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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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begeistert?», fragte Vallon Garrick.
    «Ich weiß es auch nicht genau, Herr. Die alte Frau hat etwas gerufen, das wie ‹die Prinzessin› geklungen hat. Das dürfen wir uns nicht entgehen lassen.»
    Vallon schlenderte in Kniehosen und bis zur Brust offenstehendem Hemd zum Weg hinüber. Die Reiter kamen näher. An der Spitze, auf einem sorgfältig gepflegten Grauen, ritt eine stolze Schönheit, die ein besticktes weißes Kleid und eine Pelerine mit Fellbesatz trug. Ihr hüftlanges Haar hatte die Farbe von Granatsteinen und umrahmte ein Antlitz so bleich wie Kreide und so kühl wie Marmor. Hinter ihr ritt eine Dienerin, und den Schluss bildeten zwei bewaffnete und gutgekleidete Beschützer.
    Die Kinder verfielen in Schweigen und standen mit gesenkten Augen in einer Reihe, als die Reitergruppe vorbeitrabte. Gisla, die sich vor Begeisterung kaum beherrschen konnte, vollführte sogar, so gut es ging, einen Hofknicks.
    Garrick zog seine Mütze vom Kopf und senkte das Kinn. Die ungewohnte Abwechslung genießend, verbeugte sich Vallon tief und schwang einen Handrücken vor sich über den Boden. Die Dame an der Spitze des Reiterzuges wandte ihm ihre rauchgrauen Augen zu, und ein beinahe angewiderter Ausdruck zog über ihr Gesicht. Dann schaute sie wieder nach vorn und schnalzte mit den Zügeln. Ihre Begleiter schlossen zu ihr auf. Einer von ihnen hatte die gleiche Haarfarbe und den gleichen Teint wie sie und war eindeutig ihr Bruder. Er gönnte Vallon kaum einen Seitenblick. Der andere grinste nur vor sich hin.
    Vallon fand diese Arroganz eher belustigend. Er hob sein Holzschwert. «Guten Morgen, Ihr Herren.»
    Keiner von ihnen erwiderte die Höflichkeit. Sie ritten weiter, und Vallon vernahm ein spöttisches Lachen. Die Kinder jubelten und rannten durcheinander. Gisla verschlang ihre Finger ineinander und hob die Augen, als sei ihr soeben ein Blick auf die Himmelskönigin gewährt worden.
    Garrick grinste Vallon an. «Eine gutaussehende Frau.»
    «Hochmütig», sagte Vallon. Er sah ihr nach, wie sie ihre Pferde graziös weitertänzeln ließ. «Frag doch die Witwe einmal, wie diese Leute dazu kommen, sich so herablassend zu benehmen.»
    Garrick erzählte beim Essen, was er in Erfahrung gebracht hatte. «Die Dame heißt Caitlin Sigurdsdottir, aber alle nennen sie nur ‹die Prinzessin›. Weil sie so schön und so stolz ist. Caitlin ist ein irischer Name. Ihre Sippe gehört zu den Ersten, die sich in Island angesiedelt haben. Ihre Vorfahren gehen bis auf einen Krieger namens Aud zurück, der mit der ersten Flotte von Norwegen gekommen ist.»
    Garrick nahm einen Bissen. «Jedenfalls», fuhr er fort, «stellte sich heraus, dass die Norweger nicht die ersten Siedler auf Island waren. Schon ein paar Jahre zuvor hatte eine Schiffsladung irische Mönche und Bauern eine Kolonie gegründet. Und dann hat sich dieser Aud in eine der Irinnen, Caitlin, verliebt und umgekehrt. Er hat ihren Ehemann umgebracht, um sie zu kriegen, allerdings ist sie bei der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter gestorben. Er nannte das Mädchen ebenfalls Caitlin, und seitdem trägt immer die älteste Tochter der Familie diesen Namen.»
    «Und was macht diese Familie so bedeutend?»
    «Ihr Reichtum und ihre Abstammung. Die ersten Siedler konnten sich das beste Land aussuchen. Ihre Besitzungen gehören zu den größten auf Island.» Garrick deutete nach Nordosten. «Ihr Gutshaus liegt etwa zwei Tagesritte von hier. Außerdem gelten sie als ziemlich hitzköpfig. Sie waren an einer Blutfehde beteiligt, die sich über Generationen hingezogen hat, bis Helgi – das ist Caitlins Bruder – den letzten überlebenden Widersacher getötet hat.»
    «Hundert Schafe und ein paar getötete Bauern machen aus Caitlin noch keine Prinzessin.»
    Garrick lächelte. «Ihr müsst aber zugeben, dass sie ganz so auftritt. Jeder Mann, der etwas auf sich hält, hat um ihre Hand angehalten, aber sie hat alle abgewiesen. Und jetzt ist sie vierundzwanzig, und ihr sind die Freier ausgegangen, also hat sie vertraglich in eine Ehe mit einem reichen Grafen in Norwegen eingewilligt. Der Bräutigam ist viel älter. Sie reitet mit ihrem Bruder an die Küste, um die Überfahrt nach Norwegen zu regeln.»
    «Wie heißt er noch?»
    «Helgi. Genannt ‹Die Wespe›, weil er so schnell zustößt. Wird schnell zornig und vergisst keine Beleidigung. Er ist der große Beschützer seiner Schwester.» Garrick senkte die Stimme. «Es heißt, dass sie alle Bewerber ablehnt, weil er selbst sie

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