
    »Was hat dieser grobe Klotz zu Ihnen gesagt, bevor er sich auf die Polizisten geworfen hat?«
    »Das ist jetzt doch nicht mehr wichtig, oder?«
    »Für Sie schien es das aber gewesen zu sein.«
    Mr. Connell streifte mich im Vorübergehen, während er den kleineren der besoffenen Kumpane in Richtung eines Fuhrwerks schleppte. Er ist ein ruhiger, vierschrötiger Mann, der gut nachdenkt, bevor er den Mund aufmacht. »Wir würden mit den Hausbesitzern unter einer Decke stecken, Mr. Wilde. Das hat er gesagt, über die irischen Polizisten. Hat gesagt, wir seien Mietlinge der Grundstückseigentümer. Eine genaue Übersetzung kann ich Ihnen nicht geben. Vielleicht ›Leibeigener‹«, setzte er über die Schulter hinweg hinzu, »obwohl ›Sklave‹ bei einem Amerikaner vielleicht noch am ehesten passt.«
    Da kam mir der andere Halunke wieder in den Sinn, der ja an dem ganzen Schlamassel auch schuld war. Ich drehte mich um und entdeckte schließlich den Grundstücksbesitzer mit dem silbernen Bart und der albernen sonnengelben Hose, wie er betrübt, das Gesicht ganz eingefallen, dabei zusah, wie seine früherenAngestellten weggekarrt wurden, während sich um ihn herum der Staub wieder setzte.
    »Sie haben einiges zu verantworten, auch wenn man Ihnen nichts zur Last legen kann. Was zum Kuckuck haben Sie sich eigentlich gedacht, wie das ausgehen wird, wenn man eine rein irische Arbeitstruppe feuert und durch eine schwarze ersetzt?«
    »Es ist doch nicht meine Schuld, wenn die Amerikaner sich weigern, für den Lohn, den ich ihnen bieten kann, für mich zu arbeiten, damit könnten sie mir ja den ganzen Ärger ersparen, oder?«, jammerte er. »Und ich konnte eine irische Mannschaft nicht länger mit meinem Gewissen vereinbaren, nicht als Christ, und als Bürger von Manhattan auch nicht!«
    »Aber wieso denn das, Sie hatten sie doch schon längst eingestellt ...«
    Ich verstummte, denn Mr. Piest zupfte mich am Ärmel und führte mich ein paar Schritte weit fort von dem unfähigen Grundstücksbesitzer und den selbstzufriedenen Polizisten. Er ging hinter einem Laternenmast in Deckung, der überhaupt keinen Schutz versprach, und zog einen zusammengefalteten Zeitungsausschnitt aus der ausgefransten Innentasche seines Jacketts.
    »Sie sind wahrscheinlich schon seit dem frühen Morgen den Verbrechern auf den Fersen und hatten noch keine Sekunde Zeit für die Politik, aber die Dinge haben sich ... geändert«,

Weitere Kostenlose Bücher