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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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»Solltest du zurückkehren und ergriffen werden, droht dir der Tod durch das Schwert.« Die Menge war inzwischen verstummt, um keinen Teil des Spektakels zu versäumen. Nachdem der Henker die Stricke über die Schulter geworfen hatte, trat der Hauptmann der Wache vor, der den Zug begleitet hatte. »Wer der Verbannten in irgendeiner Art und Weise Hilfe leistet, begeht eine schwere Straftat«, drohte er – im selben Moment, in dem Zehras Blick ihren Bruder fand. Obgleich seine Blässe verriet, wie hart ihn die Verurteilung seiner Schwester traf, blinzelte er Zehra verschwörerisch zu und machte ihr ein Zeichen. Dieses – ein Pferdekopf mit spitzen Ohren, geformt mit den Fingern seiner Rechten – verriet Zehra, was er trotz der Warnung des Hauptmannes vorhatte. Am ganzen Leib bebend, nickte sie schwach und versuchte, den Stoff ihrer Gewänder so zusammenzuhalten, dass sie der Kälte nicht mehr schutzlos ausgeliefert war.
    »Lasst mich ihr wenigstens einen Mantel geben«, hörte sie Utz sagen. Mit steinernem Gesicht schob er sich nach vorn und hielt Zehra eine wollene, mit Hasenfell gefütterte Heuke entgegen. »Sonst hättet Ihr sie gleich zum Tode verurteilen können«, meldete sich Jakob Löw, der Prokurator, zu Wort.
    Einige Augenblicke sah es so aus, als wolle der Stadtsoldat die Bitte abweisen. Doch dann machte er eine wegwerfende Bewegung und ließ zu, dass Utz Zehra den Umhang reichte.
    »Verbirg dich im Unterstand«, raunte er ihr dabei ins Ohr. Da sie fürchtete, ihn durch eine Antwort in Gefahr zu bringen, senkte sie lediglich kurz die Lider, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie begriffen hatte, was er plante. Dann schlang sie die Heuke um die Schultern und schluckte mühsam, als sich die Pranke des Hauptmanns um ihren Arm schloss. Ohne weitere Worte schob er Zehra grob durch den Torgang, an deren anderem Ende die Torwächter eine Schlange von Reisenden aufhielten. Viele schienen Händler zu sein, die erbost waren über die Verzögerung des Einlasses. »Geht es jetzt endlich weiter?«, brummte einer von ihnen. »Oder sollen wir uns hier bis zum Jüngsten Tag die Beine in den Bauch stehen?«
    »Wegen der mussten wir hier so lange warten?«, fragte ein Berittener und bedachte Zehra mit einem vernichtenden Blick.
    Als auch die anderen ihre Aufmerksamkeit auf sie richteten, wäre sie am liebsten in einem Mauseloch verschwunden. »Geh und komm nie wieder«, gab ihr der Stadtsoldat mit auf den Weg, ehe er sie stehen ließ und zurück in den Torgang verschwand. »Ja, mach schon, damit es hier weitergeht!«, rief ein Müller, dessen Packpferd genauso mehlbestäubt war wie er.
    Obwohl alles in ihr sie drängte, zurück in die Stadt zu laufen, um das Gericht um Gnade anzuflehen, wusste sie, dass sie so schnell wie möglich das Weite suchen musste. Als sie sich noch einmal umwandte, schossen ihr Tränen in die Augen, da die Stadtmauer sowohl Utz als auch jedes andere bekannte Gesicht verdeckte. Mein Gott, was sollte jetzt nur aus ihr werden? Die Verzweiflung der vergangenen Tage brach sich Bahn, sodass die teils misstrauischen, teils gierigen Gesichter der Männer um sie herum verschwammen. Ohne auf die Hohnworte zu achten, krallte sie die Hände fester in den schützenden Stoff der Heuke und taumelte weinend die Straße entlang – blind und taub für alles außer dem Pfeifen des eisigen Windes. Mühsam setzte sie einen Fuß vor den anderen, ohne zu wissen, wohin sie eigentlich wollte. Ihre Zähne schlugen vor Kälte aufeinander, aber der Schmerz sorgte dafür, dass sich ihre Haut schon bald mit einem klebrigen Schweißfilm überzog. Je weiter sie sich von der Stadt entfernte, desto weniger Menschen kamen ihr entgegen, bis sie schließlich mutterseelenallein und heftig atmend am Straßenrand innehielt.
    Noch immer wollte ihr Verstand nicht richtig begreifen, was geschehen war: Dass ihr Vater das Opfer einer feigen Mordtat war. Dass sie ihr Zuhause verloren hatte und für immer entwurzelt war! Zwar hatte sich ein winziges Fünkchen Erleichterung in ihr Herz gestohlen, als sie erfahren hatte, dass es nicht der Scheiterhaufen war, der ihr drohte. Aber war eine lebenslange Verbannung aus ihrer Heimatstadt nicht beinahe genauso furchtbar? Sie schlang die Arme um ihren geschundenen Oberkörper und kämpfte gegen die Verzweiflung an, die sie zu ersticken drohte. Während die Schluchzer sie immer heftiger schüttelten, breitete sich der Schmerz weiter in ihr aus, griff nach ihrem Herzen und schnürte ihre Kehle mehr und

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