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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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oder?
    Da ich mich bedeckt hielt, setzte Crookshank nach.
    – Dass man Otto Hahn beispielsweise die Kernspaltung öffentlich machen ließ, hatte doch fatale Folgen, oder?
    – Mag sein. Aber offen gesagt, ist man mit solchen Überlegungen bei einem stellungslosen, jungen Physiker in einem Auffanglager an der komplett falschen Adresse.
    Crookshank faltete die Hände.
    – Ich denke, wir können Ihnen eine Perspektive aufzeigen. Wir helfen Ihnen und platzieren Sie hervorragend. Schon in unserem eigenen Interesse.
    – Und das heißt?
    – Zürich.
    Ich fiel aus allen Wolken.
    – Doch nicht bei Petri?
    – Aber sicher. Wir hatten an Professor Petri gedacht.
    Petri war Nobelpreisträger und galt als einer der glänzendsten Physiker. Einstein hatte ihn zu seinem Nachfolger erkoren, aber Petri war souverän genug, ein Angebot abzulehnen, dem sonst jeder Folge geleistet hätte, und hatte sich nach Kriegsende für die Schweiz entschieden. Seiner scharfsinnigen und unbestechlichen Art wegen galt er als das Gewissen der Physik. Schon zu Studienzeiten hätte ich gerne eine Korrespondenz mit ihm aufgenommen, aber Matussek hatte mich davon abgebracht. Von einer Persönlichkeit wie ihm würde ich keine Antwort bekommen.
    – Und was wird von mir erwartet?
    – Bereitschaft, uns mit Informationen zu versorgen, worüber dort geforscht wird. Auch die noch ungelegten Eier könnten von größtem Interesse sein.
    – Was bedeutet das praktisch?
    – Wir sehen uns einmal im Monat.
    Das klang unverfänglich. Allerdings verstand ich nicht, welchen Gewinn sich Crookshank und seine Leute davon versprachen, denn Petri war Wissenschaftler, der in Artikeln, auf Kongressen und in Vorlesungen ständig öffentlich kundtat, woran er arbeitete. Aber was kümmerte mich das schon, bei den in Aussicht gestellten Möglichkeiten machte ich keine Anstalten, ihm das ausreden zu wollen.
    Crookshank blätterte in seinen Unterlagen.
    – Sie können bei einer Tante in Freiburg unterkommen?
    – Bis auf Weiteres.
    – Wir werden dort Kontakt mit Ihnen aufnehmen. Einverstanden?
     
11.
    Zwei Wochen nach dieser Unterredung wurde ich in einer Linienmaschine nach Basel ausgeflogen, von wo aus ich nach Freiburg weiterreiste. Ich konnte mich endlich frei bewegen. Die Anerkennung als politischer Flüchtling hatte ich in der Tasche und mir standen daher wöchentlich fünfzehn Mark zu. Damit ließ sich fürs Erste leben, zumal mich Tante Frieda, die Schwester meiner Mutter, beherbergen würde.
    Frieda Gouyot bewohnte ein geräumiges Haus. Ihr Mann war vor drei Jahren gestorben. Sie hatte Claude nach Kriegsende in einem französischen Offizierskasino kennengelernt. Für Frieda hatte er später die Übersiedlung nach Freiburg auf sich genommen. Der Hausherr war immer noch gegenwärtig. Auf dem Sideboard im Flur unddem Büfett im Wohnzimmer waren Porträts eines trotz Schnauzer und streng gescheitelten Haaren freundlich wirkenden Mannes aufgestellt.
    – Er hat gut für mich gesorgt, sagte Frieda.
    Wir hatten uns lange nicht gesehen, dennoch war sie mir vom ersten Moment an wieder vertraut. Sie glich meiner Mutter, allerdings war sie die elegantere von beiden. Als Kind hatte ich meine schöne Tante immer bewundert. Ihre Lippen waren rot geschminkt, dazu rauchte sie, was ihr in meinen Augen Weltläufigkeit verlieh. Frieda war auch als Witwe eine gut gekleidete Frau, die nichts von einer alten Tante an sich hatte. Gut gestellt durch ihr Erbe hatte sie allen Luxus in ihren Haushalt gebracht. Kühlschrank, Elektroherd und Waschmaschine kannte ich bislang nur vom Hörensagen.
    Frieda brachte mich in eine Dachkammer, die sie für mich hergerichtet hatte. Auf dem Weg nach unten begegneten wir einer jungen Frau mit lockigem Haar und blassem Teint.
    – Das ist Leni.
    Frieda hatte den Arm um sie gelegt.
    – Leni ist mein Pflegekind. Und ein Schatz! Sie hilft mir im Haushalt.
    Leni wirkte verlegen. Nach kurzer Zeit entwand sie sich der Umarmung und verschwand in der Küche. Frieda hatte die Waise bei sich aufgenommen. Sie besuchte inzwischen die Haushaltsschule, um später auf eigenen Beinen stehen zu können.
    Wenigstens einmal die Woche ging Tante Frieda aus. Dienstags versammelte sich der Kegelclub, und sie wurde dann von einem stets umtriebig wirkenden, rundlichen Mann abgeholt, den sie nur
Malzi
nannte.
Malzi
vertrat das Rheinische Holzkontor in Baden. Aus pädagogischen Gründen, wie er sagte, kam er nicht ins Haus, sondern hupte und wartete draußen in seinem VW Käfer

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