Der teuflische Lord (German Edition)
setzte sie sich in die am weitesten entfernte Ecke auf den Boden und hielt sich ganz still.
Melisande war verstört. Immer wieder vergaß sie bei der Pflege dieses Mannes, dass er der Teufel von Thorn war. Ein Mann, der seine Feinde unbarmherzig gejagt hatte und deren tote Körper er den wilden Tieren überlassen hatte. Warum nur passte in ihren Augen diese abscheuliche Tat nicht zu dem Mann, der dort krank in seinem Bett lag und zu dem sie sich immer wieder hingezogen fühlte? Warum war er für sie immer mehr … Nikolas?
* * *
Er hatte geträumt, von weichen Lippen, die seine streiften, und von zarten Händen, die über sein Gesicht strichen. Ein ausgesprochen angenehmer Traum, der Wärme in sein Herz und durch seinen Körper schickte. Auf keinen Fall wollte er dieses Gefühl verlieren, und deshalb war es nicht verwunderlich, dass Nikolas versuchte, diesen Empfindungen nachzuspüren, um sie so länger am Leben zu erhalten.
Eigentlich wollte er diese angenehmen Gefühle nicht damit zerstören, dass er die Augen öffnete. Aber die Idee, dass ein Quäntchen Wahrheit in dem stecken könnte, was er glaubte, gespürt zu haben, brachte Nikolas dazu, seine Augen aufzuschlagen. Er blickte sich nach seiner Braut um, die doch sicher diese Empfindungen, die er nicht missen wollte, ausgelöst haben musste. Nach einiger Zeit fand er sie, jedoch war es für ihn kein Grund zur Freude.
Die Maid, die sich um ihn kümmern sollte, die ihm von ihrem Oheim als Braut versprochen worden war und die in ihm nur den Teufel von Thorn sah, saß zusammengekauert in einer Ecke. Sie hatte ihre Stirn auf die angezogenen Knie gelegt und machte einen sehr unglücklichen Eindruck.
Nikolas versuchte ganz leise zu atmen, um zu hören, ob und welche Laute sie von sich gab. Wenn sie weinte, dann nur lautlos, denn er konnte absolut nichts hören, außer die Geräusche der Abläufe, die in einer geschäftigen Burg gegenwärtig waren. Trotzdem war für den Ritter eindeutig erkennbar, dass das Mädchen über irgendetwas unglücklich war. Sicher war er dafür verantwortlich, das war so klar wie es nur sein konnte. War es für sie so eine Qual, mit ihm in einer Kammer zusammen zu sein?
Er könnte sie danach fragen, aber er glaubte nicht daran, dass sie ihm eine ehrliche Antwort auf diese Frage geben würde. Denn sie hatte ja vor ihm Angst, zwar nicht direkt vor ihm, aber vor dem, den er darstellte: den Teufel von Thorn. Doch er konnte sich nicht damit abfinden, dass er die Frau verschreckte, die zu ihm gehören sollte. Deshalb musste er versuchen etwas dagegen zu unternehmen.
Leise schälte sich Nikolas aus dem Bett und tapste auf bloßen Füßen auf das Mädchen zu. Sie bemerkte ihn nicht, oder wenn sie es tat, dann ließ sie es nicht erkennen. Jedenfalls zeigte sie keine Reaktion darauf, als er sich ihr näherte.
Vielleicht war es nicht richtig, dass er versuchen wollte, ihr in ihrem Kummer beizustehen, egal wie dieser aussah. Auch ohne dass ihm jemand gesagt hätte, dass sein Ruf einen großen Teil der Verantwortung dafür trug, war er sich dieser Tatsache bewusst. Aber Melisande, und das war mittlerweile sein innigster Wunsch, sollte nun einmal zu ihm gehören, darum musste er auch lernen, mit ihren Ängsten zurechtzukommen, und ihr Trost und Sicherheit vermitteln.
Nikolas kniete sich vor das Mädchen hin und zog sie in seine starken, muskulösen, nackten Arme. Dass sie dies zuließ war ein Zeichen, das er nicht wirklich deuten konnte. Aber solange sie sich nicht wehrte, sah er es als gutes Omen.
Ob und was er sagen sollte wusste Nikolas nicht. Er war sowieso der Meinung, dass Worte ein zweischneidiges Schwert waren. Wenn man sie nicht richtig benutzte, dann konnten sie großen Schaden anrichten.
„Ihr seid krank, Ihr solltet im Bett liegen bleiben“, weinte die Maid an der Schulter des Recken.
„Das mache ich, wenn Ihr Euch zu mir legt.“
Wenn er das Mädchen mit solch ungeheuerlichen Worten provozierte, würden vielleicht ihre Tränen versiegen. Dieser etwas hilflose Versuch blieb jedoch wirkungslos. Sie weinte leise weiter und gab dann eine kaum zu verstehende, aber verblüffende Antwort.
„Wenn Ihr so schneller gesund werdet, dann soll es mir recht sein.“
Dieses Zugeständnis machte Melisande nur, um ihre Aufgabe, den Lord zu umsorgen, bald los zu sein. Was sie von dem Ritter wusste und was sie in seiner Gegenwart empfand, verwirrte sie so sehr, dass sie nur noch seiner Nähe entfliehen wollte. War er nun ein Monster oder war er
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