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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Agitator, ein Mann, der mehr als einmal getötet hat, und ich möchte schwören, er hat wieder getötet. Mrs. Doyle hat das Telegramm aus Versehen aufgemacht. Und wenn sie je erzählen würde, was drinstand, dann wäre für ihn Ende der Fahnenstange, das wusste er.»
    Er wandte sich an Poirot. «Habe ich Recht? Ist Richetti unser Mann?»
    «Er ist Ihr Mann», antwortete Poirot. «Ich fand immer, dass irgendetwas an ihm nicht stimmt. Er spielte seine rôle fast zu perfekt; er war ganz Archäologe, aber nicht genug Mensch.» Er setzte eine kleine Pause. «Aber Richetti hat Linnet Doyle nicht umgebracht. Eine Zeit lang wusste ich, wer die ‹erste Hälfte› des Mörders ist, wenn ich es so ausdrücken darf. Jetzt kenne ich auch die ‹zweite Hälfte›. Das Bild ist vollständig. Aber Sie werden verstehen, dass ich zwar weiß, was passiert sein muss, dass ich jedoch keinen Beweis dafür habe. Intellektuell ist der Fall durchaus befriedigend. Aber im Grunde ist er zutiefst unbefriedigend. Es gibt nur eine Hoffnung – ein Geständnis des Mörders.»
    Dr. Bessner zog skeptisch die Schultern hoch. «Ach! Aber das – es wäre ein Wunder.»
    «Ich glaube nicht. Nicht unter den Umständen.»
    Cornelia schrie auf. «Wer ist es denn? Wollen Sie es uns nicht sagen?»
    Poirot ließ seinen Blick ruhig über alle drei streifen. Den sarkastisch lächelnden Race, den immer noch skeptischen Dr. Bessner, Cornelia, deren Mund leicht offen stand und die ihn wissbegierig anstarrte. «Mais oui», sagte er schließlich. «Ich habe gern Publikum, das muss ich zugeben. Ich bin nämlich eitel. Ich bin aufgeblasen vor Einbildung. Ich sage gern: ‹Sehen Sie mal, wie schlau Hercule Poirot ist!›»
    Race rutschte auf seinem Stuhl hin und her. «Nun ja», fragte er sanft, «wie schlau ist Hercule Poirot denn nun?»
    Poirot schüttelte betrübt mehrmals den Kopf. «Zunächst einmal, ich war dumm – unglaublich dumm. Der Stolperstein war für mich die Pistole – Jacqueline de Belleforts Pistole. Warum wurde diese Pistole nicht am Tatort zurückgelassen? Der Mörder hatte doch deutlich die Absicht, Mademoiselle zu belasten. Warum nahm er sie dann dort weg? Ich war so dumm, dass ich auf alle möglichen fantastischen Gründe kam. Der wirkliche Grund war ganz einfach. Der Mörder nahm sie weg, weil er sie wegnehmen musste – weil er gar keine andere Wahl hatte.»

Neunundzwanzigstes Kapitel
     
    « S ie und ich, mein Freund», Poirot beugte sich Race hinüber, «wir haben unsere Ermittlungen mit einer vorgefassten Meinung begonnen. Wir meinten, das Verbrechen sei aus dem Moment heraus begangen worden, ohne jede vorherige Planung. Jemand wollte Linnet Doyle beiseite räumen und ergriff die Gelegenheit dazu in dem Augenblick beim Schopf, als das Verbrechen fast mit Sicherheit Jacqueline de Bellefort würde angelastet werden müssen. Daraus folgte, dass die fragliche Person die Szene zwischen Jacqueline und Simon Doyle mitbekommen hatte und in den Besitz der Pistole gekommen war, nachdem die anderen den Salon verlassen hatten.
    Aber, meine Freunde, wenn diese vorgefasste Meinung nun falsch war, dann veränderte sich das ganze Bild. Und sie war falsch! Dieses Verbrechen wurde nicht spontan, aus dem Moment heraus, begangen. Es war, ganz im Gegenteil, sehr sorgfältig geplant und genau zeitlich kalkuliert, in allen Einzelheiten vorher penibel ausgearbeitet, einschließlich des Betäubungsmittels in Hercule Poirots Weinflasche am fraglichen Abend!
    Aber ja, so war es! Man hat mir ein Schlafmittel gegeben, damit ich keine Möglichkeit hatte, das nächtliche Geschehen mitzuerleben. Ich hatte kurz daran gedacht, dass das so sein könnte. Ich trinke Wein; meine beiden Tischgenossen trinken Whisky beziehungsweise Mineralwasser. Nichts leichter als mir ein bisschen harmloses Narkotikum in die Flasche zu schmuggeln – die Flaschen stehen den ganzen Tag auf den Tischen. Aber ich verwarf den Gedanken. Es war ein heißer Tag gewesen; ich war außerordentlich müde; es war eigentlich nicht ungewöhnlich, dass ich ausnahmsweise fest schlief statt wie üblich nur leicht.
    Sie sehen, ich war noch immer im Bann der vorgefassten Meinung. Wenn mich jemand betäubt hätte, wäre Vorsatz im Spiel gewesen, es hätte bedeutet, dass das Verbrechen bereits vor halb acht, wenn das Abendessen serviert wird, beschlossen gewesen wäre; und das war (nach der Logik der vorgefassten Meinung) absurd.
    Der erste Schlag gegen die vorgefasste Meinung war, dass die Pistole aus dem Nil

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