Der Thron der Welt
in den Fackelkreis und verfolgten aufmerksam, was Faruq tat. Er brach eine Kappe von dem Zylinder ab und zog den Inhalt heraus. Dann verlangte er, dass die Fackeln noch dichter um ihn herumgehalten wurden, und entrollte ein winziges Stück Tuch. Aus der Art, wie sich seine Lippen bewegten, konnte man schließen, dass etwas darauf geschrieben stand. Dann atmete Faruq heftig ein, sammelte sich mit sichtlicher Mühe und trat neben das Pferd des Emirs. Suleiman beugte sich so weit herunter, dass Faruq ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. Was er sagte, brachte den Emir dazu, sich jäh wiederaufzurichten. Sein Blick wanderte durch die Dunkelheit. Dann sah er Wayland an. Er drückte seinem Pferd die Schenkel in die Flanken, ritt auf ihn zu und zerzauste Wayland das Haar. Anschließend warf er den Kopf zurück und lachte.
Die Seldschuken waren ebenso fassungslos wie Wayland. Schulterzuckend und mit ausgebreiteten Händen demonstrierten sie sich gegenseitig ihre Ratlosigkeit.
«Was ist denn jetzt passiert?», fragte Drogo.
«Ein Wunder, wenn du’s genau wissen willst», sagte Vallon.
Suleiman zog sich den Köcher von der Schulter und verteilte den Inhalt an seine Männer. Bei jedem Pfeil, den er überreichte, deutete er in eine andere Richtung. Einer nach dem anderen galoppierten die Seldschuken strahlenförmig in die Nacht hinaus, als würde jeder einem anderen Strahl des Kompasssterns folgen. Als der Letzte losgeritten war, grinste der Emir Wayland an, schüttelte in ungläubigem Staunen den Kopf und ließ seinen Hengst wenden. Die übrigen Reiter bildeten eine Eskorte um ihn, und dann sprengten sie so schnell davon, dass ihre Pferde mit den Hufen kleine Steinchen emporschleuderten.
LI
H ero sah zu, wie die Fackeln in der Dunkelheit verschwanden. «Was haben die Pfeile zu bedeuten?»
«Suleiman ruft seine Armee zusammen», sagte Vallon. «Er macht wohl für einen Feldzug mobil.»
«Diese Aussicht scheint ihm nicht zu missfallen. Er war dermaßen begeistert von der Nachricht, dass ihm nicht einmal Walters Fehlen aufgefallen ist.»
«Was ist mit ihm?», wollte Drogo wissen. «Wo ist er?»
«Ihr zwei geht vor», befahl Vallon. Dann wartete er, bis Hero und Wayland verschwunden waren. «Walter ist tot. Er ist vom Weg abgekommen und in ein Sumpfloch gefallen. Wir konnten ihn nicht herausziehen, das Gewicht seiner Rüstung hat ihn unter die Oberfläche gezogen.»
Drogo warf einen Blick zurück auf das Marschland. Als er wieder Vallon ansah, lächelte er. «Wayland.»
Vallons Augen verengten sich. «Also wusstest du es, oder?»
«Ich habe es an dem Tag herausgefunden, an dem du aus der Burg geflohen bist. Er hat meine Männer in den Wald geführt und Drax und Roussel getötet. Die beiden waren auch an dem Überfall auf Waylands Familie beteiligt.»
«Du kannst dich glücklich schätzen, dass du nicht selbst an diesem Verbrechen beteiligt warst.»
«Die Familie niederzumachen war kein Verbrechen. Ich hätte sie auch getötet, genau wie ich Wayland getötet hätte, wenn ich es gewesen wäre, der ihn im Wald gefunden hätte.»
«Du hast wohl auf alles eine Antwort.»
Vallon lenkte sein Pferd in den Wind und zog seinen Umhang zurecht, sodass sein Gesicht vor der Kälte geschützt war. Trockenes Geäst wurde quer über seinen Weg getrieben. Die ganze Hochebene schien in Bewegung zu sein. Über ihm am Himmel bildeten die Sterne phosphoreszierende Wirbel und Kolonien.
Drogo schloss zu ihm auf. «Merkwürdig, oder? Walter tötet Waylands Familie, und dann adoptiert er ihn als Schoßhündchen. Er hat ihn wirklich gemocht. Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen, als Wayland Walter gesagt hat, wer er ist. Für diesen Gesichtsausdruck hätte ich alles gegeben.»
Vallon trieb sein Pferd an.
Drogo lachte. «Der ganze lange Weg, um einen Mann zu retten, der keine Rettung nötig hatte, und dann stellt sich auch noch heraus, dass Wayland nur mitgekommen ist, weil er auf eine Gelegenheit gehofft hat, Walter zu ermorden.»
Vallon riss sein Schwert aus der Scheide und hielt Drogo die Spitze an die Kehle. «Es war ein Unglück. Sag etwas anderes, und ich bringe dich um.»
«Reg dich nicht auf. Unglück oder Mord, Walter ist tot, und ich habe, was ich wollte.»
«Hast du das?»
«Jetzt steht nichts mehr zwischen mir und meinem Erbe. Mein Vater ist krank. Ich rechne nicht damit, ihn noch lebend vorzufinden, wenn ich nach England zurückkehre.»
«Bis dahin kann eine Menge passieren.»
Sie trabten weiter. Das Zeltlager des Emirs
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