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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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teilte er mir ernst mit, während seine sorgenvollen Brauen wie Hummerscheren zuckten. »Matsell möchte Sie in seinem Büro in den Tombs sehen.«
    Er huschte davon, und ich entfaltete den Zeitungsausschnitt aus dem Herald . Ich musste ihn mir nicht lange anschauen, um zu begreifen, was geschehen war. Ich schlug mir gegen die Stirn und verfluchte mich, dass ich am Morgen nur die Schlagzeilen überflogen hatte. Es war ein Brief an den Herausgeber: » So hab ich die toten kleinen die oben im norden der Statt begraben sind mit dem Zeichen des Kreuzes versehn. Für eine andre Behandlung warn die nicht würdig und wisset für diese aufgabe wurde ich auserkoren ...«
    »Gottverdammt«, fluchte ich und knüllte das Ding zusammen.
    Da hatte jemand mehr als einen Adressaten.
    Der Tropf in der gelben Hose zitterte, als der Polizeikarren mit seiner Ladung blaugeschlagener Halunken an ihm vorüberfuhr. »Ich bin nicht der einzige gottesfürchtige Geschäftsmann, den diese Ereignisse beeinträchtigen. Drei meiner Kollegen, denen westlich von hier Grundbesitz gehört, haben ihre Trupps auch ausgetauscht, und meine Schwester in Greenwich Village hat mir unverzüglich mitgeteilt, sie habe ihr zweites Dienstmädchen entlassen. Und daran hat sie recht getan.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte ich mit eisiger Stimme.
    »Wer weiß, welche Verderbtheit in dem Mädchen lauerte? Wir sollten diese Papsttreuen irgendwie zusammentreiben und wieder dahin zurückschicken, wo sie hingehören. Wenn Gott wünscht, dass sie dort verhungern, wieso sollten wir uns dann der göttlichen Gerechtigkeit widersetzen? Es dürfte zwar für einen Weißen doppelt mühevoll sein, einen Schwarzen zu einem ordentlichen Tagwerk anzuspornen, aber wenigstens fürchten sie den Teufel – während es nichts noch so Niedriges gibt, das man den Iren nicht zutrauen könnte, wie der Brief beweist. Das schockiert mich, Sir. Die Grausamkeit sogenannter menschlicher Wesen.«
    »Zumindest darin sind wir uns einig«, murmelte ich böse, als er sich entfernte.
    Julius tauchte zu meiner Linken auf, der leichte Geruch nach Teeblättern, die in sein drahtiges Haar geflochten waren, ging ihm voraus. Seine rechte Hosentasche war ein wenig ausgebeult. Er sah mich ein paar Sekunden an, dann rieb er sich mit seinen flinken Fingern die Nase.
    »Ich stehe sehr in Ihrer Schuld.«
    »Aber gar nicht. Die zahlen mir fast zehn Dollar am Tag.«
    »Sie sind also jetzt bei der Polizei.«
    »Nicht zu fassen, aber wahr«, gab ich mit einigem Sarkasmus zu.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das sogar sehr gut verstehen.«
    »Und du bist also ein Zimmermann. Du bist wahrscheinlich schon immer einer gewesen, und ich hab’s nur nicht gewusst. Hat dein Vater deshalb diesen Namen bekommen? Oder dein Großvater?«
    »Mein Vater.« Julius lächelte. »Cassius Carpenter. Aber verstehen Sie jetzt, was ich meine? Sie können keine zehn Minuten verstreichen lassen, ohne irgendeiner Sache auf den Grund zu gehen.« Er räusperte sich. »Ich werde Ihnen helfen, wie und wann immer Sie wollen, nur eine Zeugenaussage kann ich nicht machen. Das würde mir nicht gut bekommen. Suchen Sie sich etwas anderes. Bitte.«
    Ich schluckte eine ganze Krötenfamilie runter und nickte. Julius könnte alles Mögliche zur Anzeige bringen, er könnte den Fall sogar gewinnen, aber ich hatte den Schlägertypen schon wegen diverser schwerwiegender Gewalttätigkeiten gegen die Polizei am Haken. Und lohnte es sich für eine Aussage, dass mein Freund dann jeden schönen Sommerabend darüber nachdenken musste, wie lange er wohl noch zu leben hatte, bevor man ihm die Bude abfackelte?
    »Lass mich mal kurz nachdenken«, sagte ich bedächtig. »Heute Morgen so gegen fünf war ein Brief von einem verrückten Iren in der Morgenausgabe, der die ganze Stadt einnehmen möchte, indem er Kinder umbringt.«
    Julius nickte.
    »Der jämmerliche Wurm dort drüben hat das gelesen und gleich seine Mannschaft gefeuert. Und da seit der Feuersbrunst überall Baustellen aus der Erde sprießen, hat er sie ganz schnell durch Schwarze ersetzt und nur einen Teil des Arbeitstages verloren. Ein paar seiner ehemaligen Arbeiter haben erst mal kräftig einen gekippt und sind dann auf den Gedanken verfallen, ein öffentliches Spektakel zu veranstalten. Und du bist derjenige, den sie geschnappt haben, als deine Mannschaft die Beine in die Hand nahm. Wie nah bin ich dran mit meiner Geschichte?«
    »Volltreffer.«
    »Julius, eines kannst du wohl für mich tun.

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