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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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er sich unter Schmerzen ins Erdgeschoss und hinkte über den Hof auf das Tor zu. Nach wenigen Schritten blieb er abrupt stehen und reckte die Nase in die Winterluft. Irgendwo brannte es! Als er sich umblickte, sah er hinter den Stallungen eine Rauchfahne aufsteigen, die zu dick war, um aus einem der Kamine der Dorfbewohner zu kommen. Was ging hier vor sich? Am Tor angekommen, bahnte er sich einen Weg durch Wachen und Gesinde und bellte: »Was soll der Lärm? Warum seid ihr nicht auf euren Posten?«
    Gerade als einer der Wachmänner ihm antworten wollte, erklang erneut ein dumpfer Laut. »Bei allen Heiligen, seht doch endlich nach, wer das ist!«, knurrte Johann, stieß den Wächter beiseite und öffnete eigenhändig die kleine vergitterte Luke.
    Was er sah, ließ ihn zurücktaumeln, als habe ihm jemand mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Zwar war es nur ein Dutzend Reiter, die sich im Halbkreis vor dem Burggraben aufgebaut hatten, aber die Farben ihrer Waffenröcke wiesen sie als Mitglieder einer der größten Adelsgesellschaften des Landes aus. »Sankt Wilhelm«, murmelte Johann. »Was haben die denn hier zu suchen?« Als einer der Reiter eine Armbrust hob und einen Pfeil in seine Richtung abfeuerte, knallte er die Luke hastig zu. Kaum hatte der Bolzen sein Ziel getroffen, war Johann klar, was der Ursprung des dumpfen Geräusches war: Die Ritter spickten sein Tor mit Pfeilen! Vier weitere Einschläge folgten, dann verkündete das Klappern von Hufen, dass die Fremden abzogen. »Was, zum Teufel, sollte das?«, fragte eine der Wachen. Das wollte Johann auch wissen, weshalb er – nachdem er sich versichert hatte, dass die Luft rein war – das Tor öffnen ließ, um nachzusehen. »Der Herr steh uns bei!«, stieß einer seiner Leute hervor, als er die Briefe sah, die mit den Pfeilen an das Holz genagelt worden waren. »Fehdebriefe!« Auch Johann spürte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich, doch er zwang sich zur Ruhe. Vielleicht war es auch nur ein dummer Scherz. Er befahl seinen Wächtern, die Pfeile aus dem Tor zu ziehen und ließ sich einen der Briefe reichen, den er mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete.
    »Wisset Johann von Katzenstein, dass wir, die Gesellschaft mit Sankt Wilhelm, Euer Feind sein wollen wegen des Unrechts, das Ihr einem unserer Mitglieder, Utz von Katzenstein, zugefügt habt. Und wie sich die Feindschaft fürder macht, es sei Raub, Brand oder Totschlag, so wollen wir unsere Ehre mit diesem offenen besiegelten Brief bewahrt haben.«
    Johann keuchte auf. Der Junge war Mitglied von Sankt Wilhelm? »Oh, verdammt!«, murmelte er und ließ den Brief in den Schnee fallen. Das war der geballte Zorn Gottes! Aus dem Dorf am Fuße der Burg erklang Wehgeschrei. Wenig später gesellten sich weitere Rauchsäulen zu der ersten. Johann schüttelte die Betäubung ab. »Besetzt die Schießscharten!«, brüllte er und rannte zurück zum Palas, um sich von seinem Knappen die Rüstung anlegen zu lassen. Der Teufel, dem Helwig ihre Seele verkauft hatte, forderte seinen Preis!

Kapitel 61
Edirne, Sultanspalast, Februar 1448
    Allmählich kam Vlad sich vor wie eine Strohpuppe, die Kinder sich abwechselnd zuwarfen. Dachte der Sultan, dass es sich bei dem Ritt von Albanien nach Edirne um eine Lustreise handelte? Oder fand er einfach nur Gefallen daran, seine Macht zu demonstrieren und seine Männer zu behandeln wie Spielbälle? Aufgrund der nassen Kälte hatte er seit Wochen nicht mehr in trockenen Kleidern geschlafen, weshalb ihn, genau wie seinen Çokadar, ein schlimmer Husten plagte.
    Außer ihm waren weitere hundert Reiter auf dem Rückweg in die Hauptstadt des Osmanischen Reiches – was nur bedeuten konnte, dass der Krieg in Albanien an Wichtigkeit verloren hatte. Die dunkle Vorahnung, die Vlad seit einiger Zeit mit sich herumtrug, verstärkte sich, als das Dach der Moschee in Sicht kam. Es schien ihm seltsam glanzlos. Selbst der Fluss, der die Stadt durchschnitt, wirkte stumpf und bleiern. Vielleicht war es aber auch nur seine düstere Stimmung, die dafür sorgte, dass alle Farben zu verblassen schienen. Wie schon beim letzten Mal, als er den Gewaltritt hinter sich gebracht hatte, war er grenzenlos müde und erschöpft. Nachdem er seinen Rappen abgegeben hatte, machte er sich diesmal direkt auf den Weg ins Hamam. Da der Sultan ihn erst für den folgenden Tag zu sich bestellt hatte, konnte er sich in aller Ruhe ein Bad gönnen. Im Hamam angekommen, ließ er sich von einem Gehilfen abseifen. Wenig später

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