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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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hat, und in der dungbeschmierten Steckrübe war ein Loch für einen Strick. Das war geplant. Bis ins Detail. Das war ganz besonders böse und schlug alles etwaige Erbarmen in mir wie mit einem Eisenknüppel nieder.
    »Was, zur Hölle, wollt ihr hier veranstalten?«, donnerte ich.
    Die Lautstärke war entscheidend. Sollte der Mob bei unserem Gespräch den Faden verlieren, würde ich das vielleicht teuer bezahlen müssen. Aber das war gar kein richtiger Mob, meine Zuhörerschaft bestand aus bettelarmen Iren und verrohten Amerikanern, die sich mit starren Augen diese blutige Sportveranstaltung ansahen. Die Sorte, die auch zuschaut, wie ein Terrier gegen ganze Horden tollwütiger Stadtratten kämpfen muss. Es war kein Schwarzer weit und breit zu sehen, natürlich nicht, ich brauchte mich gar nicht erst nach ihnen umzuschauen. Sie waren weggerannt, um ihre Kinder in den Küchenschränken zu versteckenund ihr Erspartes neben der Abortgrube zu verscharren. Die üblichen Vorsichtsmaßnahmen.
    »Wir regeln da ’nen kleinen Streit «, grölte der schwarze Riese. »Mit dem Feigling da drüben!«
    Er zeigte auf den Geschäftsmann mit den gelben Hosen und dem silbergrauen Bart, der im sicheren Abstand von zwanzig Yard dastand und hilflos die Hände rang. Ich kann hilflose Männer nicht leiden. Vielleicht ist das noch so ein Nebeneffekt davon, dass ich bei meinem Bruder aufgewachsen bin, und sicher nicht der schlimmste, aber bei dieser Art von Schwächlingen werde ich manchmal ein bisschen bösartig. Als erwarte unsere überaus pragmatische Stadt von mir, dass ich sie die Bäume raufjage.
    »Sie sind schon so gut wie verhaftet: wegen ordnungswidrigen Verhaltens, Körperverletzung und brutaler Misshandlung«, erklärte ich meinem wirklichen Gegner. »Eine Zelle in den Tombs ist Ihnen bereits sicher, aber wenn Sie diesen Mann augenblicklich losbinden, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich auf den Vorwurf ›Körperverletzung mit Tötungsabsicht‹ verzichte .«
    An meinem ersten Arbeitstag hatte ich die Liste jener Verstöße, die tatsächlich kriminell waren, und jener, die nur theoretisch kriminell waren, auswendig gelernt, in der Annahme, das könnte nützlich sein. War es auch schon viermal.
    »Ach, und wer wird mich festnehmen ?«
    »Ich, du Hornochse.« Ich schlug das linke Revers meines Rocks zurück, an dem der Kupferstern steckte.
    »Oh! Ein Polizist«, spuckte er verächtlich. »Von euch hab ich schon gehört. Das macht mir so viel Angst wie die Zitzen einer Sau.«
    »Ich will dir auch keine Angst machen, sondern dich ins Gefängnis stecken.«
    Der Grobian reagierte nicht groß darauf. Er schien nachzudenken, so weit das in diesem Zustand der Umnachtung möglich war.
    »Ist das wirklich ein Schucker?«, fragte sich ein nervöser Zuschauer hinter mir. »Beim Zeus, ich hab noch nie einen gesehen.«
    »Ich hab sie mir immer größer vorgestellt«, bemerkte ein anderer.
    Es wäre nicht zweckdienlich gewesen, auf diese Kommentare einzugehen, folglich ignorierte ich sie.
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass Polizisten Nigger-Liebhaber sind«, kommentierte der besoffene Ire mit einem anzüglichen Grinsen. »Aber da macht es nur umso mehr Spaß, sie zu verdeffeln.«
    Die Möglichkeiten, ein zivilisiertes Gespräch zu führen, waren offenbar an ihre Grenzen gestoßen. Aber als ich vortrat, um Julius loszubinden, vor Wut schon ganz außer mir und praktisch rotsehend, bekam ich für meine Bemühung eine Fackel ins Gesicht.
    Ich duckte mich. Und duckte mich wieder. Indem ich mich ein wenig nach hinten warf, entging ich einem Schlag, der meinen Oberkörper in Flammen gesetzt haben würde.
    Ringsum war ein allgemeines Aufkeuchen zu vernehmen, ein gedämpfter Schrei, eine weinende Frau. Beruhige dich, du Jämmerling , dachte ich, als mein Herz aus dem Käfig meines Brustkorbs springen wollte, dass du Feuer hasst, das wird er nur dann wissen, wenn du es ihm sagst .
    Also hörte ich auf, mich zu ducken, und hörte auf auszuweichen und trat zwei Schritte vor. Dann rief ich dem wehleidigen amerikanischen Gentleman mit den ärgerlichen gelben Hosen über die Schulter zu: »Um was haben Sie sich denn gestritten mit dem Bastard?«
    »Ich ...« Das Händeringen wurde einen Augenblick noch heftiger. »Ich habe meine Bautruppe an die Luft gesetzt. Ich habe alles Recht dazu! Das Gebäude ist mein Eigentum. Das zu bauende Gebäude, besser gesagt, mir gehört das Grundstück, sehen Sie, und ich konnte es nicht länger mit meinem Gewissen

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