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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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eine Schieferrinne zu einem Gebirgssattel hinauf, den die Pferde auf dem losen Gestein nur mühsam bewältigten. Ein grässlicher Wind blies ihnen Staub ins Gesicht, sodass sie mit zusammengekniffenen Augen ritten und die berittenen Seldschuken nicht sahen, die sie leise wie Katzen einkreisten, sodass sie sich mit einem Mal zwischen ihnen wiederfanden. Es waren sechs, nein doppelt so viele. Und als Vallon sich umsah, wurden es immer mehr, bis ihnen schließlich zwanzig berittene Soldaten den Weg versperrten. Sie saßen mit lässigem Aplomb auf ihren Pferden, die Lanzen vertikal in den Händen, die Wimpel unter den Eisenspitzen flatterten im Wind. Alle trugen Bögen mit Doppelkrümmung an ihren Gürteln oder quer über die Sättel gelegt. An Seitenwaffen waren sie mit Schwertern und Keulen ausgerüstet, und jeder Mann trug auf dem Rücken einen runden Holzschild.
    «Keiner rührt sich.»
    Hero tastete unter seinem Gewand herum, ohne den Blick von den Seldschuken zu lösen. Er fand den Schutzbrief und hielt ihn in die Höhe. «Von Emir Suleiman», rief er auf Arabisch. «Seht, sein
tughra

    Wie Öl, das sich auf Wasser trennt, hatten die Seldschuken zwei Kolonnen gebildet. Einige stiegen von ihren elegant tänzelnden Pferden und kamen näher. Breite, glatte Gesichter, auf denen Ruß und Wollfett glänzten. Lebhafte, achatgrüne Augen. Sie trugen gesteppte Wickelmäntel, deren Seitennähte unterhalb der Taille offen waren, Filzhosen, die sie in ihre hohen Stiefel gesteckt hatten, und kegelförmige Hüte mit Pelzrand. Einige hatte sich gegen die Kälte in Schafsfelle gewickelt.
    Einer nahm Hero das Dokument aus der Hand und reichte es einem Offizier, der einen Wappenrock aus Seide trug. Er konnte kaum älter sein als zwanzig, und sein Gesicht glänzte wie ein Apfel. Nachdem er das Siegel gemustert hatte, hielt er es seinen Männern zu Beurteilung hin.
    Sie kamen überein, dass es sich um Suleimans
tughra
handelte, und sein Name wurde von einem zum anderen weitergegeben.
    Der junge Seldschuken-Hauptmann wandte sich in seiner gutturalen Sprache an Hero.
    «Ich verstehe Euch nicht», sagte Hero. «Spricht einer von Euren Leuten arabisch?»
    Der Hauptmann rief einen Reiter mit dunklerer Haut und schärferer Nase, als seine Kameraden sie besaßen, zu sich. Der Mann ritt auf Hero zu. «Was wollt Ihr von Seiner Exzellenz?»
    Hero dankte ihm im Stillen für die «Exzellenz». Seine Wortwahl bedeutete, dass diese Seldschuken in den Diensten des Emirs standen. «Wir sind auf dem Weg zum Hauptquartier, um einen Soldaten freizukaufen, der bei Manzikert gefangen genommen wurde.»
    Das war ein Name, den sie erkannten. Grinsend schubsten sie sich an, während der Arabischsprecher für seinen Hauptmann übersetzte. Dann wandte er sich wieder an Hero. «Was habt Ihr als Auslösung mitgebracht?»
    Wayland hielt den Falkenkäfig vor sich im Sattel. Hero deutete darauf.
«Shaheen»
, sagte er. «Edelfalke.» Er kannte das arabische Wort für Gerfalke nicht.
    Der Seldschuken-Hauptmann zog sein Schwert und hob mit der Spitze das Tuch von dem Käfig. Der erschreckte Falke begann mit den Flügeln zu schlagen, und der Hauptmann zuckte zurück. Seine Männer lachten. Der Hauptmann lachte ebenfalls, bevor er das Tier genauer in Augenschein nahm.
«Sonqur»
, erklärte er seinen Männern.
«Chagan sonqur.»
    Er taxierte die Reisenden erneut, sah die Frauen nur flüchtig an, dann blieb sein Blick an Vallon hängen. Er nahm den juwelenbesetzten Schwertknauf zur Kenntnis, sah Vallon in die Augen und neigte kaum merklich das Kinn. Vallon nickte zurück. Auf ein scharfes Kommando hin nahmen die Seldschuken um die Gefangenen herum Aufstellung. Ein weiterer Befehl, und sie ritten los. Zwei der Reitersoldaten galoppierten über den Gebirgssattel voran, um die Nachricht von ihrer Gefangennahme zu überbringen.
    Die Seldschuken ritten ohne Pause, und sie ritten immer noch, als es schon lange dunkel geworden war und ihre Gefangenen vor Müdigkeit im Sattel zusammensackten. Es begann zu schneien. Vallon fragte sich schon, ob sie blind durch die Nacht reiten sollten, als irgendwo vor ihnen ein Hund zu bellen anfing und ein Mann einen Gruß rief. Die Seldschuken hatten ein Nomadenlager gefunden. Der Hauptmann befahl den Gefangenen abzusteigen. Während seine Männer ihre Pferde wegführten, führte er sie in ein geräumiges Wollzelt. Taumelnd vor Kälte und Erschöpfung zogen sie ihr Schuhwerk aus und ließen sich ums Lagerfeuer nieder.
    Im Hintergrund liefen

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