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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sagen.»
    Es klopfte an der Tür. Race stieß eine leise Verwünschung aus. Herein kamen Dr. Bessner und Cornelia.
    Sie war ganz durcheinander. «Oh, Colonel Race», rief sie, «Miss Bowers hat mir gerade die Sache mit Cousine Marie erzählt. Ich bin ganz furchtbar schockiert. Sie sagt, sie kann die Verantwortung nicht mehr allein auf sich nehmen, und ich muss das auch wissen, weil ich zur Familie gehöre. Ich habe das erst gar nicht glauben können, aber Dr. Bessner war einfach wunderbar.»
    «Nein, nein», wehrte der Arzt bescheiden ab.
    «Er war so nett und hat mir alles erklärt, wie manche Leute einfach nicht anders können. Er hatte kleptomanische Patienten in seiner Klinik. Und er hat mir erklärt, dass das oft an einer ganz tief sitzenden Neurose liegt.» Cornelia wiederholte alles voller Ehrfurcht. «Das ist ganz tief eingepflanzt in unserem Unterbewusstsein; manchmal ist es nur etwas ganz Kleines, das passiert ist, als man noch ein Kind war. Und er hat solche Leute geheilt, indem er sie dazu gebracht hat, zurückzudenken und sich zu erinnern, was das kleine Erlebnis war.»
    Cornelia hielt inne, holte tief Luft und erzählte weiter. «Aber ich mache mir entsetzliche Sorgen, dass das alles rauskommt. Das wäre einfach zu furchtbar dann in New York. Es würde in allen Revolverblättern stehen. Cousine Marie und Mutter und die ganze Familie – die würden sich nie mehr davon erholen.»
    Race seufzte. «Schon gut», sagte er. «Wir sind die Vertuscher vom Dienst.»
    «Wie bitte, Colonel Race?»
    «Was ich damit auszudrücken gedachte, ist, dass wir hier alles vertuschen außer Mord.»
    «Oh!» Cornelia faltete die Hände. «Dann bin ich aber erleichtert. Ich hatte mir solche Sorgen gemacht.»
    «Sie haben ein zu weiches Herz», sagte Dr. Bessner und tätschelte ihr wohlwollend die Schulter. Und zu den anderen: «Sie hat ein sehr empfindsames und schönes Wesen.»
    «O nein, das habe ich gar nicht. Sie sind zu freundlich.»
    Poirot murmelte: «Haben Sie Monsieur Ferguson schon wieder gesehen?»
    Cornelia wurde rot. «Nein – aber Cousine Marie hat von ihm erzählt.»
    «Scheint hochwohlgeboren zu sein, der junge Mann», sagte Dr. Bessner. «Ich muss gestehen, er sieht nicht danach aus. Seine Kleidung ist schrecklich. Er wirkt keine Sekunde wie ein Mann aus gutem Hause.»
    «Und was denken Sie, Mademoiselle?»
    «Ich glaube, er ist schlicht verrückt», sagte Cornelia.
    Poirot wandte sich an den Arzt. «Wie gehts denn Ihrem Patienten?»
    «Ach, er macht prächtige Fortschritte. Ich habe das gerade Fräulein de Bellefort gesagt. Stellen Sie sich vor, ich habe sie völlig verzweifelt vorgefunden. Nur weil der Bursche heute Nachmittag ein bisschen Temperatur hatte! Gibt es etwas Natürlicheres? Es ist eher erstaunlich, dass er jetzt kein hohes Fieber hat. Aber nein, der Bursche ist wie manche unserer Bauern; er hat eine fabelhafte Konstitution, eine Konstitution wie ein Ochse. Ich habe schon Ochsen mit tiefen Wunden gesehen, die haben sie kaum wahrgenommen. Genauso ist das mit unserem Mr. Doyle. Sein Puls ist stabil, seine Temperatur nur leicht erhöht. Ich konnte der jungen Dame die Angst wegscheuchen. Aber trotzdem, es ist doch albern, nicht wahr? In einem Moment schießt man auf jemanden, im nächsten wird man hysterisch, weil es ihm vielleicht nicht gut geht.»
    Cornelia sagte: «Sie liebt ihn eben wahnsinnig.»
    «Ach! Das ist doch unvernünftig. Wenn Sie einen Mann liebten, würden Sie dann auch versuchen ihn zu erschießen? Nein, Sie sind vernünftig.»
    «Ich mag sowieso nichts, was Krach macht», sagte sie.
    «Natürlich nicht. Sie sind ja auch sehr weiblich.»
    Race unterbrach die allseitigen Lobgesänge. «Da es Doyle gut geht, spricht nichts dagegen, dass ich mitkomme und unser Gespräch von heute Nachmittag zu Ende führe. Er wollte mir gerade von diesem Telegramm erzählen.»
    Dr. Bessners massiger Leib wackelte begeistert auf und ab. «Hohoho, das war komisch! Doyle hat mir davon erzählt. Es ging in dem Telegramm nur um Gemüse – Kartoffeln, Artischocken, Porree – Ach! Pardon?»
    Mit einem unterdrückten Ausruf hatte Race sich im Stuhl aufgesetzt. «Mein Gott», rief er. «Das ist es! Richetti!» Er sah um sich und in drei verständnislose Gesichter. «Ein neuer Geheimcode – wurde bei den Aufständen in Südafrika benutzt. Kartoffeln sind Maschinengewehre, Artischocken Sprengstoff – und so weiter. Von Archäologie versteht Richetti auch nicht mehr als ich! Er ist ein sehr gefährlicher

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