Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
bis Fuß. »Eure Garderobenwahl ist ein wenig unorthodox, Majestät.«
»Meine Garderobenwahl geht Euch nichts an, werter …«
»Baron Trumbul, Hoheit. Majestät werden zu Hause auf Schloss Essendon gebraucht. Großherzog Percy Braga hat uns ausgesandt, Euch zu suchen und dorthin zurück zu eskortieren. Angesichts der jüngsten Ereignisse war er besorgt um Euch.«
»Ich war ohnehin auf dem Weg dorthin. Ihr könnt also dem Großherzog und mir den Gefallen tun, mich zu begleiten.«
»Ausgezeichnet, Majestät. Reist Ihr allein?« Trumbul sah zu den anderen hinüber, die noch immer am Tisch saßen.
»Nein«, erwiderte Alric. »Dieser Mönch ist mit mir unterwegs und wird auch mit nach Medford reiten. Myron, verabschiede dich von diesen netten Herren und komm mit.« Myron erhob sich und winkte Royce und Hadrian lächelnd zu.
»Das ist alles? Nur der eine?«
»Ja, nur der eine.«
»Seid Ihr sicher? Es hieß, Ihr wärt von zwei Männern verschleppt worden.«
»Mein lieber Baron«, erwiderte Alric streng. »Ich denke doch, an so etwas würde ich mich erinnern. Und das nächste Mal, da Ihr an den Worten Eures Königs zweifelt, könnte Euer letztes sein. Es ist Euer Glück, dass ich guter Laune bin, da ich gerade gegessen habe und meine Müdigkeit mich daran hindert, ernsthaft wütend zu werden. Gebt dem Gastwirt einen Goldtaler für meine Mahlzeit und als Entschädigung für Euer ruppiges Auftreten.«
Einen Moment lang rührte sich niemand, dann sagte der Baron: »Gewiss, Majestät. Verzeiht mein unangemessenes Handeln.« Er nickte einem Soldaten zu, der eine Münze aus seinem Beutel nahm und sie Hall hinschnippte. »Sollen wir aufbrechen, Majestät?«
»Ja«, sagte Alric. »Ich hoffe, Ihr habt eine Kutsche für mich. Ich bin genug geritten und würde auf dem restlichen Weg gern schlafen.«
»Leider nicht, Majestät. Wir können in der nächsten Ortschaft eine requirieren. Und hoffentlich auch ein paar angemessenere Kleidungsstücke für Euch.«
»Dann muss ich mich wohl damit begnügen.«
Alric, Myron und die Soldaten verließen das Wirtshaus. Es entspann sich eine kurze, nur teilweise zur offenen Tür hereindringende Diskussion, als die Pferde zugeteilt wurden. Dann entfernten sich Hufschläge in die nächtliche Dunkelheit.
»Das war Prinz Alric Essendon?«, fragte Hall; er kam an ihren Tisch und versuchte, durchs Fenster etwas zu erkennen. Weder Royce noch Hadrian antworteten.
Als Hall wieder an den Schanktisch gegangen war, fragte Hadrian: »Meinst du, wir sollten ihnen folgen?«
»Oh, fang gar nicht erst damit an. Wir haben unsere gute Tat für diesen Monat schon getan – zwei sogar, wenn man DeWitt mitzählt. Ich möchte einfach nur hier sitzen und mich ausruhen.«
Hadrian nickte und leerte seinen Bierkrug. Dann starrte er stumm aus dem Fenster und trommelte rastlos mit den Fingern auf dem Tisch.
»Was?«
»Hast du zufällig darauf geachtet, was für Waffen diese Soldaten trugen?«
»Warum?«, fragte Royce irritiert.
»Nun ja, sie trugen Tiliner Rapiere statt der Falchionschwerter, die die Standardbewaffnung der Königlichen Garde von Medford sind. Die Rapiere hatten Heftzapfen aus Stahl statt aus Eisen und neutrale Knäufe. Entweder hat die königliche Waffenkammer aufgerüstet, oder aber diese Männer sind gedungene Söldner, am ehesten wohl aus dem östlichen Warric. Nicht gerade die Sorte Männer, die man für einen Trupp verwenden würde, dessen Aufgabe es ist, einen verschwundenen Prinzen zu suchen. Außerdem war Trumbul, wenn ich nicht irre, der Name des Mannes, der Gwen am Vorabend der Mordnacht in der DORNIGEN ROSE aufgefallen ist.«
»Siehst du«, sagte Royce unwirsch, »das ist das Problem an deinen guten Taten: Sie hören nie auf.«
***
Der Mond ging gerade auf, als Arista den Dolch auf ihre Fensterbank legte. Es würde zwar noch eine Weile dauern, bis das Mondlicht direkt darauf fiel, doch ansonsten waren alle Vorbereitungen abgeschlossen. Den ganzen Tag hatte sie an dem Zauber gearbeitet. Am Morgen hatte sie sich ausder Küche und dem Garten Kräuter beschafft. Eine Alraunwurzel von genau der richtigen Größe zu finden hatte fast zwei Stunden gedauert. Das Schwierigste aber war gewesen, in die Aufbahrungshalle hinunterzuschleichen und ihrem Vater eine Haarlocke abzuschneiden. Am Abend dann hatte sie das Gemisch in ihrem Mörser zerstoßen und dabei die Zauberformeln gemurmelt, die nötig waren, damit sich die Elemente verbanden. Das so erzeugte feine Pulver hatte sie auf die
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