Der Thron der Welt
Küste war die
Shearwater
dennoch das schnellere Schiff.
Schritt für Schritt vergrößerte die
Shearwater
ihren Vorsprung. Als sie aus der Fahrrinne glitt, war sie einen Pfeilschuss vor ihrem Verfolger und nur zwei Pfeilschüsse vom Ufer entfernt. Sie fuhren so dicht an der Küste entlang, dass Vallon Licht im Fenster einer Fischerkate sehen konnte.
Snorri tanzte vor Begeisterung. «Jetzt kriegen sie uns nicht mehr.»
Vallon ging nach achtern und streifte im Vorbeigehen allen seinen Männern über den Arm. «Gut gemacht», murmelte er. «Gut gemacht.»
Raul stieß die Faust in die Luft.
Sie fuhren aufs offene Meer hinaus. Vallon hielt so lange im Heck Ausschau, bis die normannischen Segel kaum noch zu erkennen waren. Dann erst drehte er sich um.
«Alle wegtreten. Schlagt euch die Bäuche voll und schlaft ein bisschen.» Er setzte sich auf eine Ruderbank. Als Wayland an ihm vorbeiging, hielt ihn Vallon am Ärmel fest. «Du nicht.»
Schweigend und mit herausfordernder Miene blieb Wayland vor ihm stehen. Sein Verhalten war unverzeihlich. Vallon hatte Männer schon wegen geringerer Vergehen aufhängen lassen. Er musste ein Exempel statuieren. Die Disziplin in dieser Truppe war weiß Gott auch so schon lax genug. Wenn er Waylands Insubordination unbestraft durchgehen ließ, würden das alle als Freibrief ansehen, zu tun, was ihnen gerade in den Sinn kam. Das war Vallon vollkommen klar, doch gleichzeitig war ihm bewusst, dass er es sich nicht leisten konnte, den Falkner zu verlieren. Dass ihn diese Tatsache bei der Wahl seiner Strafe einschränkte, machte ihn nur noch wütender.
«Du hast uns alle in Lebensgefahr gebracht, indem du zurück bist, um das Mädchen zu holen. Wenn wir nicht sowieso schon zu wenig Leute wären, hätte ich dich zurückgelassen, damit dich die Normannen töten.»
«Ich danke Euch, dass Ihr uns davor verschont habt. Wir beide danken Euch.»
«Lass gut sein. Aber das Mädchen kann nicht bleiben. Ein Schmusepüppchen hat keinen Platz auf diesem Schiff.»
Wayland saugte die Innenseiten seiner Wangen ein und starrte an Vallon vorbei.
«Wir setzten sie an Land, wenn wir das nächste Mal ans Ufer kommen.»
«Sie kann nirgendwohin. Ihre Familie ist tot.»
Vallon schlug mit der Faust auf die Reling. Wir sind kein Waisenheim. Das Mädchen muss gehen.»
Wayland schluckte und hob den Blick.
«Wenn dir etwas an ihr liegt, musst du doch selbst erkennen, dass es zu ihrem eigenen Besten ist. Denk doch einmal an all die Gefahren, die auf sie warten, wenn sie bleibt.»
«Sie fürchtet sich nicht vor der Reise. Ihr Vater war Fischer.»
«Ich spreche nicht von den Tücken der See. Mit einer Frau auf einem Schiff voller Männer ist Unheil vorprogrammiert. Du weißt doch, wie sich Raul benimmt, wenn er betrunken ist.»
«Raul würde es nicht wagen, sie anzurühren.»
«Siehst du? Jetzt denkst du schon darüber nach, dass es ihn vielleicht reizen könnte.» Vallon lehnte sich an die Reling. «Wir werden noch mehr Männer aufs Schiff holen, und ich kann in meiner Situation nicht wählerisch sein. Ganz bestimmt stehen wir am Ende mit mehr als einem niederträchtigen Mann da. Ich habe schon erlebt, welcher Wahnsinn unter Soldaten um sich greift, wenn man eine Frau zu ihnen lässt. Und ich habe genügend Opfer dieses Wahnsinns beerdigt, Gott ist mein Zeuge.»
«Der Hund tötet jeden, der ihr zu nahe kommt.»
«Und damit willst du mich beruhigen?»
Wayland verfiel in Schweigen.
«Außerdem ist da noch Snorri», sagte Vallon.
Wayland sah ihn an. «Was ist mit ihm?»
«Tu nicht so, als gäbe es kein böses Blut zwischen ihm und dem Mädchen. Mir ist sein Aberglaube völlig gleichgültig, aber wir hängen von ihm ab.»
Wayland lächelte verächtlich. «Er wird uns betrügen, ob das Mädchen dabei ist oder nicht.»
Vallon kniff die Augen zusammen. «Was willst du damit sagen?»
«Er ist nicht mehr ganz klar im Kopf. Er redet mit sich selbst und merkt es nicht mal. Er hat vor, uns auszurauben.»
Vallon rutschte auf seiner Bank herum. «Um dieses Problem kümmere ich mich zu gegebener Zeit.» Dann wurde sein Tonfall härter. «Es ändert nichts. Das Mädchen geht.»
Wayland sah auf seine Füße hinunter. «Es tut mir leid.»
Wieder sanfter sagte Vallon: «Ich bin sicher, dass du nur Gutes im Sinn hattest, und zum Glück hat uns deine Unbesonnenheit nicht den Tod gebracht. Wenn wir das Mädchen an Land bringen, werden wir es ausreichend versorgen. Das Geld wird von deinem Anteil des Gewinns
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