Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tierarzt kommt

Der Tierarzt kommt

Titel: Der Tierarzt kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
Vom Netzwerk:
meine Schuld – alles, was du willst –, wenn ich sie nur nicht sehen muß.«
    Es war nicht Mrs. Westerman, sondern eine gutgewachsene Blondine, ziemlich wütend.
    »Wo ist Tristan?« fauchte sie.
    »Äh... er ist... äh...«
    »Ich weiß, daß er da drin ist!« Als sie an mir vorbeifegte, bemerkte ich einen Ölflecken an ihrer Wange und ihr arg zerzaustes Haar. Ich folgte ihr in das Wohnzimmer, wo sie auf meinen Freund losging.
    »Schau dir die Strümpfe an!« schrie sie los. »Sie sind völlig ruiniert!«
    Tristan warf einen nervösen Blick auf die wohlgeformten Beine. »Tut mir leid, Lydia. Ich kauf dir ein Paar neue. Ehrenwort, mein Schatz.«
    »Das will ich dir auch geraten haben, du Lümmel!« erwiderte sie. »Und ich bin nicht dein ›Schatz‹. Was bildest du dir eigentlich ein?«
    »Es war ein Mißverständnis. Laß es mich dir erklären...« Tristan versuchte, tapfer zu lächeln, aber es half nichts.
    »Bleib mir vom Leibe«, sagte sie abweisend. »Für einen Abend hat es mir gereicht.«
    Sie stob hinaus und Tristan stützte sich mit der Stirn an den Kaminsims. »Das Ende einer schönen Freundschaft, Jim.« Dann richtete er sich auf. »Wir müssen den Hund finden. Komm.«
    Wir gingen jeder in eine andere Richtung. Die Nacht war mondlos und finster, und wir suchten einen pechschwarzen Hund. Wir wußten wohl beide, wie hoffnungslos es war.
    In einer kleinen Stadt wie Darrowby ist man bald auf den Landstraßen, wo es kein Licht gibt, und als ich über die Felder stolperte, kam ich mir ziemlich blöd vor.
    Gelegentlich hörte ich Tristan verzweifelt rufen: »Haamiish! Haamiish! Haamiish!«
    Nach einer halben Stunde trafen wir uns wieder in Skeldale House. Tristan blickte mir entgegen, und als ich den Kopf schüttelte, schien er ganz in sich zusammenzusinken. Und er rang nach Luft. Offensichtlich war er gerannt.
    Im gleichen Augenblick klingelte es wieder an der Tür.
    Alle Farbe verließ Tristans Gesicht, und er packte mich am Arm. »Das muß Mrs. Westerman sein. Allmächtiger Gott!«
    Aber es war nicht Mrs. Westerman, sondern noch einmal Lydia. Sie ging auf das Sofa zu, griff unter das Polster und nahm ihre Handtasche heraus. Sie sagte kein Wort und warf nur Tristan einen vielsagenden Blick zu, bevor sie hinausging.
    »Welch ein Abend!« stöhnte er und faßte sich an den Kopf. »Ich halte es nicht mehr aus.«
    In der nächsten Stunde unternahmen wir unzählige Suchaktionen, aber wir fanden Hamish nicht, und auch niemand sonst schien ihn gesehen zu haben. Tristan hatte sich in den Sessel sinken lassen, und er schien völlig erschöpft zu sein. Wir schüttelten beide die Köpfe, und dann klingelte das Telefon.
    Ich nahm den Hörer ab, und kurz darauf sagte ich: »Tris, ich muß noch mal weg. Das alte Pony von Mr. Drew hat wieder einmal eine Kolik.«
    Er hob flehend die Hände. »Jim, du läßt mich doch nicht allein?«
    »Ich muß, leider. Aber ich bleibe nicht lange weg.«
    »Und wenn Mrs. Westerman nun kommt?«
    Ich zuckte die Schultern. »Du wirst dich halt entschuldigen müssen. Hamish taucht bestimmt wieder auf – wahrscheinlich schon morgen früh.«
    »Du hast gut reden...« Er faßte sich an den Kragen. »Und dann – wenn Siegfried nun kommt und sich nach dem Hund erkundigt. Was soll ich ihm da sagen?«
    »Ach, da würde ich mir keine Sorgen machen«, erwiderte ich leichthin. »Sag ihm einfach, du seist zu sehr mit der Kellnerin vom Drovers’ beschäftigt gewesen. Er hat bestimmt Verständnis.«
    Aber mein Scherz kam nicht an. »Jim, ich glaube, ich habe es dir schon einmal gesagt, aber du hast zuweilen was Hundsgemeines an dir.«
    Das Pony war fast wieder gesund, als ich bei Mr. Drew ankam, aber ich gab ihm noch eine milde Beruhigungsspritze, bevor ich mich wieder auf den Heimweg machte. Auf der Rückfahrt kam mir ein Gedanke, und ich machte einen kleinen Umweg, an den modernen kleinen Häusern vorbei, wo Mrs. Westerman wohnte. Ich parkte den Wagen und ging auf das Haus Nummer zehn zu.
    Und da lag Hamish auf der Veranda, behaglich zusammengerollt auf der Fußmatte, und schaute mich überrascht an, als ich mich über ihn beugte.
    »Da warst du also, Freundchen«, sagte ich. »Du warst intelligenter als wir. Warum sind wir nicht gleich darauf gekommen?«
    Ich setzte ihn neben mich in den Wagen, und als wir abfuhren, stützte er sich mit den Pfoten auf das Armaturenbrett und schaute interessiert auf die Straße.
    Vor Skeldale House nahm ich ihn unter den Arm und wollte gerade eintreten, als mir noch

Weitere Kostenlose Bücher