Der teuflische Lord (German Edition)
sie vor dem Teufel Angst haben muss , hatte sie so oder so ähnlich gefleht. Ganz eindeutig hatte sich der Ruf der Danber, wenn es um das Verhalten gegenüber einer Frau ging, zum Schlechteren gewandelt. Die Art der Danber, sich eine Maid zu nehmen, mit dem Teufel zu vergleichen, dem sie sich ergeben müsste, hielt er dennoch für eine maßlose Übertreibung.
Waldo überlegte, suchte nach einer anderen Erklärung und akzeptierte sie auch sogleich für sich als Wahrheit. Dieses Edelfräulein war nicht verrückt, sondern nur extrem ängstlich. Und sie verfügte auch über eine blühende Phantasie. Sicher waren die Geschichten über das wilde Danber-Temperament dafür verantwortlich zu machen.
Allerdings ließ die Befürchtung, die die Maid in den Raum gestellt hatte, den Schluss zu, dass sie sich vor einer erzwungenen Vermählung fürchtete. Was wiederum nur bedeuten konnte, dass diese Lady keinen Mann hatte, der Anspruch auf sie erhob. Sie war also entweder noch nie vermählt gewesen oder bereits eine Witwe. Die zweite Möglichkeit könnte sich als Problem erweisen.
Wäre sie einst glücklich verheiratet gewesen, dann würde sie jetzt extrem hohe Anforderungen an einen Bewerber stellen, der für sie in Frage käme. War sie unglücklich vermählt gewesen, dann fürchtete sie sich womöglich davor, erneut in so eine Verbindung gedrängt zu werden.
Die aus seiner Sicht unbegründete Angst, die die edle Dame an den Tag legte, deutete eher auf die zweite von Waldos Annahmen hin. Und eine Annahme war in den Augen eines Waldo Danber so gut wie eine Tatsache. Dass ihm dabei nicht einmal auffiel, dass er eigentlich noch gar kein Wort mit der Frau gewechselt hatte, zeigte schon, wie das Gehirn dieses Lords funktionierte. Vermutungen wurden zu Tatsachen, und diese Tatsachen musste man sich für die eigenen Zwecke zurechtbiegen.
Die ihm unbekannte Frau, deren Namen er nicht kannte und die er alleine in der Kälte gefunden hatte, hatte nach einer unglücklichen und brutalen Ehe Angst vor Männern. Darum nahm sie auch den Danber-Ruf für bare Münze und traute ihm nur das Allerschlechteste zu. Und das würde den Umgang mit ihr vermutlich etwas schwieriger gestalten.
Waldo war jedoch zuversichtlich, dass er diese veilchenblauen Augen, die ihn so sehr gefangen genommen hatten, zum Strahlen bringen konnte.
6
Nikolas hatte gelogen oder zumindest nicht ganz die Wahrheit gesagt. Im Grunde genommen würde er wirklich nicht bei Nacht durch den Wald irren, da er schon seit seiner frühesten Jugend dieses Jagdrevier kannte. Er würde durch den Wald pirschen, um der Tätigkeit nachzugehen, derentwegen er ursprünglich die Abgeschiedenheit der Hütte gesucht hatte. Er würde schlicht und einfach auf die Jagd gehen. Auf eine nächtliche Jagd zwar, aber was machte das schon groß für einen Unterschied? Wild würde er auch so aufspüren können, denn auch in der Finsternis waren Tiere unterwegs. Im Augenblick sah er keine andere Möglichkeit, um die Situation, die sich ihm so unerwartet gestellt hatte, zu meistern.
Wenn er mit der Ordensfrau am nächsten Tag zu ihrem Kloster aufbrechen wollte, musste er zuvor dafür sorgen, dass sie beide sich stärken konnten. Da er zu diesem Zweck leider nichts mitgebracht hatte, musste er sich auf sein Geschick als Jäger verlassen. Die Aufteilung der Schlafplätze ermöglichte es ihm, ohne das Wissen der Schwester dieser Tätigkeit nachzugehen. Es würde sie so auch kaum beunruhigen, wenn er sie für eine Weile in der Hütte alleine ließ.
Warum er sich über die Empfindungen der jungen Frau Gedanken machte, wusste er nicht zu sagen. Vielleicht weil er es einfach nicht für richtig erachtete, eine so sanfte Seele den Gefahren einer einsamen Reise auszusetzen. In den Wäldern gab es genügend Gesetzlose und mordgierige Kerle, die es nicht kümmerte, welche soziale Stellung ihr Opfer hatte. Bauer oder Edelmann, Edelfräulein oder Magd, jung, alt oder gebrechlich, Hure oder Heiliger; wer ein Verbrechen begehen wollte interessierte sich nicht für solch unwichtige Kleinigkeiten.
Eine Erfahrung, die Nikolas auf schmerzliche Weise am eigenen Leib erfahren hatte. Die Folgen dieser Erkenntnis würden ihn ein Leben lang verfolgen. Ebenso wie der Name, der ihm seither anhaftete: Der Teufel von Thorn.
Es sollte ihm egal sein, wie man ihn nannte. Seiner Familie Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sich zu rächen war ein Akt, dem er sich weder entziehen hatte wollen noch können. Die Tatsache,
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