Der teuflische Lord (German Edition)
Dass er damit einen wunden Punkt bei Melisande getroffen hatte verschleierte sie mit einer wahren Antwort, die sie in ironische Worte kleidete.
„Ich bin nur ein Edelfräulein auf der Flucht, das sich nicht an ein Ungeheuer binden will.“
Sein amüsiertes Lachen zeigte, dass ihr ehrliches Bekenntnis durch die Art, wie sie es vorgetragen hatte, von ihm nicht als Wahrheit erkannt wurde.
5
Waldo erlebte solch einen Schock, dass er fast die Frau in seinen Armen fallen gelassen hätte. Nur seinen stahlharten Armmuskeln war es zu verdanken, dass ihm seine zarte Last nicht aus den Händen geglitten war. Da wo sein Verstand kurz nachgegeben hatte, sprang sein Körper ganz automatisch ein. Plötzlich die Kontrolle über seine Empfindungen zu verlieren war etwas, das bei Waldo nicht einfach so ausgelöst werden konnte. Aber dennoch saugten sich Gefühle der Überwältigung an ihm fest wie Saugnäpfe einer Riesenkrake. Zuständig für diese untypische Empfindung waren zwei veilchenblaue Augen, die Waldo Danber, ob der vorher gemachten Drohung, erschrocken anblickten.
Herr im Himmel! Er wünschte, er hätte eher entdeckt, was er sich da auf seine Burg geholt hatte. Denn einer Sache war er sich sofort nach dem ersten Blick in solch betörende Augen sicher. Gehen lassen konnte er deren Besitzerin nie wieder.
Waldo fluchte, lautlos wie er dachte. Doch sein Verstand registrierte gerade nicht, dass er das, was er fühlte, für sich behalten sollte. Aus Angst verdunkelten sich diese wunderschönen Augen deshalb von Sekunde zu Sekunde mehr. Doch auch dieser Vorgang konnte den Lord nicht von seinem ersten Eindruck abbringen, denn diese Augen bezauberten ihn einfach!
Dass der Mann, der sie so unerschütterlich auf seinen Armen trug, plötzlich zu fluchen begann und dafür die derbesten Ausdrücke benutzte, die Anouk je gehört hatte, wirkte sehr beunruhigend auf sie. Das war sicher auch der Grund dafür, warum sie einen dieser Flüche erschrocken wiederholte. Ohne die Intelligenz eines Genies konnte man aus dem Verhalten ihres Häschers schließen, dass er ausgesprochen schlechter Laune war.
Die Umgangsformen dieses Ritters, falls er einen solchen Titel überhaupt verdiente, waren auf eine negative Weise sehr beeindruckend. Vor allem da er in ihrer Gegenwart bei allen Huren und Heiligen schwor, dass der Teufel seine Seele holen sollte. Oder so ähnlich jedenfalls. Anouk versuchte nämlich, die schlimmsten Ausdrücke sofort wieder aus ihrem Gedächtnis zu löschen.
Als er abrupt mitten in so einem Fluch abbrach, lenkte die Maid ihre Aufmerksamkeit nun wieder ganz auf den Mann, obwohl sie versucht hatte ihn und seine Worte zu ignorieren. Man konnte ihm ansehen, dass er sich zusammenreißen wollte. Aber ganz offensichtlich war er seinen Gefühlen oder seiner Wut - oder was auch immer - noch nicht ganz Herr geworden. Was zuvor ungehemmt ihren Ohren zugemutet worden war, wurde jetzt lautlos wiedergegeben.
Waldo bemühte sich, seine davon galoppierenden Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Vor allem weil er die Person, die ihn so faszinierte, so schnell es nur ging aus seinen Armen entlassen musste. Wenn ihn etwas so gefangen nahm wie diese betörenden Augen, dann war es für das Fräulein, dem diese gehörten, nicht von Vorteil, ihm so nah zu sein.
Zwar musste er sich dazu zwingen, die Maid auf ihre eigenen Beine zu stellen, aber selbst diese gut gemeinte Geste brachte dem Lord einen kleinen Bonus ein. Denn während er sie an seinem Körper hinabgleiten ließ, wurde ihm klar, dass nicht nur ihre Augen ihn gefangen nehmen konnten.
Sie war eine kleine und sicherlich auch zarte Person, selbst wenn der dicke Pelzumhang ihm für diese Annahme noch keine exakten Hinweise liefern konnte. Auf jeden Fall reichte sie ihm gerade einmal bis zur Schulter. Dadurch wirkte seine breite Gestalt ihr gegenüber dominant und einschüchternd. Ein Bär, der ein Rehkitz an sich presste, dass war es, was sich Waldo als Vergleich aufdrängte.
Wie sollte ihn die Lady sonst sehen, wenn er wie ein Barbar fluchte, während er sie in seine Höhle schleifte? Eindruck konnte er mit so einem Verhalten nicht machen, zumindest keinen guten Eindruck. Sein Danber-Temperament schien ihm - zum ersten Mal in seinem Leben - für eine Situation ungeeignet zu sein. Vielleicht wären ja ein paar freundliche Worte von Vorteil.
„Mylady“, versuchte sich Waldo in der Art von Höflichkeit, die ein Edelfräulein sicher von einem Ritter erwartete. Doch was
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