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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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fahren.»
    «Das ist sehr freundlich, aber was wird dann? Ich werde in diesem schrecklichen Wald bestimmt nicht lange überleben. Und selbst wenn, will ich mein Leben nicht als Almosenempfängerin in einem fremden Land beschließen. Nein, ich bleibe hier.»
    «Dann stirbst du an der Kälte oder dem Hunger. Wölfe und Bären werden dich fressen.»
    Sie lächelte und tätschelte ihm erneut die Hand. «Du bist ein lieber Junge. Aber jetzt gehst du besser. Es wird bald dunkel. Deine Freunde machen sich bestimmt schon Sorgen um dich.»
    Raul rannte zwischen den Bäumen hindurch auf sie zu. «Vallon will jeden Mann zum Ziehen dabeihaben.» Sein Blick hing an der Frau.
    «Sie sagt, sie will ihren Mann nicht zurücklassen. Versuch du, sie zu überreden. Ich weiß nicht, warum, aber manchmal funktioniert deine derbe Logik, wo ausgefeiltere Argumente versagen.»
    Raul setzte wie jemand, der einem Beschränkten gut zureden will, eine betont harmlose Miene auf. «Nana, Mütterchen, du kommst mit uns.»
    Sie sagte entschlossen: «Geh weg.»
    Raul lachte, nahm sie unter den Armen und begann sie hochzuziehen. Doch sie stieß einen so schrillen Schrei aus, dass er sie wieder absetzte. «Also gut, Mutter, wenn du es nicht anders willst.» Er winkte Hero und Richard außer Hörweite der Alten. «Ihr verschwendet eure Zeit. Ihr Entschluss steht fest. Und jetzt kommt mit. Wir müssen die Stromschnellen vorm Dunkelwerden hinter uns haben.»
    «Wir können sie doch nicht einfach hier ihrem Tod überlassen.»
    Raul zog seine Kappe ab und schlug sich damit auf den Oberschenkel. Dann starrte er zum Himmel hinauf. «Ihr habt recht. Redet weiter mit ihr. Beruhigt sie.»
    Hero hielt die Hand der alten Frau. Er wusste später nicht mehr, was er zu ihr gesagt hatte, und er kam auch nicht dazu, seinen Satz zu beenden, denn Raul trat hinter die Frau, hob seine Armbrust, und schoss ihr einen Bolzen in den Nacken.
     
    Nach einem weiteren Tag, an dem sie das Schiff mit Rudern und Ziehen vorwärtsbewegt hatten, erreichten sie den ersten der Seen, die Thorfinn beschrieben hatte. Mit einem einzigen Blick auf den fernen Horizont war Vallon klar, dass alle Passagiere im Boot ans andere Ufer gebracht werden mussten. Er befahl Raul, den Bau eines Floßes zu überwachen, das groß genug war, um die Pferde und den größten Teil der Ladung aufzunehmen. Mit dem Floß im Schlepptau, die Boote bis zu den Dollborden beladen, ruderten sie am nächsten Morgen vom Ufer weg. Sie waren zweieinhalb Tage auf dem See und wären mehr als einmal beinahe gekentert. Und die gesamte Zeit war ihnen bewusst, wie schutzlos sie einem möglichen Angriff der Wikinger von dem Langschiff ausgeliefert waren.
    Vom Südufer des Sees aus führte ihr Weg über Flussadern, die durch ein Sumpfgebiet mäanderten. Diejenigen, die am Ufer entlanggingen, waren gezwungen, sich wie Fliegen durch Honig zu schleppen.
    Es wurde bitterkalt. Nachts fuhr der Wind durchs Geäst der Bäume, und in der Ferne heulten Wölfe. Wenn es hell wurde, lag eine schwarze Eiskruste über den Tümpeln, und mittags stand eine dunkelgraue Sonnenscheibe hinter den dichten Nebelschleiern. Die Eintönigkeit des Waldes und der niemals endende Kampf mit der Natur zehrte an ihren Nerven. Der Druck sorgte für manchen Temperamentsausbruch. Ein Riemen, der sich nicht in den Rudertakt einfügen wollte, Holzscheite, die nicht brennen wollten, die Enttäuschung über das, was es zu essen gab – das kleinste Ärgernis genügte, um die Männer aneinandergeraten zu lassen.
    Dann wurde die Verpflegung knapp. Die Wikinger litten am meisten darunter, denn der Lachs, den sie gefangen hatten, begann zu faulen, weil sie kein Salz zum Einlegen hatten. Vallon und seine Leute kamen mit geräuchertem Elch und Salzfisch zusammen mit Pilzen und Beeren über die Runden, doch die Wikinger und ihre Gefangenen waren auf Stockfisch angewiesen, der so verdorben war, dass er Durchfall auslöste.
    Der isländische Säugling starb und wurde mit einer dürftigen Zeremonie am Ufer begraben. Dann verschwand einer der Wikinger. Er hatte sich auf Nahrungssuche von seinen Gefährten getrennt. Sie suchten ihn bis zum Dunkelwerden, dann gaben sie auf. Der Vermisste war eine der Wikingergeiseln, und Wayland erklärte sich bereit, seine Spur zu verfolgen. Einen ersten Hinweis fand der Falkner etwa eine Meile vom Fluss entfernt, dann konnte er an den Spuren die wachsende Verzweiflung des Mannes ablesen, der seine eigenen Fußspuren zurückverfolgt hatte, im Kreis

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