Der teuflische Lord (German Edition)
Unterschied zwischen einem Tier und einer Frau erkennen können.
Nun, vielleicht auch nicht. Die Gestalt, die er zu Boden geworfen hatte, war ganz und gar in einen Fellumhang gehüllt, der zudem mit seiner Kapuze kaum etwas von dem Kopf der Person, die darin steckte, erkennen ließ. Hätte Waldo Danber nicht dieses weibliche Stöhnen vernommen, das auf einen Menschen hindeutete, dann hätte dieses Fräulein seinen Irrtum mit ihrem Leben bezahlt.
Waldo Danber hatte keine Schwierigkeiten, sich die Wahrheit einzugestehen, auch wenn er sich damit selbst die Schuld an dieser Verwechslung zuwies. Denn es war nun einmal seine Schuld, nicht gründlich genug beobachtet zu haben, bevor er zuschlug. Somit stand er jetzt in der Schuld der Dame, die inbrünstig zu allen Heiligen betete und keinen Versuch unternahm, sich vom kalten Boden zu erheben.
„Heilige Muttergottes…“, begann sie gerade mit geschlossenen Augen eine Litanei, die ihr Hilfe in der Stunde ihres Todes gewähren sollte.
Eine fromme Bitte, mit der Waldo nichts anzufangen wusste. Er befasste sich nicht gerade oft mit der Kirche oder ihren Ritualen. Er wusste daher also nicht, ob er dieses einseitige Gespräch unterbrechen durfte. Da der Boden, von dem sich das Fräulein noch immer nicht erhoben hatte, gefroren war, sollte sie - seiner Meinung nach – dort nicht länger verweilen.
Durfte er die Dame auf diese Tatsache hinweisen und ihre Gebete unterbrechen? Eine Frage, die er genauso wenig stellen konnte, wie er den Hinweis loswurde, dass es zu kalt wäre, um auf dem kalten Untergrund liegen zu bleiben. Diese Überlegung zwang ihn zum Handeln, ohne dass er sich eine Einwilligung holen hatte können. Er tat das, was ein Danber tat, wenn eine Lady sich gerade nicht in der Lage befand, eine eigene Entscheidung zu treffen. Er traf die Entscheidung, indem er die Maid vom Boden aufhob und sie in seinen starken Armen festhielt, bevor er sich für sein weiteres Vorgehen entschied.
Waldo musste zugeben, dass es schon eine ganze Weile her war, dass er einer Frau genau auf diese Art nahe gekommen war. Aber das Gefühl war immer noch so, wie er es in Erinnerung hatte. Außer der Tatsache vielleicht, dass diese Maid jetzt noch inbrünstiger zu beten schien als zu dem Zeitpunkt, als sie noch am Boden gelegen war.
Waldo hoffte, dass seine Last bald mit diesem Singsang zu einem Ende kommen möge, damit er sie fragen konnte, warum sie hier draußen alleine herumwanderte. Aber offensichtlich waren ihr ihre Gebete wichtiger als sich darüber Gedanken zu machen, in wessen Armen sie fortgebracht wurde. Darum blieb Waldo nichts anderes übrig, als seinen Weg auf diese Weise fortzusetzen.
Der Lord hätte seine Last nur zu gerne auf sein Pferd gesetzt. Allerdings hatte er so seine Zweifel, ob diese stocksteife Gestalt sich so weit entspannen konnte, um sich eigenständig auf einem Pferd zu halten. Deshalb schob er diesen Gedanken auch erst einmal beiseite und folgte dem Weg, den er auch im Schlaf noch gefunden hätte. Zu hoffen, dass er nicht die Schmach erleiden würde, aus mangelndem Durchhaltevermögen die Unbekannte fallenzulassen, war im Augenblick einer seiner Gedanken. Immer noch war ihm deutlich im Bewusstsein, dass er sich bald selbst Großvater nennen durfte, und es könnte sein, dass sich dieser Zustand womöglich auch noch anders bei ihm bemerkbar machte als nur durch Familienzuwachs und einen neuen Namen. Außerdem lag der Weg zu seinem Heim nicht gleich hinter der nächsten Wegbiegung. Ein längerer Fußmarsch stand ihm noch bevor.
Lord Waldo Danber konnte seine Vasallen nur noch selten in Erstaunen versetzen, da diese eigentlich schon alles mitgemacht hatten, was es in ihren Augen mit dem Lord zu erleben gab. Aber eine Frau, die betend in den Armen des Burgherren lag, erstaunte dann doch den einen oder anderen.
Den Lord erstaunte außer seinem eigenen Durchhaltevermögen besonders der enorme Schatz an immer neuen Gebeten, denen er nun schon seit Beginn seiner Rettungsaktion lauschen musste. Dabei fiel ihm ein, warum er mit der Kirche nie besonders viel zu tun gehabt hatte.
Die endlosen Bitten um Beistand waren so nutzlos wie ein schwertloser Arm und darum für einen Ritter keine erstrebenswerte Hilfe. Deshalb wollte er auch keine weitere Bitte hören, die der heiligen Maria galt. Wenn die Lady in seinen Armen wirklich glaubte, sie könnte ihn damit weiter quälen, dann musste er sie wohl eines Besseren belehren.
Er konnte sich an keine Bekanntschaft mit
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