Der teuflische Lord (German Edition)
sich offen gegen ihn aufgelehnt, indem sie vor einer Vermählung mit ihm geflohen war! Eine solche Schmach würde er nicht so einfach hinnehmen. Falls er sie finden sollte, war ihr Schicksal besiegelt.
Das Zittern, das Melisandes Körper erfasst hatte, wurde noch ein wenig stärker und entging auch dem Mann nicht, der sich nach seinem Ausbruch von ihr abgewandt hatte. Die Grobheit, mit der er auf die Frage der Nonne reagiert hatte, beschämte ihn jetzt, da er sah, was er damit angerichtet hatte. Seinen Ausbruch abzuschwächen war Nikolas Art, sich zu entschuldigen.
„Nehmt meine Worte nicht so ernst, Schwester! Nicht jeder erfleht sich die Hilfe einer höheren Macht, um mit seinem Schmerz fertigzuwerden. Die meisten Menschen haben nämlich gelernt, dass sie alleine besser zurechtkommen.“
Melisandes Zittern wurde nicht schwächer. Es verstärkte sich eher noch, da sie gar nicht auf die Worte des Recken geachtet hatte. Ihre Gedanken kreisten um die Frage, wie sie es ertragen sollte, wenn der Teufel sie fand und ihr etwas antat. Wenn schon so ein stattlicher Kämpfer wie dieser Nikolas kaum mit dem leben konnte, was er erlitten hatte, wie könnte dann sie die Strafe des Teufels von Thorn ertragen?
Der Recke warf der Nonne einen Blick zu, als sie nicht auf seine halbherzige Entschuldigung reagierte. Dass sie so aussah, als stände sie kurz vor einer Ohnmacht, sprach nicht für sein gutes Benehmen. Sein Verhalten war zu grob gewesen, aber das Thema, das die Ordensfrau heraufbeschworen hatte, saß noch immer wie ein Stachel in seinem Fleisch. Darüber auch nur andeutungsweise zu sprechen riss sein Herz in Stücke.
Die Tatsache, dass er jemanden verschreckte, der nichts mit der Sache zu tun gehabt hatte, zeigte ihm, wie sehr seine Umgangsformen gelitten hatten. Er konnte deutlich sehen, wie sehr er das Mädchen in Angst versetzt hatte, und das war nur eine Bestätigung dessen, was er sonst noch verloren hatte. Er brüskierte die Unschuldigen genauso wie er die Schuldigen vernichtete. Dabei gab es keinen Grund, die Verantwortung dafür, dass er - auch Jahre nachdem er Rache genommen hatte - mit seinem Schmerz kämpfte, der Schwester aufzubürden. Die Schuld, die er sich selbst gab, weil er nicht da gewesen war, als seine Familie den Tod fand, musste er alleine tragen. Weder konnte die Kirche sie ihm nehmen noch wurde sie davon ausgelöscht, dass er die Mörder zur Verantwortung gezogen hatte. Wenn er andere mit seinen Worten verletzte, dann lud er sich damit nur neue Schuld auf seine Schultern.
„Entschuldigt, Schwester. Ich habe meinen Zorn an Euch ausgelassen. Verzeiht mir mein unritterliches Verhalten. Kommt zurück ans Feuer, Ihr friert!“
Nikolas meinte seine Bitte um Vergebung ernst, denn er fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder schuldig dafür, einen Menschen gekränkt zu haben. Er hatte schon lange nicht mehr darauf geachtet, wie seine Worte verstanden wurden; sich dessen jetzt bewusst zu werden, ließ ihn wünschen, dass sein Bedauern angenommen würde. Denn er konnte nicht sagen, ob sich ein solches Gefühl je wieder bei ihm einstellen würde. Zu lange hatte er diese Seite seines Charakters schon vernachlässigt und vergessen.
Leider war die Frau in Nikolals Gesellschaft vor Angst wie erstarrt und konnte auf seine Aufforderung gar nicht reagieren. Darum musste er ihr nicht nur mit Worten ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Gegen Angst half gutes Zureden und vor allem Wärme. Daran erinnerte sich Nikolas gut. Seine Mutter hatte diese einfachen Mittel immer angewandt, wenn seine kleine Schwester in der Nacht schreiend aus einem Albtraum erwacht war. Dann hatte sie sie in die Arme genommen, getröstet und ihre kalten Hände und Füße gerieben, bis sie warm waren.
Zwar war ein solches Vorgehen gegenüber einer Nonne zu persönlich, doch wenn er sie näher an das Feuer zog, würde wenigstens die Kälte aus ihrem Körper und hoffentlich auch aus ihrer Seele vertrieben werden.
Um die Schwester nicht zu erschrecken, fasste er nur vorsichtig nach ihrem Unterarm und drängte sie sanft in Richtung Feuerstelle. Dabei murmelte er beruhigend ein paar Worte, eine fast schon automatische Reaktion. Er benutzte einfach die Floskeln, die auch seiner Schwester Ruhe und Frieden versprochen hatten.
Die Zusage, ihr würde nie ein Leid geschehen, breitete sich genauso wohltuend in ihrem Körper aus wie die Wärme des Feuers in ihre Glieder drang. Mit der Wärme und den tröstenden Worten kam auch die
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