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Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)

Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)

Titel: Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Riemann
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Wörter, die der Schüler richtig geschrieben hat. Das ist Erziehung durch Lob, Glaube an das Potenzial des Kindes und Ermutigung: Du kannst es schaffen. Der Saturn/Steinbock-Lehrer, idealtypisch gesehen, unterstreicht die falsch geschriebenen Wörter, hebt die Fehler hervor. Er ist ein gnadenloser, unbestechlicher, sachlicher Kritiker. Ihn interessiert nicht, was sein sollte, könnte, was man sich wünscht, sondern nur, was ist.
    Saturn ist der Planet der Hoffnungslosigkeit, im positiven wie im negativen Sinne. Positiv, weil Hoffnung immer auch eine Falle ist, weil sie einen weg aus dem Hier und Jetzt holt, weil sie sich auf etwas bezieht, was nicht oder noch nicht ist. Negativ, weil sie auch lebensfeindlich sein kann. Es hat ja doch keinen Sinn … Um mit Goethe zu sprechen: Saturn ist der Geist, der stets verneint. Saturn in sich zu erlösen und ihn sich zum Freund zu machen ist härteste Arbeit und bedeutet immer auch eine Kränkung unseres Egos.
    Saturn hat diese Bedeutung auch deshalb, weil er innerhalb des Planetensystems der letzte sichtbare Planet ist und damit der Hüter der Schwelle. Manchmal spricht man in diesem Zusammenhang auch vom Januskopf mit den zwei Gesichtern, einem grimmigen und einem freundlichen, heiteren, erlösten. Das ist die Schwellensituation: diesseits der Schwelle die harte, irdische Wirklichkeit, jenseits das Reich der Freiheit und Leichtigkeit, erlöst von der Raum-Zeit-Dimension. Saturn ist der einzige Planet, bei dessen Symbol das Kreuz, das das Eingebundensein in Zeit und Raum, in die Gesetze der materiellen Welt darstellt, an oberster Stelle steht. Unter dem Kreuz ist der Halbkreis, der für das Seelische, das Fließende steht und der hier, wie Oskar Adler es ausdrückt, von den Gesetzen der materiellen Welt unterdrückt und geknechtet wird.
    Saturn verkörpert das Grenzsetzende in jeder Hinsicht. Dort, wo Saturn im Horoskop wirkt – das ist bei jedem von uns unterschiedlich -, kommen wir mit schmerzhaften Grenzerfahrungen in Berührung. Wir erreichen einfach nicht alles, was wir wollen, da helfen auch keine Wochenendseminare über positives Denken. Wir haben es mit dem Schicksal zu tun, machen Erfahrungen, die uns mit dem konfrontieren, was wir nicht ändern können, weil es nicht in unserer Macht liegt. Solche Schicksalserfahrungen können uns reifen lassen. Das Annehmen des Schicksals kann uns zu heiteren Weisen werden lassen, es kann aber auch ein Gefühl der Demütigung auslösen, und dann fühlen wir uns wie die Stiefkinder Gottes, Pechvögel, Verlierer.
    Ein schöner Satz lautet: »Du wirst Saturn nur los, indem du ihn annimmst.« Mit anderen Worten: Wenn du dich mit deiner individuellen Begrenztheit und Unvollkommenheit aussöhnst, auch mit den Schattenseiten deines Wesens, die du nicht gerne siehst, die dir peinlich sind, hast du gewonnen; wenn du sagst: Das bin ich auch. Die Chassidim sagen: »Um deinetwillen wurde die Welt erschaffen« und »Du bist nur Staub und Asche«. Das schmerzliche Bewusstsein der eigenen Begrenztheit, in welcher Form auch immer, ist es, was Saturn uns zeigt, und im besten Fall kann man durch seine Lektion im positiven Sinne demütig und klar werden.
    In der Psychoanalyse ist die saturnische Entsprechung das Über-Ich, also jene Instanz, bei der es um Normen geht, den strengen inneren Richter. Jupiter ist das Ideal-Ich mit dem Motto »Du sollst«. Das entsprechende Motto Saturns ist: »Du musst« bzw. »Du darfst nicht«.
    Es ist noch interessant zu erwähnen, dass der Name Saturn verwandt ist mit dem hebräischen Wort Saton, »der Verhinderte«, von dem wiederum das Wort Satan stammt. Im übertragenen Sinne könnte das bedeuten: Das, was nicht leben darf, was du »verhinderst«, wird böse. Damit wären wir wieder bei der Schattenseite des Prinzips, den verschlungenen Kindern, und bei einer sehr interessanten Sichtweise des Bösen. Ich erinnere an die dreizehnte Fee, die in dem Märchen Dornröschen verhindert werden sollte: Sie durfte nicht mitleben, nicht mitfeiern, nicht mitessen und wurde deswegen zur bösen, Unheil bringenden Fee. Alles, was wir in uns verhindern wollen, nicht mitleben lassen, welche Seite unseres Wesens auch immer, läuft Gefahr, dadurch böse zu werden. Alles Böse kommt von einem abgespaltenen Archetyp, sagen die Jungianer. Anders ausgedrückt: Was du nicht lebst, lässt dich nicht leben.

Blei
    Für jeden Planeten gibt es eine Zuordnung im Reich der Metalle. Bei Sonne bzw. Löwe ist es das Gold, bei Mond bzw. Krebs das

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