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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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kühl ins Auge, um dessen Reaktion zu lesen. Doch wenngleich die Worte des Sultans dafür sorgten, dass Vlads Herz zu Stein erstarrte, ließ sich der junge Walache nichts anmerken. »Auch dein Bruder Mircea ist gefallen«, fuhr Murad fort. »Daher erhebe ich dich als nunmehr ältesten Sohn des Woiwoden der Walachei in den Rang eines Paschas.« Ein Wink gab Vlad zu verstehen, dass es ihm jetzt gestattet war aufzustehen. Der Herr der Fahnen näherte sich dem neuen General der osmanischen Armee und präsentierte die drei Rossschweife. »Vlad Draculea Pascha«, verkündete der Sultan, »ich erhebe dich außerdem in den Rang eines Prätendenten. Sobald die Ungarn wieder vertrieben sind, wirst du der neue Fürst der Walachei.«
    An den Rest der Zeremonie konnte Vlad sich später kaum mehr erinnern. Nur noch einzelne Bruchstücke der niederschmetternden Neuigkeiten spukten in seinem Kopf herum.
    Aber auch diese begannen bereits, sich in dem Feuer aufzulösen, das Vlads Verstand zu vernichten drohte. Es schien, als habe die so grausam beiläufige Erwähnung seines ältesten Bruders alles andere ausgelöscht. Erst nach der Rückkehr in sein Gemach war ihm bewusst geworden, dass weder Radu noch Prinz Mehmet der Zeremonie beigewohnt hatten. Wie betäubt starrte er auf den Tuğ mit den drei Rossschweifen hinab, den er – genau wie seine kostbaren neuen Kleider – achtlos zu Boden geworfen hatte. Er selbst stand vollkommen unbekleidet mitten im Raum. Von seinem Diener war weit und breit keine Spur zu entdecken. Hatte er den Jungen fortgeschickt?
    Er wusste es nicht mehr. Stöhnend bückte er sich nach einem dünnen Untergewand und zog es sich über den Kopf, ehe er an eines der Fenster trat und in die hereinbrechende Dämmerung hinausstarrte. Seine Vorahnung hatte ihn nicht getäuscht.
    Sein Vater war tot! Genau wie sein Bruder und zahllose andere Walachen! Gefallen im Kampf gegen einen Feind, der eigentlich ein Verbündeter hätte sein sollen! Seine Rechte wanderte zu dem Brandmal an seiner Schulter. Und der Thron seiner Heimat war nun mit einem Dăneşti besetzt, einem Mitglied des Geschlechtes, welches seit Jahrzehnten mit Vlad und seinen Vorfahren um den Thron stritt! »Wladislaw!«, spuckte er verächtlich aus und stemmte die Fäuste auf das Sims – fast dankbar für den Schmerz, der ihm dabei in die verletzte Hand fuhr. »Ich werde dir und deinen feigen Helfern eigenhändig das Herz aus der Brust reißen und es an die Wölfe verfüttern«, knurrte er. Denn nicht nur die Ungarn und die Dăneşti waren schuld am Tod seiner Familie. Auch die Bojaren, die adelige Oberschicht der Walachei, hatte offensichtlich gegen Vlads Vater intrigiert und war ihm in den Rücken gefallen. »Sobald ich Woiwode bin«, presste Vlad zwischen den Zähnen hervor, »werde ich mich an jedem einzelnen von euch rächen!« Ein Geräusch an der Tür ließ ihn herumwirbeln und nach der Waffe an seinem Gürtel greifen, die nicht da war. Ehe er jedoch mit drei langen Schritten bei dem Kleiderhaufen am Boden angelangt war, um seinen Dolch zu zücken, ließ ihn die Gestalt im Türrahmen die Brauen heben. »Was willst du hier?«, fragte er schroff, als eine schlanke junge Frau den Raum betrat. Anstatt zu antworten, ließ sich das Mädchen allerdings zu Boden fallen und verharrte in kniender Haltung, bis Vlad vor ihm stand. Dann hob es den Kopf und sagte leise: »Ich bin ein Geschenk des Großwesirs.«
    Vlad traute seinen Ohren nicht. Was zum Henker hatte sich Halil Pascha denn dabei nun wieder gedacht? Wollte er sichergehen, dass Vlad auf seiner Seite war – jetzt, wo er nicht nur ein freier Mann, sondern ebenfalls ein Pascha war? Oder wollte er ihn mit dem Geschenk verhöhnen? Ihm vor Augen führen, wie wenig Respekt er vor ihm und seinem Fürstentum hatte? Der Zorn, der zu einem dumpfen Pochen irgendwo tief in ihm abgeklungen war, flammte erneut auf.
    »Verschwinde!«, herrschte er die junge Frau an. Doch diese rührte sich nicht von der Stelle. »Ich sagte, du sollst verschwinden!«, fauchte Vlad, packte sie grob am Arm und zog sie in die Höhe. Sie gab einen unterdrückten Schmerzenslaut von sich. Mit einem Fluch ließ Vlad von ihr ab. Wie weit musste er noch sinken, fragte er sich aufgebracht. Seine Wut an einem bildschönen Mädchen auszulassen, das vermutlich ebenso wenig hier sein wollte wie er. Er seufzte. »Geh wieder«, sagte er schließlich. »Ich benötige deine Dienste nicht.«
    Als sie sich immer noch nicht vom Fleck bewegte, brauste er auf:

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