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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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gewaltigen Strom mit. Vlad war froh, das feiste Gesicht seines Widersachers im Rücken zu haben. Er wusste nicht, was er tun würde, wenn Mehmet ihm in der Schlacht vor die Lanze lief. Ob er seinen Hass im Zaum halten und an das Wohl seines Volkes denken konnte, für das er die Verantwortung trug; oder ob er an Ort und Stelle Rache üben würde, anstatt zu warten, bis sein Fürstentum endlich ihm gehörte. Die Vorstellung, schon bald seine Heimat wiederzusehen, erfüllte ihn mit zwiespältigen Gefühlen: Freude, Glück und Unglauben überkamen ihn. Aber gleichzeitig meldeten sich auch Zorn und Erbitterung zu Wort. Es erschien ihm immer noch unwirklich, dass der Sultan ihn tatsächlich bei der Machtübernahme unterstützen wollte. Lediglich die eine Bedingung machte die Vorstellung realer: Als Dank für die Unterstützung musste er dem Großherrn die Festung Giurgiu abtreten. Diese Festung hatte Vlads Vater im Sommer vor drei Jahren eingenommen, da sie die Straße von Tirgoviste – der Hauptstadt der Walachei – nach Bukarest kontrollierte. Es war ein stolzer Preis für etwas, das Vlad eigentlich von Geburt an zustand. Aber ein Preis, den er willens war zu bezahlen. Voller Ungeduld zügelte er seinen Rappen, da der Borubläser den Reitern signalisierte, dass die Geschwindigkeit für die Fußtruppen zu hoch war. Wenn sie doch nur schon in Sofia wären, dachte Vlad. Dann wäre sein Ziel zum Greifen nah!

Kapitel 66
Ulm, ein Stadthaus, Juli 1448
    Fassungslos blickte Sophia auf das rote, verknitterte Gesicht hinab, dessen Mund sich zu einem unwilligen Schrei öffnete.
    Ihr Kopf fühlte sich an, als habe jemand stundenlang mit einem Hammer dagegen geschlagen, und der Schmerz in ihrem Unterleib raubte ihr beinahe den Verstand. Doch der Anblick des winzigen Lebewesens, welches die Medicina vorsichtig in ihre Armbeuge gebettet hatte, ließ sie all die schrecklichen Stunden vergessen. Die Helferin der Hebamme hatte inzwischen den Gebärstuhl aus der Kammer schaffen lassen. Und die Medicina selbst hatte dafür gesorgt, dass das schwarze, stinkende Gebilde, das einmal Sophias Gebärmutter gewesen war, entsorgt wurde.
    Eine Amme wiegte das zweite Kind in den Armen, aber es war bereits eingeschlafen. »Er hat Hunger«, sagte die rundliche Frau und legte den Säugling in ihren Armen vorsichtig in der hastig herbeigeschafften zweiten Wiege ab. »Gebt ihn mir, dann hört er auf zu brüllen.« Nur widerwillig ließ Sophia sich ihren Sohn abnehmen, da sie fürchtete, es könnte das erste und letzte Mal sein, dass sie ihn hielt. »Trinkt das«, befahl die Hebamme, nachdem sie zurückgekehrt war, und hielt Sophia einen Becher an die Lippen. Das Gebräu darin roch nach Arnika, Kamille und Wacholder. Sophia leerte den Becher gehorsam bis zur Neige. »Ich komme in zwei Tagen wieder, um die Wunde noch einmal zu waschen«, sagte die Hebamme. »Bis dahin müsst Ihr strikte Bettruhe halten.« Sie hob warnend den Finger. »Wenn Ihr zu früh aufsteht, könntet Ihr sterben!« Furcht und der kalte Schweiß auf ihrer Stirn sorgten dafür, dass Sophia trotz der Sommerhitze fröstelte. Sie umklammerte die blaue Wachsscheibe mit dem Bild des Lamm Gottes an ihrem Hals, das sie vor dem Tod im Kindbett schützen sollte. Ob mit den Qualen, die sie durchlitten hatte, ihre Strafe abgebüßt war?
    Ob der Barmherzige ihr vergeben hatte? Sie hoffte es inständig.
    Denn die Liebe, die sie beim Anblick ihrer beiden Kinder überwältigte, war stärker als alles, was sie jemals zuvor empfunden hatte.
    Sie hob schwach den Kopf, als die Hebamme sich umwandte und sagte: »Es sind zwei Jungen, Herr.« Unmittelbar darauf tauchte ihr Gemahl hinter der Medicina auf und lächelte sie zaghaft an. »Wie geht es dir?«, fragte er scheu und warf einen unsicheren Blick auf die Krippe. »Ich habe dich gehört.«
    Er verstummte, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und senkte den Kopf wie ein Knabe, der eine Schelte erwartete. Und obgleich Sophia sich geschworen hatte, ihn nie wieder in ihre Nähe zu lassen, wurde sie von Mitleid übermannt.
    In den vergangenen achtzehn Stunden hatte sie ihn verflucht und beschimpft, auf seinen Namen gespuckt und ihn zum Teufel gewünscht. Aber so, wie er jetzt vor ihr stand, hätte sie ihm am liebsten gesagt, dass sie ihm vergeben hatte. Stattdessen wartete sie einfach ab, bis er den Kopf wieder hob und ihr in die Augen sah. Er seufzte. Dann zog er einen Hocker zu sich heran und sagte: »Sobald du vollkommen genesen bist, breche ich

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