Der Thron der Welt
Tritt. «Vorwärts. Ergreift sie.»
Als Brant und Aiken auf den Friedhof vorrückten, richtete Raul seine Armbrust auf den Büttel. «Lass sie nur weitergehen. Dann bist du der Erste, der stirbt.»
Daegmund winkte seine Männer so heftig zurück, als würde er mit bloßen Händen ein Feuer ausschlagen. Wayland musterte die beiden Wachmänner. Beide waren mittelgroß, hatten gerötete Gesichter und einen Körperbau, der an Brauereipferde erinnerte.
«Wie wär’s, wenn wir diese beiden mitnehmen?»
Raul schniefte. «Könnten’s schlimmer treffen, schätze ich.»
Wayland versuchte sich darüber klar zu werden, welche Stimmung unter den Bauern herrschte. Es war nie klug, Bauern zu unterschätzen. Dann begann er, auf den Büttel und seine Wachen zuzugehen.
«Hilfe!», kreischte der Büttel und zerrte sein Maultier herum.
Einer der Wachmänner riss sein Schwert hoch. Wayland blieb stehen.
«Welcher von euch ist Brant?»
«Sag’s ihm nicht», kam es von dem auf der rechten Seite.
Wayland lächelte den auf der linken Seite an. «Also bist du Brant.»
Brant nickte. Er wirkte ein wenig schlicht.
«Wir sind auf einer Handelreise nach Norden unterwegs. Wir suchen nach Männern, die für einen guten Lohn hart arbeiten wollen. Du und dein Gefährte – ihr seht aus, als könntet ihr die Richtigen sein.»
«Was redet er da?», rief der Büttel aus sicherer Entfernung.
«Wie viel zahlt euch dieser Fettsack?»
«Antworte nicht», sagte Aiken. «Du bringst uns bloß in Schwierigkeiten.»
«Ihr seid schon in Schwierigkeiten.»
«Vier Schilling an jedem Zahltag», sagte Brant. «Und auf den Lohn vom letzten Vierteljahr warten wir noch.»
«Schließt euch uns an, und wir zahlen euch das Doppelte und noch dazu einen Anteil am Gewinn. Zeig es ihnen, Raul.»
Beim Anblick der Silbermünzen fuhr sich Brant mit der Zunge an den Zähnen entlang und warf einen Blick auf seinen Gefährten.
«Reden kostet nichts», erklärte ihm Aiken. «Wenn sie dich erst einmal auf ihrem Schiff haben, zählen ihre großartigen Versprechungen auf einmal nichts mehr. Sie lassen dich wie einen Ochsen schuften und behandeln dich noch dazu wie einen Hund.»
«Und was glaubst du, wie dich dein Herr behandeln wird, wenn wir mit Garrick verschwinden?», fragte Wayland.
Der Büttel war wieder näher herangeritten. «Gebt nicht nach. Tut eure Arbeit, und ich vergesse alle Pflichtverletzungen, die ihr heute begangen habt.»
Wayland hob das Kinn in die Richtung des Büttels. «Wem glaubt ihr? Ihm oder mir?»
«Er hat recht», sagte Brant zu Aiken. «Entweder wir halten sie auf, oder wir können unser Testament machen.»
Aiken sah weg, seine Kiefer mahlten.
«Unser Schiff wartet», sagte Wayland.
Brant legte Aiken die Hand auf den Arm. In seiner Miene stand Begeisterung. «Komm, wir fahren mit ihnen und machen unser Glück.»
Aiken starrte finster auf den Boden und begann den Kopf zu schütteln.
Brant lachte. «Dann gehe ich eben allein.» Er ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen, als müsste er sich alles genau einprägen, atmete zweimal tief durch und ging zu Wayland hinüber. Als er sich umdrehte, schien er über eine unsichtbare Grenze zu zurückzublicken. «Ich komme als reicher Mann wieder», sagte er. «Du wirst schon sehen.»
Aiken hob den Kopf. «Die halbe Armee der Normannen jagt diese Piraten. Du bist noch vor nächsten Sonntag tot.»
Daegmund schüttelte die Faust und sah aus, als stünde er kurz vor einem Tobsuchtsanfall.
«Wir sind hier fertig», sagte Wayland zu Raul.
Mit Garrick und Brant zogen sie sich zurück. Die Gemeindemitglieder beobachteten sie ernst. Sobald sie die Friedhofsmauer erreicht hatten, trieb der Büttel sein Maultier immer wieder im Kreis um Aiken herum und schlug hemmungslos auf ihn ein.
XVIII
I n leichtem Ostwind krängend fuhr die
Shearwater
etwa zehn Meilen vor der Küste Richtung Norden. Es war später Nachmittag. Die Sonne schickte wandernde Lichtsäulen durch die Wolkenlücken. Hero verglich die Richtung der Windfahne am Schiffsheck mit ihrem aktuellen Kurs. Er sah zu der feinen dunklen Linie im Westen hinüber.
«Du bist am Zug», sagte Richard.
Hero wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem
Schatrandsch
-Spiel zu. Er rückte mit einem seiner Bauern vor. «Wir können von Glück reden, wenn wir Schottland erreichen, ohne vorher noch einmal an Land gehen zu müssen.»
Vallon hatte beschlossen, so lange auf See zu bleiben, wie sie vor normannischem Gebiet waren. Drogo hatte die
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