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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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stahlen. Seit ihn der Ağa das erste Mal gezwungen hatte, den mit Talg eingeriebenen Spieß in den Anus eines Gefangenen zu treiben, hatte er sich gegen die Schreie verhärtet; hatte aufgehört, seine Opfer als Menschen zu sehen, da er sonst nicht tun konnte, was nötig war. Von dem Augenblick an, als er die ersten Wehrlosen getötet hatte, war etwas in ihm gestorben; hatte sich Dunkelheit in seiner Seele ausgebreitet. Eine Dunkelheit, die ihn manchmal vollkommen zu verschlucken drohte. Er unterdrückte ein Schaudern. An dem Tag, an dem er das Mädchen geschändet hatte, war dieses nachts in einem Albtraum zu ihm zurückgekehrt. Ihr verzerrtes Gesicht war ein Spiegel seiner eigenen Pein gewesen.
    Er hatte sich einen Stofffetzen zwischen die Zähne gestopft, um sich nicht durch seine eigenen Schreie zu verraten. Und dann hatte er das getan, was er in dem furchtbaren Kerker auf der Festung Egrigöz gelernt hatte: Er war in Gedanken an einen Ort gegangen, den nur er kannte – einen Ort, der rein und sicher war und so weit entfernt, dass ihn niemand finden konnte. Dort hatte er die schreckliche Last der Schuld abgeladen und versucht, neue Kraft zu schöpfen. Aber dennoch fühlte er sich oft so ausgehöhlt und leer, dass er fürchtete, nichts würde ihn jemals wieder erfüllen können.
    Zwar betete er Nacht für Nacht um die Vergebung seiner Sünden, flehte um Gnade und versuchte, seine Taten vor sich und Gott zu rechtfertigen. Doch egal, wie sehr er sich bemühte, die Gräuel zu entschuldigen, nichts konnte etwas an der Tatsache ändern, dass diese Menschen eigentlich seine Verbündeten sein sollten. Seine Augen zuckten unfreiwillig zu den grotesk verrenkten Körpern der Gepfählten. Hastig wandte er den Kopf ab. Es gab einfach keine Möglichkeit, sie zu verschonen! Jedenfalls nicht, ohne dass er all das, wofür er und Radu so vieles erduldet hatten, gefährdete. Alles, was er tun konnte, war, ihr Leid zu verkürzen, wenn ihn der Ağa mit ihnen alleine ließ. Und damit ging er bereits ein Risiko ein, das so gewaltig war, dass der Gedanke an die Folgen einer Entdeckung sein Herz erkalten ließ. Er musste stark bleiben, selbst wenn er seine Seele dafür aufs Spiel setzte! Es war der Weg, den Gott für ihn vorgesehen hatte! Seine Hand tastete nach seiner Schulter. War der Drache in seinem Fleisch nicht ein Zeichen, dass er dazu ausersehen war, den Feind der Christenheit zu bezwingen? Wenn es ihm nicht gelang, das Vertrauen des Großwesirs zu gewinnen, würde der walachische Thron niemals ihm gehören. Und alle Hoffnung auf Freiheit seines Volkes würde irgendwann mit seinem Vater zu Grabe getragen werden. Das konnte und durfte er nicht zulassen!
    Ganz abgesehen davon, was Radu blühte, wenn Vlad den Großwesir enttäuschte! Ungehalten über die eigene Schwäche schüttelte er die düsteren Gedanken ab und beschleunigte die Schritte.
    Kurze Zeit später kam er am Rand einer Gruppe Akıncı zum Stehen, deren Gesichter vor Eifer leuchteten. Viele von ihnen brannten darauf, sich endlich mit Federn des Krieges zu schmücken, um von ihren Beğs belohnt zu werden. Ständig trafen neue Renner und Brenner in Albanien ein, um die Truppen vor Ort zu verstärken, sodass große Einzelerfolge eine Seltenheit waren. Ein jeder hoffte darauf, einen wichtigen Gefangenen zu machen oder einem Bauern eine Neuigkeit abzufoltern, welche den Widerstand schwächen, wenn nicht gar vernichten konnte. Und dennoch war ihre Loyalität so tief in der Gruppe verwurzelt, dass auch die Erfolge anderer gefeiert wurden, als wären es die eigenen. Die Rufe der herannahenden Reiter wurden immer lauter. Vlad war nun sicher, dass er sich nicht verhört hatte. Sie brüllten tatsächlich den Namen ihres albanischen Erzfeindes Iskender. Sollte es den Akıncı tatsächlich gelungen sein, Georg Kastriota gefangen zu nehmen? Den Mann, den Vlad beinahe mehr bewunderte als seinen eigenen Vater? Ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Magengrube aus. Seine Frage wurde beantwortet, als die Osmanen kurze Zeit später mit etwas mehr als einem Dutzend Albanern in das Lager einritten. Ihr Anführer trug – an einer Lanze befestigt – einen funkelnden Gegenstand vor sich her. »Iskenders Helm!«, rief einer der Türken aus und kurz darauf erhob sich frenetischer Jubel. Dem Anführer folgten zwei weitere Reiter, die einen Mann an einem Strick hinter sich herschleiften. Dieser war nur noch mit einem blutigen Fetzen bekleidet. Sein Körper schien eine einzige Wunde. »Ist

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