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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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»Worauf wartest du? Geh!«
    »Ich kann nicht«, flüsterte sie schließlich und sah mit feuchten Augen zu ihm auf. »Ich bin ein Geschenk. Ich muss bei Euch bleiben.« Vlad holte mehrmals tief Atem, um nichts zu tun, was seine Seele noch schwärzer machen würde, als sie ohnehin schon war. Dann schüttelte er den Kopf, durchmaß den Raum und riss die Tür auf. Sobald er einen der zahllosen Bediensteten erblickte, winkte er ihn herbei und deutete auf die junge Frau. »Bring sie in die Unterkunft der Frauen«, sagte er, wobei er darauf achtete, dass der Bursche seine Lippen sehen konnte. »Hast du verstanden?« Der Junge nickte. Und kurz darauf war alles, was von dem unverhofften Besuch geblieben war, ein leichter Duft nach Lavendel und Zitrone. Ein Hauch von Wehmut schlich sich ein. Einen Moment lang erwog er, den Befehl ungeschehen zu machen. Dann stieß er allerdings eine Verwünschung aus und kehrte zu dem Fenster zurück. Er musste sein Herz verhärten! Allen Schmerz verbannen und sich auf seine Bestimmung konzentrieren! Kein Gefühl durfte ihn schwach machen oder davon abhalten, die Verantwortung für sein Volk zu übernehmen, die er jetzt trug! Nicht einmal Hass. Hass vernebelte die Sinne, schwächte den Verstand und machte denjenigen, der nicht lernte, ihn zu beherrschen, verwundbar. Vom heutigen Tag an war er das Feuer des Drachen, das seine Feinde vernichten würde!
    Diese Entscheidung half ihm, die nächsten Wochen zu überstehen. Am Tag nach der Audienz suchte ihn der Alaybeği – der Kommandant der Lehensreiterei – auf und teilte ihm mit, dass er ihn in der Theorie der osmanischen Kampfkunst unterrichten würde. Die Praxis beherrschte Vlad ja offenbar, bemerkte er trocken. »Sollte dieser Wurm Hunyadi es wagen, die Donau zu überschreiten, werdet Ihr aller Voraussicht nach einen eigenen Reiterverband anführen.« Obschon Vlad den herablassenden Befehlshaber nicht ausstehen konnte, saugte er dessen Erläuterungen auf wie ein Schwamm. Als einfacher Reiter hatte er zwar den Umgang mit Bogen, Schwert und Lanze perfektioniert, von der Strategie einer Schlacht verstand er allerdings noch nicht viel. Während er lernte, dass die Fußtruppen der Janitscharen das Zentrum des türkischen Heers bildeten, dass der Tabur – die Wagenburg – die Basis der Verteidigung darstellte, und dass der Sultan transsylvanische Geschützgießer eingekauft hatte, malte er sich aus, wie er einen eigenen Flügel in die Schlacht führen würde. Immer und immer wieder ließ der Alaybeği ihn Pläne auf Papier malen, um ihm seine Fehler aufzuzeigen. Als Vlad nach mehreren Monaten schließlich alles wusste, was der Kommandant ihm vermitteln konnte, brannte er darauf, seine Rachepläne endlich in die Tat umsetzen zu können. All die Zeit über verbot er sich jeden Gedanken an Radu, seinen Vater und seinen gefallenen Bruder. Wenn die Zeit kam aufzubrechen, würde er Radu einfach mitnehmen und die Vergangenheit begraben!

Kapitel 63
Kronstadt (Transsylvanien), April 1448
    Der Frühling brachte die ersehnte Schneeschmelze und endlich wieder Wärme nach Transsylvanien. Zwar würde es noch viele Wochen dauern, bis auch die Gebirgskämme der Karpaten endlich vollkommen schneefrei waren, doch die ersten Pässe schienen bereits wieder befahrbar. Wenigstens behaupteten das die Händler, die bereits Beziehungen zu dem neuen Woiwoden der Walachei geknüpft hatten. Dicke Knospen verrieten, dass die Bäume bald ausschlagen würden. Die heiße Frühlingssonne wärmte den Boden, aus dem allerlei Blumen emporsprossen. Es war ein herrlicher Tag, ein Tag nach dem sich die Einwohner Kronstadts und die Sinti lange Zeit gesehnt hatten. Und dennoch empfand Zehra weder Freude noch Erleichterung. »Was soll ich denn jetzt tun?« Ihre Stimme erstickte in einem Schluchzen, als Reyka sie in die Arme schloss und fest an ihren Busen drückte. »Was, wenn Utz schon morgen oder übermorgen hier eintrifft? Und ich bin nicht mehr da?« Sie befreite sich aus der Umarmung der Kräuterfrau. »Was dann?« Inzwischen war sie sich absolut sicher, dass ihr Bruder nach ihr suchte, auch wenn sie in den langen Winternächten mehr als einmal daran gezweifelt hatte.
    Gegen Ende des Monats März hatte sie von ihm geträumt.
    Seitdem spürte sie, dass er in ihrer Nähe war! Etwas anderes war schlicht und einfach nicht denkbar! Zwar fragte sie sich inzwischen täglich, warum es so lange dauerte, bis er sie ausfindig machte. Aber sobald der Zweifel anfing zu bohren, fand sie immer

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