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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Mutter in ihrer Heimat war, in South Carolina, hat mein Großvater mir Schießunterricht gegeben. Er gehörte zu der altmodischen Sorte, die an Waffen glaubt – vor allem da, wo es um die Ehre geht. Mein Vater auch; er hat sich als junger Mann noch duelliert. Er war ein guter Fechter. Er hat einmal einen Mann getötet. Da ging es um eine Frau. Sie sehen also, Monsieur Poirot», sie sah ihm fest in die Augen, «ich habe heißes Blut in den Adern! Dieses Ding habe ich gekauft, sowie das passiert war. Ich wollte einen von beiden umbringen – das Problem war nur, ich konnte mich nicht entscheiden, wen. Alle beide wäre auch nicht befriedigend gewesen. Wenn ich damit hätte rechnen können, dass Linnet Angst bekommt – aber sie ist ziemlich furchtlos. Die steht auch körperliche Auseinandersetzungen durch. Dann fiel mir ein, ich könnte ja – warten. Und das gefiel mir immer besser. Ich könnte es schließlich jederzeit tun. Es machte auch bestimmt mehr Spaß, zu warten und – weiter zu überlegen! Und dann kam mir diese Idee – ich fahre hinter ihnen her! Und kaum kommen sie an irgendeinem fernen Plätzchen an, als glückliches Paar, schon sehen sie mich! Und das funktioniert. Das hat Linnet böse getroffen – mehr als alles andere, was ich hätte machen können! Das geht ihr unter die Haut… Von da an habe ich angefangen, mich wohl zu fühlen. Sie kann nämlich nichts dagegen tun! Ich bin immer ausgesprochen nett und höflich! Kein Wort, das sie gegen mich verwenden könnten! Und das vergiftet ihr alles – alles.» Ihr Lachen hallte laut und hell nach.
    Poirot packte ihren Arm. «Seien Sie doch still! Still, sage ich.» Jacqueline sah ihn mit einem herausfordernden Lächeln an. «Bitte?»
    «Mademoiselle, ich bitte Sie inständig, lassen Sie, was Sie da tun.»
    «Sie meinen, ich soll die liebe Linnet in Ruhe lassen!»
    «Ich meine viel mehr. Lassen Sie nicht das Böse in Ihr Herz.»
    Sie sperrte den Mund auf und sah plötzlich bestürzt drein.
    Sehr ernst sprach Poirot weiter. «Denn – wenn Sie es einladen – dann kommt das Böse… Ja, ganz sicher kommt das Böse dann… Es kommt herein und nistet sich ein und nach einer Weile lässt es sich nicht mehr vertreiben.»
    Jacqueline starrte ihn aus unsicher flackernden Augen an. «Ich – weiß nicht –», fing sie an, und plötzlich schrie es aus ihr heraus: «Sie können mich nicht aufhalten.»
    «Nein», sagte Poirot, und es klang traurig, «ich kann Sie nicht aufhalten.»
    «Selbst wenn ich sie – umbringen wollte, Sie könnten mich nicht aufhalten.»
    «Nein, wenn Sie bereit sind, den Preis dafür zu zahlen, dann nicht.»
    Jacqueline de Bellefort lachte auf. «Oh, ich habe keine Angst vor dem Tod! Was habe ich denn noch, wofür ich leben könnte? Ich nehme an, Sie finden es ganz falsch, einen Menschen umzubringen, der einem wehgetan hat – auch wenn der Ihnen alles genommen hat, was Sie auf der Welt hatten.»
    Poirot antwortete fest: «Ja, Mademoiselle. Ich halte Töten für ein unentschuldbares Vergehen.»
    Wieder lachte Jacqueline. «Dann müssten Sie meinen gegenwärtigen Rachefeldzug ja zu schätzen wissen, denn solange der wirkt, muss ich ja nicht zur Pistole greifen… Ich fürchte allerdings – ja, manchmal fürchte ich – ich sehe rot – ich möchte ihr wehtun – ihr ein Messer in den Leib stoßen, ihr meine liebe kleine Pistole ganz dicht an den Kopf halten und dann – einfach abdrücken – oh!»
    Der Ausruf schreckte ihn auf. «Was ist denn los, Mademoiselle?»
    Sie drehte den Kopf und starrte ins Dunkel. «Jemand – da steht jemand. Jetzt ist er weg.»
    Hercule Poirot sah sich sorgfältig um. Die Umgebung schien menschenleer. «Außer uns scheint hier niemand zu sein, Mademoiselle.» Er stand auf. «Wie auch immer, ich habe gesagt, was ich sagen wollte. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.»
    Auch Jacqueline stand auf. Fast flehentlich fragte sie ihn: «Sie verstehen doch – dass ich nicht tun kann, worum Sie mich bitten?»
    Poirot schüttelte den Kopf. «Nein – denn Sie könnten sehr wohl! Man hat immer einen Entscheidungsspielraum! Ihre Freundin – hatte den auch, sie hätte nicht zugreifen müssen… Aber sie hat diese Chance vorbeigehen lassen. Und wenn man das tut, ist man den Folgen ausgeliefert, es gibt dann keine neue Chance.»
    «Keine neue Chance…», sagte Jacqueline. Einen Augenblick stand sie grübelnd da; dann hob sie trotzig den Kopf. «Gute Nacht, Monsieur Poirot.»
    Er schüttelte traurig den Kopf und stieg hinter

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