Der Tierarzt kommt
ist nichts Schlimmes, aber sein Ohr ist sehr geschwollen und tut ihm weh. Es könnte doch nicht etwa... Krebs sein?« Einen kurzen Augenblick lang wurde ihr Blick unsicher.
»Ach, das ist sehr unwahrscheinlich.« Ich schaute mir das linke Ohr an. Es war deutlich zu sehen, daß es ihm weh tat.
Ich hob das Ohr behutsam an und berührte die Geschwulst sacht mit den Fingern. Hamish winselte.
»Ja, ich weiß, alter Freund. Es tut weh, nicht wahr?« Als ich mich wieder Mrs. Westerman zuwandte, stieß ich fast mit ihrem ergrauten Haupt zusammen, das sie über ihren Schützling gebeugt hielt.
»Er hat ein Hämatom«, sagte ich.
»Was ist denn das?«
»Die kleinen Blutgefäße zwischen der Haut und dem Knorpel sind aufgesprungen, und das herausgeflossene Blut hat die Schwellung verursacht.«
»Und was verursacht das?«
»Gewöhnlich ein Wurm. Hat er in letzter Zeit oft den Kopf geschüttelt?«
»Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Wie wenn er etwas im Ohr hätte und es draußen haben wollte.«
»Sehen Sie, dadurch sind die Blutgefäße geplatzt.«
Sie nickte. »Und was können Sie tun?«
»Ich muß ihn leider operieren.«
»Ach, du meine Güte! Das gefällt mir gar nicht.«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich. »Ich muß ja nur das Blut herauslassen und das Ohr wieder zunähen. Wenn wir das nicht machen, bekommt er ein Blumenkohlohr, und das wäre doch schade, denn er ist ein hübscher kleiner Kerl.«
Und das meinte ich ehrlich. Hamish war ein stolzer, kräftiger und lebhafter kleiner Hund. Scotchterrier sind überhaupt attraktiv, und ich finde es schade, daß man heutzutage nur noch so wenige sieht.
Nach einigem Zögern war Mrs. Westerman einverstanden, und wir setzten das Datum für die Operation fest. Als sie ihn brachte, legte sie ihn mir in die Arme, streichelte seinen Kopf und blickte mich und Tristan streng an.
»Sie geben gut auf ihn acht, nicht wahr?« sagte sie, und ich fühlte mich wie ein Schuljunge, den man ermahnt hat, keine Dummheiten zu machen, und Tristan muß es ebenso gegangen sein, denn er atmete auf, als sie fort war.
»Donnerwetter, Jim«, stammelte er. »Mit der möchte ich mich nicht anlegen.«
Ich nickte. »Ja, und sie hängt sehr an dem Hund. Also, geben wir uns Mühe.«
Ich machte einen Einschnitt in die innere Haut. Zuerst schoß etwas Blut in die bereitgestellte Emailleschüssel, dann nahm ich die Blutklumpen heraus.
»Kein Wunder, daß es ihm weh getan hat«, sagte ich. »Er wird sich bedeutend besser fühlen, wenn er aufwacht.«
Ich füllte die Stelle zwischen Haut und Knorpel mit Sulfanilamid, und dann nähte ich zu.
Es war Mittagessenszeit, als Hamish aus der Narkose erwachte, und obgleich er noch ziemlich benommen war, sah man ihm an, daß er sich viel wohler fühlte. Mrs. Westerman wollte ihn gegen Abend abholen. Der kleine Hund rollte sich in seinem Körbchen zusammen und wartete mit stoischer Ruhe.
Um die Teestunde kam Siegfried noch einmal herein. »Ich muß für ein paar Stunden nach Brawton fahren«, sagte er zu Tristan. »Und ich möchte, daß du zu Hause bleibst und Mrs. Westerman ihren Hund übergibst, wenn sie kommt. Ich weiß nicht, wann das sein wird.« Er nahm sich einen Löffel Marmelade. »Du kannst auf den Patienten aufpassen und dabei ein bißchen studieren. Höchste Zeit, daß du mal einen Abend zu Hause bleibst.«
Tristan nickte. »Geht in Ordnung.« Aber ich sah ihm an, daß es ihm nicht gefiel.
Als Siegfried abgefahren war, kratzte Tristan sich am Kinn und blickte gedankenverloren durch die Glastür in den im Dämmerlicht liegenden Garten. »Ach Jim, es ist einfach zu dumm.«
»Was?«
»Lydia hat heute abend frei, und ich bin mit ihr verabredet.« Er pfiff ein paar Takte vor sich hin. »Es wäre doch schade, die Gelegenheit zu verpassen, wo die Chancen grade so günstig für mich stehen. Genau gesagt, sie frißt mir fast schon aus der Hand.«
Ich sah ihn erstaunt an. »Mein Gott, ich hätte gedacht, du hättest nach der letzten Nacht ein bißchen Ruhe nötig.«
»Ich doch nicht«, sagte er. »Ich bin schon wieder ganz fit. Schau, Jim«, fuhr er fort, »könntest du nicht hier bei dem Hund bleiben?«
Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Tris. Ich muß noch mal zu der Kuh von Ted Binns – und der wohnt oben in den Dales. Ich werde fast zwei Stunden weg sein.«
Er schwieg eine Weile, und dann hob er den Finger. »Ich glaube, ich habe die Lösung. Es ist ganz einfach. Ausgezeichnet sogar. Ich bringe Lydia hierher.«
»Was?
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