Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)
Computer mit allen Freigaben der Kriecher darin.« Shan atmete erleichtert auf. Er war sich nicht sicher gewesen, ob Sansan genug Zeit gehabt hatte, aus den Schatten der Arrestzelle zu huschen und die Computer auszutauschen, nachdem er Liang in das vordere Büro gelockt hatte.
»Sie sagt, wir müssen ihn in zwei oder drei Tagen zerstören, aber bis dahin …«
Shan hörte den Rest des Satzes nicht mehr, denn Sansan hatte dabei auf den Pfad gezeigt, der zur Straße führte. Er rannte zwischen den Felsen hindurch und hinaus auf den offenen Hang. Meng war bereits bei ihrem Wagen. Sie bemerkte Shan, hielt inne, und für einen langen Moment sahen sie einander wortlos an. Dann stieg sie ein und fuhr weg.
EPILOG
Die lange Staubfahne schimmerte silbern im Mondlicht, eine Wolke, die sie immer weiter voranzutreiben schien, tiefer hinein in das neue Land. Shan und Lokesh standen auf dem Gebirgskamm und schauten zu, wie die drei schweren Lastwagen, die ihnen gefolgt waren, den steilen unbefestigten Pfad unter ihnen erklommen. Jigten und der Clanälteste Rapeche hatten wie Kundschafter auf der Ladefläche von Shans Pick-up gestanden und sie stundenlang durch die riesige Graslandschaft geführt. Ihre nächtliche Fahrt wurde nur vom trüben Schein des Standlichts beleuchtet – und von tragbaren Laternen, wenn sie anhalten und Felsbrocken aus dem Weg räumen mussten.
Als Jigten einen leisen Pfiff ausstieß, drehten Shan und Lokesh sich um und stiegen wieder in den Pick-up. Jigten und der alte Hirte bestanden nun darauf, die müde Kolonne zu Fuß anzuführen, und geleiteten die Fahrzeuge über einen schmalen Pfad zwischen hohen, dünnen Steinformationen hindurch, die im Dunkeln wie gespenstische Wächter drohend über ihnen aufragten. Eine halbe Stunde später hielten sie an, weil Jigten und der alte Mann sich aufgeregt berieten. Rapeche sank auf ein Knie, pflückte etwas von dem Gras zu seinen Füßen und kaute darauf. Dann kostete er auf gleiche Weise von der Erde. Als der Clanälteste sich umdrehte, war sein Gesicht voller Freude. Er schien einen längst verloren geglaubten Freund wiedergefunden zu haben.
Als Rapeche verkündet hatte, Shan habe ein Wunder vollbracht, hatte Shan den alten Mann sogleich korrigiert und betont, der Zauber sei einzig und allein von der jungen Chinesin ausgegangen. Dann hatte er erläutert, dass Sansan den Computer der Öffentlichen Sicherheit benutzt hatte, um die Regierung hinters Licht zu führen. Rapeche hatte ihm geduldig zugehört und dann noch einmal bekräftigt, Shan habe ein Wunder vollbracht. Nicht einmal Shan und Yuan hatten Sansans Enthusiasmus nachvollziehen können, als die junge Frau ihnen zum ersten Mal zu erklären versuchte, welche Möglichkeiten Liangs Computer ihnen eröffnete. Doch nach einigen Stunden am Esstisch, während derer sie diverse Programme auf dem kleinen Gerät ausführten und lernten, wie die Insassen der dropka -Lager verwaltet und zugewiesen wurden, hatten sie die Begeisterung allmählich geteilt. Als dann Jigten von einer unverhofften und freudigen Wiedervereinigung Rapeches und seiner Enkelin berichtete, hatten sie den Clanältesten in Yuans Haus eingeladen und den Großteil der Nacht damit zugebracht, Landkarten zu studieren und einen Plan auszuarbeiten. Bei Tagesanbruch hatten sie Lung und die Jadekrähen aufgesucht.
Nun, vier Tage später, konnte Shan immer noch kaum fassen, was für ein kühnes Unterfangen sie gewagt hatten. Der Verwalter im Lager des Reinen Wassers hatte damit gerechnet, dass seine Insassen umgesiedelt werden würden, und obwohl es früher als gedacht dazu kam, hatte Shan die Erleichterung auf seinem Gesicht gesehen, als die Lastwagen mit seinen aufsässigen Schützlingen beladen wurden. Sansan hatte einfach die Verlegungspläne, Fahrzeugdaten und Zielorte geändert. Auf Drängen ihres Vaters hatte sie das Ziel des Clans im System sogar mehrfach variiert; der letzte Bestimmungsort verwies dann wieder auf den ersten, so dass die Daten sich in einer Endlosschleife immer neuer Verlegungen um sichselbst drehten. Die Verwaltung der Umsiedlungs- und Internierungsprogramme war für ihre Ineffizienz berüchtigt. Niemand hatte Zeit, die Daten wieder zu entwirren, und falls jemand es versuchte, würde er weder das tatsächliche Ziel der vermissten Hirten finden noch die Lastwagen, mit denen sie transportiert worden waren.
Shan und Lokesh stiegen nun aus und gesellten sich zu Jigten und dem Clanältesten. Sie standen auf einer Freifläche, die
Weitere Kostenlose Bücher