Der Thron der Welt
den Bauch getreten. Durstig.»
Hero gab ihm etwas Wasser. «Die Wikinger haben Eure Bedingungen angenommen.»
Vallon hörte fernes Gebrüll. Er wandte den Kopf und sah, dass sich die Bäume schwarz vor einem apokalyptischen Glühen abhoben.
«Das ist der Scheiterhaufen, auf dem Thorfinn verbrannt wird», sagte Hero.
Vallon hob die Hand.
«Ihr dürft Euch nicht bewegen.»
«Hilf mir, mich aufzusetzen.»
Die Wikinger hatten einen Scheiterhaufen von der Größe eines Hügelgrabs aufgebaut und ihren toten Anführer daraufgelegt. Gerade hatten die hoch auflodernden Flammen ihre Kraft voll entfaltet und brannten so wild, dass die Bäume um das Feuer im Aufwind schwankten. Funkensäulen schossen in den Himmel. Vallon beschirmte seine Augen mit der Hand. Als er seinen Blick konzentriert auf das Glutherz des Scheiterhaufens richtete, sah er den verkohlten Körper Thorfinn Wolfsatems, des letzten Wikingers.
XXXVI
V allon tauchte aus Fieberträumen auf. Seine Wange lag auf einem weichen Kissen. Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass dieses Kissen der Busen einer Frau war. Sein Blick wanderte an dem mit Rundungen ausgefüllten Stoff aufwärts und erkannte ein milchweißes Gesicht mit kupferroter Umrahmung. Mit Mühe brachte er die Lippen auseinander. «Caitlin?»
«Nicht sprechen», sagte sie und wischte ihm die Stirn ab. «Du glühst vor Fieber.»
Vallon stellte fest, dass er unter einem Berg Felle und Pelze begraben worden war. Er triefte vor Schweiß, und sein Kopf dröhnte, als würde er gleich platzen. Erneut öffnete er mühsam die Lippen. «Wo ist Hero?»
«Er schläft. Er hat die ganze Nacht bei dir gewacht. Seit dem Kampf hat er kaum geschlafen.»
«Welche Nacht? Wie viele Tage sind inzwischen vergangen?»
«Drei. Das Fieber ist in der zweiten Nacht gekommen. Du hast im Wahn phantasiert.» Sie lehnte sich ein Stück weiter zurück, und er konnte sie besser sehen.
«Du hast dir das Haar abgeschnitten.»
Ihre Hand wanderte zu ihrem Kopf. «Es war unmöglich, es regelmäßig zu waschen, und von dem Gewicht habe ich Kopfschmerzen bekommen.»
«Ich habe Durst.»
Sie legte ihm den Arm um die Schultern und hielt ihm einen Becher an die Lippen. Ein wenig von dem Wasser lief durch seine Kehle, der Rest rann an seinem Kinn hinab. Er keuchte. «Mehr.»
Als er nichts mehr trinken wollte, hielt in Caitlin weiter in den Armen, seine Wange an ihre Brust gelegt. Schließlich ließ sie ihn vorsichtig auf sein Lager gleiten, und er sah Baumwipfel über sich vorbeiziehen.
«Ich bin schwach wie ein Kätzchen.»
«Du bist nur noch Haut und Knochen.» Caitlins Zeigefinger glitt über seinen Nasenrücken. «Schnabel und Kralle. Du siehst aus wie ein böser Geist.»
«Was macht meine Verletzung?»
«Sie heilt. Hero hat täglich den Verband gewechselt, und er ist mit der Entwicklung zufrieden.»
Das sagt er bestimmt nur, um alle zu beruhigen, dachte Vallon. «Hilf mir auf.»
«Du sollst dich nicht bewegen.»
Vallon griff nach dem Dollbord. «Ich will wissen, wo wir sind.»
Caitlin stützte ihn, sodass er sich aufsetzen konnte. «Die Wikinger sagen, wir sind kurz vor dem nächsten See.»
Hero lag zusammengerollt im Bug. Er wirkte so von Erschöpfung überwältigt, dass es Vallon einen Stich versetzte. Von ihnen abgesehen war das Boot leer. Alle anderen befanden sich an den Ufern und zogen das Boot an Tauen weiter. Etwas weiter voraus war das Langschiff der Wikinger. Sämtliche Farbe schien aus der Welt verschwunden. Graue Bäume, grauer Fluss, grauer Himmel. Vallon schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er durch einen Übergang in die Unterwelt gezogen wurde.
Er ließ sich zurücksinken. «Ich sehe Wayland und Raul nicht.»
«Sie erkunden das Gelände vor uns. Drogo hat das Kommando übernommen, bis du wieder gesund bist.»
Vallon schloss die Augen. Caitlin war immer noch da, als er sie wieder aufschlug. «Was für eine Erleichterung, jemand anderen die Verantwortung tragen zu lassen.» Er seufzte. «Der Mensch sollte keine Angst vorm Sterben haben.»
Caitlin hielt ihm den Mund zu. «Sag nicht so etwas.»
«Ich muss mich den Tatsachen stellen. Bauchverletzungen heilen nicht.»
«Doch, das tun sie. Du wirst nicht sterben. Das erlaube ich dir nicht.»
Vallons müder Blick glitt über ihr Gesicht. «Du kannst nicht die Prinzessin sein. Die Prinzessin will meinen Tod.»
Caitlin wandte den Kopf ab. «Ich wünsche dem Mann, der den Tod meines Bruders gerächt hat, nichts Böses.»
Vallon dachte darüber nach.
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