Der teuflische Lord (German Edition)
belügst dich selbst, Nikolas. Du willst nur nicht über die Sache sprechen, die als Auslöser dafür diente, dass man dich jetzt nur noch als den Teufel von Thorn kennt. Du wolltest nie darüber sprechen, damals nicht und heute auch nicht. Wenn du die Geschichte aus deiner Sicht erzählen würdest, dann würde dich das viel weiter bringen als du denkst.“
Das wollte Nikolas nicht hören. Er hielt lieber an seinem Plan fest und wollte das auch seinem Freund sagen. Als sich jedoch die Tür zu seiner Kammer langsam öffnete, musste er diese Absicht schnell fallenlassen. Melisande sollte ihn eigentlich nicht außerhalb des Bettes sehen, wenn er immer noch den Kranken mimen wollte. Aber da er zu weit von seiner Lagerstatt entfernt war, um sich schnell hineinfallen zu lassen, stützte er sich einfach schwer auf seinen Stellvertreter.
Die Täuschung gelang, da ihm bei dieser Aktion vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht schoss und so der Eindruck entstand, dass er immer noch unter dem Einfluss des Fiebers stand. Die Maid jedenfalls runzelte missbilligend die Stirn und rügte sanft sein Verhalten.
„Ihr werdet Euch übernehmen, Mylord. Bitte kehrt in Euer Bett zurück!“
Natürlich musste er schon aus Prinzip dagegen protestieren. Jedes andere Verhalten hätte einem Ritter nicht entsprochen.
„Ich bin stark wie ein Pferd!“
Das war eine Aussage, die sich ganz einfach widerlegen ließ.
„Ein Pferd, das nicht alleine stehen kann, ist für keinen Reiter ein erstrebenswerter Besitz. Außer natürlich man macht einen Braten daraus.“ So lautete die typisch schlagfertige Antwort seiner unerschrockenen Melisande, die im Moment wenig Respekt vor ihm an den Tag legte, doch genau darum mochte er sie.
Als nächstes stand wohl einlenken auf seiner Liste von Verhaltensregeln. Deshalb ließ sich Nikolas auch tatkräftig von Ronald darin unterstützen, sein Bett wieder zu erreichen. Dass er sogar froh darüber war, diesen kleinen Disput verloren zu haben und nun wieder im Bett zu liegen, zeigte, dass es mit seiner Gesundheit doch noch nicht so weit her war. Wenigstens war damit sein geplantes Täuschungsmanöver keine ganz so große Lüge.
„Denk‘ über meine Worte nach, mein Freund!“, erinnerte Ronald ihn noch einmal, bevor er sich anschickte, die Kammer seines Lords zu verlassen. „Tatsachen sprechen auch für sich.“
„Ich schaffe mir die Tatsachen, die für jede Seite gut sind, Ronald.“ Nikolas blieb bei seiner Meinung zu diesem ganz speziellen Thema. Er musste es schließlich verantworten und mit den Konsequenzen leben, wenn die Sache nicht so lief, wie er es sich vorstellte.
Ein leises Stöhnen entrang sich Nikolas Brust, als er sich im Bett bequem zurecht legte. Das kam nicht nur davon, dass er sich in einem leicht mitgenommenen Zustand befand. Es war auch irgendwie ein Ausdruck dafür, dass er mehr schlimme Dinge erlebt hatte als einem einzelnen Menschen zugemutet werden sollten.
Für Melisande war der leise Laut eine Bestätigung dafür, dass mit dem Zurückgehen des Fiebers die Krankheit noch nicht überstanden war. Darum sah sie es auch als ihre Pflicht an, ein paar warnende Worte an den uneinsichtigen Ritter zu richten.
„Ihr solltet ein paar Tage nicht aufstehen, Mylord. Vor allem solltet Ihr Euch nicht mit irgendwelchen unwichtigen Problemen befassen. Überlasst das Euren Leuten! Wofür habt Ihr schließlich einen Stellvertreter?“
Diese Mahnung klang zwar sanft und nur wie ein Vorschlag, dennoch musste ihr Nikolas widersprechen. Wenn schon nicht aus echter Überzeugung, dann wenigstens um seine Rolle aufrechtzuerhalten.
„Mir geht es ausgezeichnet.“ Eine Behauptung, die man bei seinen nächsten Worten leicht in Zweifel ziehen konnte. „Ich bin so gut wie neu!“
Diese Aussage eignete sich ausgezeichnet dazu, sie in Frage zu stellen.
„ So gut wie neu , Mylord? Wenn Ihr mich mit Eurer Behauptung überzeugen wolltet, hättet Ihr nicht diese Worte benutzen sollen. So gut wie ist ein sehr dehnbarer Begriff!“
Dieser Punkt ging an die Maid. Allerdings kümmerte Nikolas das momentan nicht, da es ja in seiner Absicht lag, die Lady davon zu überzeugen, dass er noch ihrer Pflege bedurfte.
„Ihr wisst genau, was ich eigentlich sagen wollte“, spielte er seine Rolle beleidigt weiter. „Es ist nicht fair, auf einem einzigen Wort herumzureiten, wenn der Gesprächspartner an Kopfschmerzen leidet.“
Kopfschmerzen vorzutäuschen war ein spontaner Einfall und ein ausgezeichneter Schachzug.
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