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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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planlos herum. «Ich sehe sie nirgends, Cousine Marie.»
    «Unfug!», sagte Miss Van Schuyler. «Sieh überall nach.» Das war ein Befehl, wie man ihn einem Hund gibt, und Cornelia gehorchte wie üblich wie ein Hündchen. Der stille Mr. Fanthorp stand vom Nebentisch auf, wo er gesessen hatte, um ihr zu helfen. Aber die Stola war nicht zu finden.
    Der Tag war so ungewöhnlich heiß und drückend gewesen, dass die meisten Leute sich nach dem Besuch des Tempels zurückgezogen hatten. Die Doyles dagegen spielten mit Pennington und Race an einem Ecktisch Bridge. Der einzige weitere Gast im Salon war Hercule Poirot, der an einem Tischchen neben der Tür saß und sich die Seele aus dem Leib gähnte.
    Miss Van Schuyler, eskortiert von Cornelia und Miss Bowers auf dem königlichen Rückmarsch Richtung Bett befindlich, machte neben seinem Stuhl Halt. Artig sprang er hoch und unterdrückte ein Gähnen von gargantuesken Ausmaßen.
    Miss Van Schuyler erklärte: «Ich habe erst jetzt erfahren, wer Sie sind, Monsieur Poirot. Ich darf Ihnen sagen, dass ich über meinen alten Freund Rufus Van Aldin von Ihnen gehört habe. Sie müssen mir gelegentlich von Ihren Fällen erzählen.»
    Poirot, dessen Augen trotz Übermüdung leise blitzten, verbeugte sich übertrieben tief. Miss Van Schuyler rauschte mit einem freundlich herablassenden Kopfnicken von dannen. Poirot gähnte noch einmal. Er fühlte sich schwer und albern vor lauter Müdigkeit und konnte die Augen kaum noch offen halten. Er sah hinüber zur Bridgerunde, die völlig in ihr Spiel vertieft war, und dann zum jungen Fanthorp, der in ein Buch versunken schien. Von ihnen abgesehen war der Salon leer.
    Er ging durch die Schwingtür hinaus auf das Deck. Jacqueline de Bellefort kam den Gang entlanggelaufen und stieß fast mit ihm zusammen.
    «Pardon, Mademoiselle.»
    «Sie sehen müde aus, Monsieur Poirot», sagte sie.
    Er gab es sofort zu: «Mais oui – ich bin völlig übermüdet. Ich kann kaum die Augen offen halten. Es war ein sehr schwüler, drückender Tag.»
    «Ja.» Sie schien darüber zu brüten. «Es war die Art Tag, an dem alles Mögliche – kaputtgeht! Zerbricht! An dem man einfach nicht mehr weiterkann…» Ihre Stimme war leise und gefühlsgeladen. Sie sah nicht zu ihm, sondern auf den Ufersand. Ihre Hände waren verkrampft, steif…
    Plötzlich löste sich die Spannung und sie sagte: «Gute Nacht, Monsieur Poirot.»
    «Gute Nacht, Mademoiselle.»
    Einen ganz kurzen Moment begegneten sich ihre Blicke.
    Als er am nächsten Tag darüber nachdachte, kam er zu dem Schluss, dass in ihrem Blick etwas Flehendes gelegen hatte. Er sollte sich später daran erinnern.
    Jetzt ging er zu seiner Kabine und sie zum Salon.
    Cornelia hatte Miss Van Schuylers diverse Wünsche und Schrullen befriedigt und kam mit Stickzeug zurück in den Salon. Sie war alles andere als müde. Sie fühlte sich im Gegenteil hellwach und leicht aufgeregt.
    Die vier saßen noch immer beim Bridge. Der stille Fanthorp las immer noch sein Buch. Cornelia nahm Platz und fing an zu sticken. Plötzlich schwang die Tür auf und Jacqueline de Bellefort kam herein. Vor der Tür blieb sie stehen, den Kopf in den Nacken geworfen. Dann drückte sie eine Klingel, schlenderte auf Cornelia zu und setzte sich.
    «An Land gewesen?», fragte sie.
    «Ja. Ich fand es einfach hinreißend im Mondschein.»
    Jacqueline nickte. «Ja, wunderbare Nacht… So richtig für Flitterwochen.» Ihr Blick wanderte zum Bridgetisch – und ruhte einen Moment lang auf Linnet Doyle.
    Der Kellner erschien auf das Klingeln hin. Jacqueline bestellte einen doppelten Gin. Während sie mit dem Kellner sprach, warf ihr Simon Doyle einen raschen Blick zu. Zwischen seinen Augenbrauen zeichnete sich ein feiner, ängstlicher Strich ab.
    Seine Frau sagte: «Simon, wir warten auf deine Ansage.»
    Jacqueline summte vor sich hin. Als der Gin kam, nahm sie das Glas, sagte: «Alsdann, auf das Verbrechen», trank es leer und bestellte dasselbe noch mal.
    Wieder sah Simon vom Bridgetisch herüber. Er war nicht mehr richtig bei der Sache. Sein Partner Pennington rief ihn zur Ordnung.
    Jacqueline fing wieder an zu summen, zuerst sehr leise, dann lauter: «Er war ihr Mann und er tat ihr weh … »
    «Tut mir Leid», sagte Simon zu Pennington. «War dumm von mir, Ihre Farbe nicht zurückzuspielen. So haben die anderen den Rubber gemacht.»
    Linnet stand auf. «Ich bin müde. Ich gehe wohl ins Bett.»
    «Wird Zeit für eine Runde Schlaf», sagte Colonel Race.
    «Ich

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