Der Thron der Welt
genauer und durchschlagskräftiger war, während Wayland – falls er sich zu einer Antwort herabließ – betonte, dass er in der Zeit, in der Raul einen Bolzen loswurde, sechs Pfeile abschießen konnte.
«Sandbank voraus», rief Wayland.
Sie hob sich aus dem Wasser wie der Rücken eines halb aufgetauchten Wals. Snorri lenkte das Schiff ein paar Grad nach Steuerbord, während Raul mit einer Spiere, die an der Spitze des Unterlieks befestigt war, das Segel spreizte, um möglichst viel Wind aufzunehmen.
Die
Shearwater
fuhr kaum langsamer, obwohl sie nun schräg auf den Feind zusegelten. Die Normannenschiffe setzten sich an die Spitze. Vallon sah die Landzungen an den Mündungsufern des Wash und wusste, dass die beiden Führungsschiffe der gegnerischen Flotte die Mündung als Erste erreichen würden. Selbst wenn die
Shearwater
ihrem ersten Angriff entkam, würden die Verzögerungen durch die Kursmanöver dazu führen, dass auch die beiden anderen normannischen Schiffe noch angreifen konnten. Das nächste Schiff fuhr nicht mehr als eine Viertelmeile entfernt auf Steuerbord, und die
Shearwater
hatte das Ende des Mare’s Tail noch immer nicht erreicht.
Vallon klopfte gedankenverloren mit dem Fuß auf den Boden. Sie waren noch nicht um die Sandbank herumgesegelt, und bis auf eines lagen die Normannenschiffe schon mit dem Heck vor ihnen. Der Nachzügler fuhr in solcher Nähe schräg zur
Shearwater
, dass Vallon Männer an Deck entlanggehen sehen konnte.
«Die Führungsschiffe reffen die Segelfläche!», rief Raul. «Sie warten auf die anderen.»
Vallon beobachtete die langsame Annäherung. Die beiden vordersten Normannenschiff bewegten sich voneinander weg, und die anderen fuhren auf die Lücke zu. Vallon ging zu Snorri hinüber. «Irgendwelche Einfälle?»
«Wir können nicht einfach durchbrechen. Die Schiffe sind genauso groß wie die
Shearwater
.»
«Freies Wasser voraus», rief Wayland.
«Es gibt einen Trick, den wir versuchen könnten», sagte Snorri. «Sobald wir um Mare’s Tail rum sind, drehen wir hart auf Backbord und versuchen, so schnell wie möglich in eine Fahrrinne zu kommen, die zur Nordspitze des Wash führt. Die Normannen können sich nicht in den Wind drehen. Sie müssen zuerst um die hintere Seite der Sandbank herumfahren.»
Die
Shearwater
glitt um das gekrümmte Ende der Sandbank. Vallon sah, dass der Kurs, den Snorri vorgeschlagen hatte, dicht am Rand der Bucht entlangführte.
«Wir müssen uns entscheiden», drängte Snorri.
«Dann mach’s.»
Snorri rief nach Raul und stemmte sich ins Ruder. In dem diffusen Licht entdeckten die Normannen den Kurswechsel nicht, oder vielleicht hielten sie ihn auch für eine Finte. Bis sie reagierten und anfingen, ihnen über die Buch zu folgen, segelte die
Shearwater
schon nordwärts, gegen den Wind.
Die beiden normannischen Führungsschiffe hatten immer noch den Vorteil, genügend Platz zum Steuern zu haben. Vallon dagegen befürchtete, als das Land immer näher an sie heranrückte, dass sie sich mit Snorris Schachzug in die Katastrophe manövriert haben könnten. Vor ihnen lag die Fahrrinne zwischen küstennahem Wattgebiet und einer schmalen Sandbarre. Eines der Normannenschiffe war ihnen keine halbe Meile entfernt auf den Fersen, während sein Schwesterschiff einen etwas meerseitiger gelegenen Kurs gewählt hatte. Sie hatten die Einmündung in die Fahrrinne beinahe erreicht. Wenn sie erst einmal hineingefahren waren, hätten sie sich festgelegt. Und dann würden sie, falls das normannische Schiff zuerst am anderen Ende ankam, unweigerlich abgefangen werden.
Die
Shearwater
nahm die landwärts gelegene Durchfahrt. Das Normannenschiff hielt sich mit etwa zweihundert Schritt Vorsprung auf der anderen Seite der Sandbarre. Vallon hörte den Kommandanten Befehle rufen. Auf der
Shearwater
herrschte Schweigen. Wayland hielt seinen Bogen gesenkt und fuhr sich mit dem Ärmel über den Mund.
«Ich glaube, wir holen auf», sagte Hero.
Minuten voller Anspannung vergingen, bevor Vallon zu glauben wagte, dass Hero recht hatte. Sie kamen auf gleiche Höhe, und die beiden Schiffe segelten neben der Sandbank hinauf, als wäre das eine der Schatten des anderen. Die Normannen drängten sich, Beleidigungen und Herausforderungen brüllend, an der Reling.
«Wir überholen sie!», rief Hero.
Auch die Soldaten drüben sahen es, und ihre herausfordernden Rufe wurden von ärgerlichem Gebrüll abgelöst. Auf der Seeseite hatten sie zwar mehr Wind, aber im Windschatten der
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