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Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seinen Augen nicht trauen zu können, als er das Hindernis identifizierte. Ein Blauwal versperrte den Weg. Das tonnenschwere Säugetier machte ein Weiterkommen unmöglich, und seine breite Schwanzflosse lag so, als hätte sie beinahe noch eine Hauswand eingerissen. Es spielte überhaupt keine Rolle, wo Suko den Rover abstellte. Sicher war das Fahrzeug nirgendwo.
    So gut wie möglich fuhr er den Wagen an den rechten Straßenrand und tauchte hinein in die heulende Hölle, denn der Orkan wehte noch immer die gewaltigen Gischtwolken gegen die Häuser. Suko kam sich vor wie unter einer nie endenden Dusche stehend. Links von ihm tobte das Meer, rechts sah er die Front der Häuser, die unter dem Orkan unwahrscheinlich gelitten hatten.
    Es gab kein Gebäude, das nicht beschädigt worden war. Als wäre eine Faust über die Dächer hinweggeweht, hatte der Wind Antennen abgerissen, wie Streichhölzer geknickt und dabei an manchen Stellen gleich ein halbes Dach mitgenommen.
    Er konnte sich vorstellen, daß es in Seabrake keinen elektrischen Strom mehr gab. In diesem Ort hockten die Menschen angsterfüllt zusammen, um auf das Ende des Sturms zu warten.
    Schräg vor ihm lag ein Haus, in dem die Fensternoch nicht aus den Offnungen geblasen worden waren. Er sah Licht hinter den Scheiben und erkannte, daß Kerzen brannten.
    Innerhalb des flackernden Scheins bewegten sich Gestalten. Wie ein Wohnhaus sah das Gebäude nicht aus, eher wie eine Kneipe, bei der das Außenschild fehlte. Es war dem Sturm zum Opfer gefallen. In einer Kneipe erfuhr man immer einiges. Suko schob sich geduckt an der Wand vorbei, sah, daß man ihm von innen zuwinkte. Die Tür wurde geöffnet. Zusammen mit einem Schwall Wind und Nässe stolperte Suko über die Schwelle.
    Zwei Männer hämmerten die Tür hinter ihm zu, während er sich gegen die Wand lehnte, erst einmal tief Luft holte und das Gischtwasser aus dem Gesicht wischte.
    Jemand reichte ihm einen Gin. Suko trank so gut wie keinen Alkohol, aber dieses Glas leerte er mit einem Zug, setzte es ab und nickte den Männern zu.
    Sie standen ihm gegenüber, nur zwei der Gäste waren sitzengeblieben.
    »Okay, Männer, ich habe mich durchgeschlagen.«
    »Etwa aus London?« fragte ein ungefähr dreißigjähriger Mann, der sich von den anderen gelöst hatte.
    »Ja.«
    »Von Scotland Yard?«
    »Auch das.«
    »Ein Chinese?« murmelte jemand im Hintergrund. »Das ist wirklich ein Ding!«
    »Haben Sie etwas gegen Chinesen?«
    Der Sprecher schwieg. Dafür trat der andere auf Suko zu und reichte ihm die Hand. Sein schmales Gesicht zeigte ein herzliches Lächeln. »Ich bin Reverend Castor und freue mich maßlos, daß Sie es geschafft haben, trotz dieser Hölle.«
    Suko grinste schief. »War ja versprochen.«
    »Trotzdem.«
    »Okay.« Der Inspektor zog seine nasse Parkajacke aus. »Kommen wir mal zur Sache.« Er hielt die Jacke in der Hand und schwang sie. »Ich weiß nicht genau, was hier vorgefallen ist, aber wir sind von einem Kollegen angerufen worden, der…«
    »Tot ist!« erklärte der Reverend und fiel Suko ins Wort.
    Der Inspektor legte die Jacke auf einen Stuhl. »Sagen Sie das noch mal, Mr. Castor. Tot…?«
    »Leider.«
    »Durch wen?«
    »Man hat ihn umgebracht mit Waffen, die man heute wohl nicht mehr trägt.«
    »Die Wikinger?«
    »Ja.«
    Die Männer schwiegen. Ihnen war unwohl zumute. Selbst der Wirt sagte kein Wort. Suko ging durch die Stille. Seine Füße hinterließen nasse Spuren auf den Holzbohlen. Er schaute gegen die Deckenbalken, nickte einige Male, atmete tief durch, schlug den Weg zur Theke ein und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
    »Daß diese Wikinger keine Einbildung sind, weiß ich auch. Wir haben sie erlebt, denn sie töteten das Ehepaar Braddock!«
    Suko hatte es nicht vermeiden können, die Gäste mit dieser Nachricht zu konfrontieren. Jeder sollte wissen, wie ernst die Lage war und daß hier kein Spiel aufgezogen wurde.
    »Beide?« flüsterte Jorge noch einmal.
    »Sicher.«
    »Und wie k… kamen sie um?« Der Mann hatte eine Gänsehaut bekommen. Fahrig wischte er über die Tischplatte.
    »Man hat die Frau mit einer Streitaxt getötet und den Mann aufgehängt. Es war furchtbar. Wir konnten die Leichen nicht mitnehmen und mußten sie im Haus lassen.«
    Der Reverend schnippte mit den Fingern. »Entschuldigen Sie, Mister…«
    »Ich heiße Suko und bin Inspektor.«
    »Okay, Suko, aber wo ist Ihr Kollege Sinclair. Man hatte mir zugesichert, daß auch er käme…«
    »Sicher, aber er hatte…«

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