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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihn zu. Im Augenblick ist York überlegen, nichts kann ihm in diesen Tagen etwas anhaben. Doch Henry ist jung, und er hat einen Anspruch auf den Thron. Wir müssen dafür sorgen, dass er in Sicherheit ist, und ihn vorbereiten auf den Krieg.
    ***
    Ich suche meinen Gemahl in seinem Gemach auf und bemerke, wie behaglich er es hat. Sein Bett ist weich, auf dem Nachttisch steht ein Krug Dünnbier, seine Bücher liegen bereit, das Schreibpapier wartet auf seinem Tisch: Er hat alles, was er sich wünschen könnte. Er sitzt in seinem Stuhl, den Bauch fest verbunden, doch sein Gesicht ist grau vor Schmerzen und vor der Zeit gealtert. Doch das Lächeln, das er mir schenkt, ist heiter wie immer.
    «Ich habe Nachricht von Jasper in Wales», sage ich ruhig. «Er geht ins Exil.»
    Mein Gemahl wartet ab, was folgt.
    «Er nimmt meinen Sohn mit», füge ich hinzu. «England ist nicht sicher genug für den Erben des Hauses Lancaster.»
    «Da stimme ich dir zu», bemerkt mein Gemahl sachlich. «Aber mein Neffe Henry Stafford ist am yorkistischen Hof sicher. Sie haben seinen Lehnseid angenommen. Vielleicht sollte auch dein Henry König Edward seine Dienste anbieten?»
    Ich schüttele den Kopf. «Sie gehen nach Frankreich.»
    «Um eine Invasion vorzubereiten?»
    «Um sich in Sicherheit zu bringen. Wer weiß, was als Nächstes geschieht? Es sind unruhige Zeiten.»
    «Ich würde dir gern Kummer ersparen», sagt er liebenswürdig. «Ich wünschte, du würdest Jasper bitten, nicht für neue Unruhen zu sorgen.»
    «Ich sehne mich nicht nach Unruhen, ebenso wenig wie Jasper. Ich bitte dich nur darum, mir zu erlauben, nach Tenby zu reiten, wenn sie lossegeln. Ich möchte mich von meinem Sohn verabschieden.»
    Er zögert. Dieser Renegat, dieser Feigling, der es sich gemütlich gemacht hat in seinem Bett, hat das Recht, über mich zu bestimmen. Ich frage mich, ob er es wagt, mir diesen Wunsch abzuschlagen, und ob ich es wage, mich ihm zu widersetzen.
    «Du begibst dich in Gefahr.»
    «Ich muss Henry sehen, bevor er abreist. Wer weiß, wann es wieder sicher für ihn ist, ins Land zurückzukehren? Er ist vierzehn Jahre alt, wenn ich ihn das nächste Mal sehe, wird er ein Mann sein.»
    Er seufzt. Ich habe gewonnen. «Du reitest mit großer Garde?»
    «Selbstverständlich.»
    «Und kehrst um, wenn die Straßen gesperrt sind?»
    «Ja.»
    «Dann kannst du gehen und deinem Sohn Lebewohl sagen. Aber mach ihm und seinem Onkel keine Versprechungen – auch nicht für die Zukunft des Hauses Lancaster. Deine Sache wurde in Tewkesbury endgültig niedergeschlagen. Henrys Geschlecht fand in Tewkesbury ein Ende. Es ist vorbei. Du solltest ihnen raten, nach Möglichkeiten zu suchen, in Frieden zurückzukehren.»
    Ich sehe ihn trotzig und kalt an. «Ich weiß, dass es vorbei ist», beende ich das Gespräch. «Wer sollte es besser wissen als ich? Meine Sache ist verloren, das Oberhaupt meines Geschlechts enthauptet, mein Gemahl im Kampf auf der falschen Seite verletzt und mein Sohn auf dem Weg ins Exil. Wer sollte besser wissen als ich, dass für mein Land alle Hoffnungen verloren sind?»

[zur Inhaltsübersicht]
    September 1471
    Tenby, Wales
    U ngläubig blicke ich über das klare Wasser des Hafens auf Tenby. Das Sonnenlicht funkelt, und es weht ein leichter Wind – ein Tag, um zum Vergnügen hinauszufahren, und nicht, um mit gebrochenem Herzen hier zu stehen, inmitten von Fischgestank.
    Dieses winzige Dorf hat sich mit Leib und Seele Jasper verschrieben, und die Fischweiber klappern in ihren groben Holzschuhen hinter den Männern die kopfsteingepflasterte Straße zum Kai hinunter, wo das kleine Segelboot auf den Wellen schaukelt. Es wartet auf meinen Sohn, um ihn von mir fortzubringen. Einige Frauen haben verweinte Augen, weil ihr Herr ins Exil gehen muss, doch ich weine nicht. Niemand sieht mir an, dass ich am liebsten eine ganze Woche lang weinen würde.
    Mein Sohn ist wieder gewachsen, jetzt ist er so groß wie ich, ein junger Bursche von vierzehn Jahren, der um die Schultern allmählich kräftiger wird. Seine braunen Augen sind jetzt auf einer Höhe mit meinen, und er ist blass, auch wenn Sommersprossen seine Nase sprenkeln wie Tupfen auf einem warmen Vogelei. Ich sehe sowohl das Kind, das zu einem Mann herangewachsen ist, als auch den Jungen, der König sein sollte. Die Ehre der Königswürde ruht jetzt auf seinen Schultern. König Henry und sein Sohn Prinz Edward sind tot. Dieser Junge, mein Sohn, ist der Erbe des Hauses Lancaster. Dies ist nicht mehr mein

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