Der Tod bin ich
liberalen Gesellschaft wollen Sie sich die Hände lieber nicht schmutzig machen.
Sergeant Miller erhob sich.
– Und das kränkt uns, verstehen Sie?
– Ich glaube, da haben Sie mich missverstanden!
Er war schon an der Tür.
– Tut mir leid. Wenn Sie Klagen haben oder sich beschweren wollen, bitte sehr! Besprechen Sie das mit Lieutenant Crookshank.
Er ließ mich allein im Zimmer zurück. Ich spürte, wie mein Herz raste, und begann auf und ab zu gehen, um meine Panik wieder in der Griff zu kriegen.
10.
Nach einer quälend langen Wartezeit betrat endlich Lieutenant Crookshank das Büro.
– Und, wie ist es gelaufen, mit Sergeant Miller?
Ich spürte ein freundliches Interesse bei ihm und fühlte michdaher ermutigt, ihm diese fürchterlich verlaufene Befragung zu schildern.
Crookshank zog die Brauen hoch.
– Klingt hart, ich weiß. Aber Sie müssen auch Sergeant Miller verstehen. Wer lässt sich schon gerne sagen, dass man sich ihm nur deshalb zugewendet hat, weil die andere Seite niederträchtig war?
– Meine Situation hier im Lager ist wirklich deprimierend. Gibt es denn keine Möglichkeit, mir zu helfen?
– Lassen Sie uns zusammen darüber nachdenken, Herr Oftenhain, ob wir nicht doch noch etwas finden, mit dem wir Ihre Bereitschaft, uns zu unterstützen, belegen könnten.
Ich fasste Mut. Crookshank schien zu grübeln.
– Ich muss ein wenig ausholen, Herr Oftenhain. Wir sind in Sorge, weil Russland den Westen atomar bedroht. Seit dem erfolgreichen Start von Sputnik wissen wir, dass sie ihre Bomben auf der ganzen Welt absetzen können.
– Aber die Amerikaner waren doch die Ersten, die über die Bombe verfügen konnten. Und die sie eingesetzt haben.
– Ein furchtbarer Fehler, erwiderte Crookshank. Einer, aus dem die ganze Menschheit gelernt hat. Auch wir.
Ich runzelte skeptisch die Stirn, wagte aber nicht zu widersprechen.
– Versetzen Sie sich in unsere Situation! Unsere Leute waren fest davon überzeugt, dass Hitler die Bombe bauen würde. Ihr Deutschen hattet doch die wissenschaftlichen Köpfe dazu.
– Aber sie haben es nicht geschafft.
– Nur dass wir uns richtig verstehen: Das Manhattanprojekt war eine große wissenschaftliche Leistung und in erster Linie antifaschistisch. Dazu international. Die es zustande gebracht haben, waren nicht nur Amerikaner. Italiener, Ungarn, Briten, Deutsche, Österreicher … Einstein selbst hat unseren Präsidenten eindringlich vor einem drohenden Schlag der Nazis gewarnt. Sogar eine Autorität wieNiels Bohr fand es legitim, dass wir uns zur Wehr setzen. Aber das ist Ihnen sicher bekannt?
Ich nickte und strich mir das Haar aus der Stirn.
– Heute wissen wir vieles besser. Meiner festen Überzeugung nach darf die Wissenschaft nichts dazu tun, um Waffen zu entwickeln, die die gesamte Menschheit auslöschen könnten.
– Sie sind Pazifist.
– Und ich wüsste auch gar nicht, wie ich Ihnen hier dienlich sein sollte. Mein Interesse ist doch die Grundlagenforschung.
– Die Forschung muss frei sein, da sind wir uns einig. Sie erkennt zwangsläufig kein Limit an, sie ist, wie es Berater für unseren Präsidenten formuliert haben, eine
endless frontier
. Was aber nichts daran ändert, dass aus dem, was Physiker heute finden, andere morgen Waffen bauen könnten.
Ich schwieg und dachte eine Weile nach.
– Und wie soll das verhindert werden?
Crookshank beugte sich über den Tisch.
– Indem wir rechtzeitig Bescheid wissen, was in den Köpfen der Wissenschaftler vorgeht. Und wir möchten dabei nicht auf Vermutungen angewiesen sein. Wir wollen das Blatt sehen, mit dem Sie und Ihre Kollegen spielen.
– Und was sollte bei meinem Arbeitsgebiet herausspringen?
– Neue Antriebstechnologien beispielsweise, Atomkraft oder vielleicht sogar Antigravitation.
Ich runzelte die Stirn.
– Antigravitation, ernsthaft?
Crookshank krümmte den Buckel wie eine sprungbereite Katze. Sein Ton wurde scharf.
– Die Russen arbeiten daran, wir logischerweise auch. Die Flugzeug- und Raumfahrtindustrie sowieso. Wir kümmern uns auch um Projekte, die manchen heute utopisch erscheinen mögen.
– Sollten wider Erwarten Antigravitationsteilchen gefunden werden, würden das doch alle postwendend mitbekommen. Jeder beteiligte Wissenschaftler wird sich beeilen, das zu veröffentlichen.
– Wir möchten schon vorher Kenntnis davon haben. Wenn sich die Wissenschaft selbst keine Beschränkungen auferlegen kann, muss es jemanden geben, der das vernünftig kanalisiert,
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