Der Thron der roten Königin
kärgliche Küche des Gasthauses, und bald laufen Diener hin und her, schlachten zwei Hühner und holen Proviant aus den Fuhrwerken. Buckinghams Truchsess bringt uns Wein aus dem Vorrat, den sie mitführen, und serviert ihn in zwei Gläsern aus dem Besitz des Herzogs, in deren Rand das herzogliche Wappen eingraviert ist. Ich bemerke all die weltliche Extravaganz und denke: Dieser junge Mann glaubt, er könnte sein Spiel mit mir treiben.
Ich warte. Der Gott, dem ich diene, ist geduldig, und er hat mich gelehrt, dass es manchmal das Beste ist, abzuwarten und zu sehen, was geschieht. Buckingham war schon immer ein ungeduldiger Junge, und er kann kaum an sich halten, bis der Truchsess die Tür hinter sich geschlossen hat, da schießt er auch schon los.
«Richard ist unhaltbar. Ich wollte nur, dass er uns vor dem Ehrgeiz der Rivers schützt, und habe ihn aus diesem Grund vor ihnen gewarnt, doch jetzt ist er zu weit gegangen. Er muss gestürzt werden.»
«Er ist jetzt König», bemerke ich. «Du hast ihn früh gewarnt und ihm so gut gedient, dass er ein Tyrann geworden ist, wo du doch Angst hattest, die Rivers würden zu Tyrannen. Und mein Gemahl und ich haben geschworen, ihm zu dienen, genau wie du.»
Er wedelt mit der Hand und vergießt ein wenig Wein. «Ein Treueeid gegenüber einem Thronräuber ist gar kein Eid», sagt er. «Er ist nicht der rechtmäßige König.»
«Wer dann?»
«Prinz Edward, nehme ich an», sagt er rasch, als sei das nicht die einzige Frage von Bedeutung. «Verehrte Cousine, du bist älter und klüger als ich, ich habe mein Leben lang auf dein heiliges Urteil vertraut. Sicher hast du das Gefühl, wir müssten die Prinzen aus dem Tower befreien und dafür sorgen, dass sie ihren rechtmäßigen Platz wieder einnehmen. Du warst Königin Elizabeth so eine liebevolle Hofdame. Sicher hast du das Gefühl, dass ihre Söhne befreit werden müssten und Prinz Edward auf den Thron seines Vaters gehörte?»
«Gewiss», sage ich. «Wenn er sein legitimer Sohn wäre. Doch Richard sagt, dass er das nicht ist, du selbst hast öffentlich verkündet, er sei ein Bastard und sein Vater sei auch schon ein Bastard gewesen.»
Bei diesen Worten macht Buckingham ein besorgtes Gesicht. Als wäre nicht er es gewesen, der öffentlich geschworen hat, Edward sei schon verheiratet gewesen, bevor er Elizabeth die Ehe versprach. «In der Tat, ich fürchte, das ist wahr.»
«Und wenn du den sogenannten Prinz auf den Thron setzt, dann würdest du Gefahr laufen, allen Wohlstand und alle Positionen zu verlieren, die du aus Richards Händen erhalten hast.»
Er tut die Stellung als High Steward of England mit einer Handbewegung ab, als wäre sie nicht die größte Ehre im Land. «Ich gebe nichts auf die Geschenke eines Usurpators», sagt er aufgeblasen.
«Und ich würde gar nichts gewinnen», bemerke ich. «Ich wäre immer noch Hofdame der Königin. Ich würde in den Dienst der Königinwitwe Elizabeth zurückkehren, nachdem ich Königin Anne gedient habe – ich würde also immer noch in Diensten stehen. Und du hättest alles aufs Spiel gesetzt, nur um die Familie Rivers wieder an die Macht zu bringen. Wir wissen doch beide, was für eine habgierige und große Familie das ist. Deine Gemahlin, die Schwester der Königin, würde von neuem über dich bestimmen. Sie wird es dir heimzahlen, dass du sie in Schande zu Hause festgehalten hast. Sie werden alle wieder über dich lachen, wie sie über dich gelacht haben, als du ein kleiner Junge warst.»
Hass flackert in seinen Augen, und er richtet den Blick rasch auf den Kamin, in dem kleine Flammen an den Scheiten lecken. «Sie dominiert mich nicht», sagt er gereizt. «Welche Stellung auch immer ihre Schwester innehat. Niemand lacht über mich.»
Er zögert, kaum wagt er, mir zu sagen, was er eigentlich wünscht. Ein Diener serviert kleine Pasteten, und wir kosten davon zu unserem Wein, nachdenklich, als hätten wir uns zum Abendessen getroffen und würden das Mahl genießen.
«Ich fürchte wahrlich um das Leben der Prinzen», sage ich. «Da es beinahe gelungen wäre, sie zu befreien, kann ich nicht umhin zu denken, Richard werde sie weit fortschicken … oder plane gar Schlimmeres. Er kann doch gewiss nicht das Risiko eingehen, dass sie in London bleiben, auf das sich alle weiteren Aufstände konzentrieren werden? Jeder muss denken, Richard wolle sie vernichten. Vielleicht bringt er sie auf seine Ländereien im Norden, und sie überleben es nicht. Ich fürchte, Prinz Richard ist
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