Der teuflische Lord (German Edition)
großer Verwirrung bemerkt hatte, dass sein Mündel mit seinem Gast einen Diskurs ausfocht, dessen Thema er nicht ganz folgen konnte. „Erklärt doch Eurem Mündel wer ich bin und in welcher Beziehung ich zu ihr stehe!“
Hatte er das nicht schon getan, als er die beiden einander vorgestellt hatte? Er hatte sich vielleicht zu diesem Zeitpunkt mehr darauf konzentriert, sich den möglichen Bitten seiner Nichte zu entziehen, als dass er die Sache korrekt über die Bühne gebracht hatte. Wenn also Nikolas Thorn glaubte, eine Wiederholung des Ganzen wäre angebracht, dann sollte er das auch tun.
„Nikolas Thorn ist der Mann, den ich dir als Gemahl ausgesucht habe, Melisande.“ Vom Schreck dieser Wahrheit konnte Melisande sich kaum erholen, denn ihr Oheim fügte sogleich noch eine Bemerkung hinzu. „Ich bin sicher, ihr werdet euch gut verstehen, wenn ihr euch erst einmal besser kennengelernt habt.“
Diese Annahme konnte das Mädchen nicht unterschreiben. Hätte die Aussage ihres Oheims Nikolas gegolten, hätte sie vielleicht zustimmen können. Mit Lord Thorn blieben ihr in dieser Hinsicht mehr als nur berechtigte Zweifel.
10
Sie fand seinen Bart abstoßend, störend sogar, wenn es darum ging, geküsst zu werden. Sie wollte die Erfahrung mit dem Küssen lieber mit einem glattrasierten Ritter noch einmal wiederholen.
Das waren Aussagen, die in Waldo den Zorn brodeln ließen. Noch nie hatte sich eine Maid über piksende Barthaare beschwert, ganz im Gegenteil. Dieses männliche Attribut sprach viele Frauen an. Besonders dann, wenn er sich mit mehr als nur mit ihren Lippen beschäftigte. Die Reize, die seine Stoppeln dabei auslösten, machten die Ladys normalerweise ganz verrückt.
Diese Maid wollte ihre Erfahrungen lieber mit einem bartlosen Ritter fortsetzen. Doch das würde er ganz gewiss nicht zulassen. Wenn sie darauf hoffte, in seiner Burg in diesem Sinne tätig zu werden, dann hatte sie Pech. Und wenn er jedem Mann befehlen müsste, sich nicht mehr zu rasieren.
Diese Maid würde sich mit ihm und seiner Haarpracht zufriedengeben müssen. Denn ihr Geständnis, dass sie nicht vermählt war, erlaubte es ihm, sie zu behalten. Zu einer erneuten Begegnung mit auch nur einem ihrer Bewerber würde es nicht mehr kommen. Was Waldo Danber einmal in seinem Bett hatte, würde er keinem anderen überlassen. Dass er dieses Bett in Wirklichkeit noch nicht mit der Maid teilte, würde sowieso niemanden interessieren. Die Tatsache allein, sie in seinem Bett zu haben, sprach schon für sich und zeigte seinen Anspruch.
Mit allen Mitteln wollte er jetzt seinen Familienstand ändern – ein Vorhaben, an das er in all den Jahren seines Witwer-Daseins nie einen Gedanken verschwendet hatte. Zwei veilchenblaue Augen, die zu einer wohlgerundeten, hinreißenden Frau gehörten, hatten dieses Wunder vollbracht. Sie hatte ihn gefangen genommen und verzaubert, in dem Augenblick als sie ihre Augen auf ihn gerichtet hatte.
Da störte es ihn nicht einmal, dass sie mit jeder Bemerkung sein überschäumendes Temperament und seine Wut anfachte. Wenn sie damit zurechtkam, dann gehörte sie zu den wenigen Menschen, die einen echten Danber zu nehmen wussten.
Eigentlich war es ein Witz. Sie konnte nicht nur mit seinem Temperament umgehen, sie war sogar gänzlich unbeeindruckt davon. Kein Wunder, dass er sie haben wollte! Nur eine Frau, die einem Danber ebenbürtig war, stellte sich ihm so unerschrocken entgegen.
Wie es kam, dass diese Frau so mutig war, wusste Waldo nicht. Das machte ihm bewusst, dass er bis jetzt kaum etwas von dieser Lady erfahren hatte. Weder ihren Namen noch woher sie kam. Nur ihr unvermählter Status war ihm bisher bekannt, was in ihrem Alter nicht alltäglich, ja ungewöhnlich, war. Aber nicht vermählt konnte ja auch bedeuten, dass sie - so wie er - bereits verwitwet war. Was ihn zu seiner früheren Annahme einer brutalen und unglücklichen Ehe zurückbrachte.
Vielleicht versuchte sie ja gar nicht mit dem Danber-Temperament zurechtzukommen, sondern kämpfte nur dagegen an, erneut unterdrückt und erniedrigt zu werden. Eine sehr wahrscheinliche Tatsache, da er sich bisher nicht besonders höflich oder gastfreundlich ihr gegenüber gezeigt hatte. Gastfreundschaft beinhaltete die Sorge um das Wohl eines Besuchers und damit hatte er sich bisher kaum beschäftigt. Es war auch kein Zeichen von Höflichkeit, eine Lady aus ihrem Schlaf zu reißen und anzubrüllen. Sie mit ihrem Titel und dem dazugehörigen Namen
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