Der Thron der Welt
Haar.
«Sie wird keine Schwierigkeiten machen», sagte Wayland.
Vallon schickte sie mit einer Handbewegung fort. «Geht und nehmt euch etwas zu essen.»
Wayland zögerte. «Und was ist mit Euch, Herr?»
Vallon zog sich seinen Umhang enger um die Schultern. «Geht mir einfach aus den Augen.»
XVI
H ero tastete sich im Dunkeln vorsichtig bis zum Bug. Er hatte während der Nacht mehrere Male nach Vallon gesehen, Schafspelze und Decken über ihn gelegt, als der Wind auffrischte. Nun stand er vor dem formlosen Deckenhaufen und räusperte sich. Als der Franke davon nicht aufwachte, beugte er sich hinunter und rüttelte ihn vorsichtig an der Schulter.
Vallon richtete sich jäh auf.
«Erschreckt nicht, Herr. Ich bin’s nur. Ich habe Euch etwas Gemüsesuppe gebracht. Esst sie, solange sie noch warm ist.»
Vallon tastete stöhnend nach seinen Rippen. «Ich fühle mich wie gerädert.» Er aß einen Löffel aus der Suppenschale, sein Blick wanderte von links nach rechts. «Wie spät ist es?»
«Bald wird es hell. Wir sind die ganze Nacht ostwärts gesegelt.»
Vallon grunzte und aß weiter. «Das schmeckt besser als der Schweinefraß von Raul.»
«Das Mädchen hat sie gekocht. Anscheinend ist sie wieder ganz auf dem Damm. Sie ist ziemlich merkwürdig.»
Vallons Suppenlöffel erstarrte auf halben Weg zu seinem Mund. Dann zuckte er mit den Schultern und aß weiter. «Haben alle einen Schlafplatz gefunden?»
«Recht und schlecht. Wenn es hell ist, können wir uns besser einrichten.»
Vallon gab die Schale zurück, lehnte sich an den Vordersteven und sah zu den Sternen hinauf.
Hero drehte die Schale in den Händen. «Glaubt Ihr, dass wir nun Ruhe vor Drogo haben?»
Vallon lachte rau. «Wir sind wie ein Knochen, der ihm im Hals steckengeblieben ist. Er wird keine Ruhe geben, bis er ihn ausgespuckt hat.» Vallon musterte Hero genau. «Du hast gehört, was er über mich gesagt hat.»
«Seine Beleidigungen interessieren mich nicht.»
«Er hat die reine Wahrheit gesagt.» Vallon rutschte ein Stück zur Seite. «Setz dich. Vor uns liegt ein langer Weg, und du sollst ruhig erfahren, was für ein Mann es ist, der euch dabei anführt.»
Hero zitterte. Vallon zog eine Decke über ihn. Eine Weile saßen sie nur so da, das Schiff schaukelte über die Wellen, Snorri stand im Halbschlaf am Ruder, die Übrigen lagen schlafend über das Deck verstreut.
«Ich werde dich nicht mit einer langen Geschichte ermüden», sagte Vallon. «Meine Familie stammte aus niederem Adel und besaß eine kleine Landschenkung von Wilhelm, dem Herzog von Aquitanien und Grafen von Poitiers. Ich war an seinem Hof Page und habe im Alter von siebzehn Jahren unter seiner Fahne in meiner ersten Schlacht gekämpft. Ich habe mich gut gehalten und bin aufgestiegen. Meine Beförderung zum Hauptmann, noch bevor ich zwanzig war, hat bei einigen Rittern von edlerer Geburt zu Verstimmungen geführt. Ich habe meinen Feldzug in Spanien vor neun Jahren angetreten, da war ich einundzwanzig.»
Hero musste seine Überraschung irgendwie verraten haben.
«Du hast mich für älter gehalten», sagte Vallon. «Du wirst gleich erfahren, was mir diese Falten ins Gesicht geätzt hat. Aber zunächst noch einmal zurück zu dem Feldzug in Spanien. Der Papst hatte zu einem Kreuzzug gegen die Mauren aufgerufen. Wilhelm war einer von mehreren Adligen aus dem Frankenreich, die dem Aufruf gefolgt sind. Nachdem wir uns mit unseren spanischen Verbündeten zusammengeschlossen hatten, belagerte unsere Armee die Stadt Barbastro im muslimischen Königreich Lerida. Nach vierzig Tagen eroberten sie die Stadt. Ihre Bewohner wurden niedergemetzelt oder versklavt. Ich selbst habe an diesem Blutvergießen nicht teilgenommen – aber nur, weil ich losgeschickt worden war, um einen möglichen Gegenangriff aus Saragossa abzuwehren. Der Herrscher dieses Staates war der Bruder des Königs von Lerida, Emir al-Muqtadir. Merk dir diesen Namen. In Barbastro endete der Kreuzzug. Diejenigen, die bei dem Angriff mitgekämpft hatten, kehrten mit Unmengen von Beute und Sklaven zurück. Ich dagegen kam um keinen Deut reicher nach Hause. Im Jahr darauf heiratete ich ein Mädchen, das ich seit meiner Kindheit kannte. Sie war fünf Jahre jünger als ich. Es war eine vorteilhafte Verbindung, weil meine Braut eine gute Aussteuer mitbrachte.»
«War sie schön?»
Vallon lehnte sich zurück, um Heros Gesicht sehen zu können. «Ja, das war sie.» Er hatte den Faden verloren. «Wie dem auch sei. Obwohl mir mein
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