Der Thron der Welt
Wayland ließ nicht los und schlängelte sich auf dem Bauch aus dem Versteck. Seine Hauptsorge war, den Falken rechtzeitig zu fixieren, bevor er sich selbst verletzte. Wayland zog ihm die Beine weg, sodass der Falke mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Rücken lag. Ein schwacher Ruf drang aus der Richtung der Höhle zu ihm herüber.
Der Falke hörte auf zu schreien, lag still und sah Wayland mit wilden, schwarzen Augen an. Die Brust des Vogels hob und senkte ich mit beunruhigender Geschwindigkeit. Wayland riskierte einen Blick über die Schulter und sah den Hund mit Syth hinter sich von Felsen zu Felsen springen. Der Falke spannte sich an und beugte sich weit genug nach oben, um Wayland ein Stück Fleisch aus dem Finger zu beißen.
Der Hund schlidderte durch den Schnee und legte sich hinter dem Falken auf den Bauch. Bevor Syth nachgekommen war, hatte der Falke schon den nächsten Bissen aus Waylands Hand gerissen.
«Der Strumpf. In meinem Gürtel.»
Syth warf sich neben ihn und zog einen an beiden Enden offenen Wollschlauch unter seinem Gürtel heraus. «Was soll ich machen?»
«Zieh ihn über seinen Kopf.»
Syth schob die Öffnung des Strumpfes über den Kopf des Falken.
Mit der linken Hand faltete Wayland den rechten Flügel des Falken an seinen Körper. «Mach dasselbe mit dem anderen Flügel. Aber sanft.»
Den Vogel zwischen sich, zogen sie den Strumpf über die Flügelansätze, und von da an war es einfach. Syth hielt den Rücken des Falken umfasst, sodass Wayland ihm den Schlauch über den gesamten Körper ziehen konnte. Schließlich sah an der oberen Öffnung nur der Kopf heraus. Wayland machte das Durchzugsband am oberen Ende des Strumpfes fest und verknotete es.
Anschließend sank er auf die Fersen und saugte an seinen blutenden Fingerknöcheln. Syth streckte die Arme aus und drehte sich im Kreis. «Du hast ihn gefangen», rief sie. «Du hast ihn gefangen!»
Er trug den Falken wie ein Wickelkind zurück zur Höhle und legte ihn in das leere Zelt. Dann suchte er aus dem Beutel mit der Falknerausrüstung Geschühriemchen, Drahle und Langfessel. Anschließend schliff er sein Messer mit einem Wetzstein. Als er alle Utensilien beisammenhatte, trug er den Falken aus dem Zelt und legte ihn mit dem Kopf nach unten auf ein Schaffell.
«Du musst ihn festhalten», erklärte er Syth. «Pass auf den Schnabel auf.»
Syth umfasste den Falken an den Schultern. «Wirst du ihm nicht die Augenlider zunähen, damit er nichts sehen kann?»
«Nicht, wenn ich es vermeiden kann.» Es würde Monate dauern, bis die Falken ihren Bestimmungsort erreicht hatten, und er befürchtete, dass ihnen zu lange Blindheit schaden könnte. Stattdessen hatte er entschieden, die Vögel in Käfigen aus Weidengeflecht zu transportieren, die mit Tüchern abgedunkelt werden konnten. Er rollte den Strumpf von unten her auf, um die Beine des Falken freizulegen. Sofort schoss ein Fuß des Tiers vor, und zwei Krallen senkten sich in seinen Handballen. Er zog sie heraus, leckte das Blut ab und begutachtete die Schwanzfedern des Falken. Die feinen Federästchen waren zerzaust und einige Kiele verbogen, doch das konnte er wieder richten, wenn er sie in warmes Wasser tauchte. Dann maß er den Umfang der Beine und schnitt Schlitze in die Geschühriemen, damit sie eng anlagen. Als er sie angepasst hatte, sicherte er die freien Enden an einer Doppelöse der Messingdrahle. Die Doppelösen waren durch ein bewegliches Gelenk verbunden, und durch die zweite Öse zog er die Rohleder-Langfessel. Dann zog er sich den Handschuh über die Linke und wickelte die Langfessel darum.
«Bist du bereit?»
Syth löste das Durchzugsband und rollte den Strumpf über den Kopf des Falken. Das Tier richtete sich flatternd auf, und Wayland schwang es auf seine Faust. Dort saß der Falke, zischend, mit gesträubten Federn, bis er sich schließlich etwas entspannte. Wayland trug ihn in das Zelt zurück. Dort setzte er ihn auf einen Felsbrocken und band die Langfessel an einen schweren, länglichen Granitstein. Der Falke sprang von dem Felsbrocken und wurde von den Riemen behindert. Als er feststellte, dass er nicht entkommen konnte, sprang er wieder auf den Fels. Nun hatte Wayland zum ersten Mal Gelegenheit, das prachtvolle Tier zu bewundern, das ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Das Falkenweibchen war doppelt so schwer wie der größte Wanderfalke, mit dem er je gearbeitet hatte, und alles an diesem Falken offenbarte seine Stärke. Von vorne war er makellos
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