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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Wo kam man denn da hin, wenn man sich von einem Gesindeauflauf in die Flucht schlagen ließ? Als ein magerer Knabe mit einer mehligen Schürze gegen die Flanke seines Pferdes stieß, briet er dem Burschen eins über. Was dafür sorgte, dass dieser fluchend das Weite suchte, so schnell es der Menschenstrom zuließ.
    Schon nach kurzer Zeit lichtete sich das Gewühl um die Reiter, sodass diese wie Inseln in einem kunterbunten Fluss wirkten. Zwar schleuderten die Ulmer den Reitern unflätige Schimpfworte und den einen oder anderen verfaulten Apfel hinterher, doch das ließ Ulrich vollkommen kalt. Als sie endlich am Hoftor der Krone angekommen waren, hieb einer seiner Männer mit dem Schwert dagegen und wenig später ritten sie in den weitläufigen Hof des Gasthauses ein. Über dem Eingang prangte eine riesige, vergoldete Krone, neben der ein Schild hing, auf welchem die hohen Gäste des Hauses aufgelistet waren. Ein halbes Dutzend Stallburschen eilte herbei und nahm den Besuchern die Pferde ab, um sie in ein gepflegtes Stallgebäude zu führen. »Tretet ein«, begrüßte sie der Wirt. Mit einem neidischen Blick stellte Ulrich fest, dass dessen Rock teurer war als sein eigener. Auch die Ringe am Finger des Mannes zeugten von dessen Reichtum, sodass der Helfensteiner es beinahe bereute, dem Drang zu Prahlerei nachgegeben zu haben. Immerhin kostete eine Nacht in dem Gasthof mehr, als er sich eigentlich leisten sollte. Er überschlug die Summe im Kopf und schalt sich einen Verschwender. Doch dann straffte er die Schultern und forderte hochfahrend: »Gebt mir die besten Kammern, die Ihr habt.«
    Zum Teufel mit der Sparsamkeit! Wenn seine Pläne Früchte trugen, würde er sich bald noch viel Besseres leisten können.
    Schweigend folgte er dem Wirt in den ersten Stock hinauf und ließ sich von diesem in eine Flucht von Gemächern führen, deren verschwenderische Pracht ihn die Luft einziehen ließ.
    Durch die bunten Glasscheiben fiel das Sonnenlicht auf einen frisch gewachsten Dielenboden, wo es ein farbiges Muster hinterließ. An den getäfelten Wänden hingen mehrere kleine Teppiche, und der Baldachin des ausladenden Bettes war aus feinstem Brokat. Der Wirt wies auf einen riesigen Schrank, dessen Front eine kunstvolle Schnitzerei zierte. »Aus der Werkstatt von Hans Multscher.« Zwar konnte Ulrich mit diesem Namen nicht viel anfangen, aber der Stolz des Wirtes verriet, dass das Stück teuer gewesen sein musste. »Von hier aus habt Ihr einen guten Blick auf den Marktplatz«, ließ dieser den Helfensteiner wissen und öffnete eines der Fenster. »So könnt Ihr alles sehen, ohne dass Ihr Euch dort unten ins Gedränge begeben müsst.« Auch wenn es ihm eigentlich egal war, warum sich die Ulmer auf dem Marktplatz versammelt hatten, meldete sich Ulrichs Neugier allmählich zu Wort. »Was ist denn los?«, fragte er scheinbar unbeteiligt und trat hinter den Wirt, um einen Blick nach unten zu werfen. Anders als zu ebener Erde war von hier aus deutlich zu erkennen, dass die Schaulustigen versuchten, ins Rathaus zu gelangen. »Ein Hexenprozess«, setzte ihn der Kronenwirt in Kenntnis. »Das Urteil wird heute erwartet.«

Kapitel 14
Ulm, Gerichtssaal, Februar 1447
    »Das Urteil lautet: Schuldig.« Das Knacken, mit dem der Richterstab zerbrach, hallte von den Wänden des Saales wider, in dem vollkommene Stille herrschte. Das Geschrei der Menge auf dem Marktplatz drang gedämpft in den Raum, doch den Anwesenden schien es die Sprache verschlagen zu haben. Mit einer endgültigen Geste schleuderte der Bürgermeister Zehra den zerbrochenen Stock vor die Füße und erhob sich von der Richterbank. »Es wird sofort vollstreckt.« Wie vom Donner gerührt, starrte Zehra auf die Bruchstücke zu ihren Füßen, während sich ein Abgrund vor ihr auftat. Hatte Jakob Löw ihr nicht versprochen, dass ihm etwas einfallen würde? Hatte er ihr nicht versichert, dass sie sich keine Sorgen machen musste, als man sie an einem Strick vom Metzgerturm zum Rathaus geführt hatte. Hatte er nicht behauptet, sie würde schon bald wieder frei sein? Warum hatte dann der Ammann seine Werbung abgeschmettert und erwidert, dass die Beweislast erdrückend sei? Furcht, wie sie sie noch nie gekannt hatte, bemächtigte sich ihrer Glieder, als der Bürgermeister vor sie trat und sie zwang, ihre Hand auf ein Kruzifix zu legen. »Du musst den Urfehdeeid schwören«, ließ er sie wissen. »Schwöre, dass du dich nicht für die Unbill, welche du von Seiten der Stadt Ulm und ihrer

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