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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Regenmantel, dessen Kragen er hochgeschlagen hatte. Seine Schiebermütze war mit einem gleichfarbigen Überzug regenfest gemacht. Sein Begleiter in der schwarzen Lederjacke hatte einen Schirm aufgespannt.
    – Ihr habt also Aaron Malikow genauer unter die Lupe genommen?
    Wieder touchierte der Schirm des Jüngeren seine rechte Schulter. Ärgerlich schob ihn Fred Fridge beiseite.
    – Pass doch bitte auf, Colin!
    Colin neigte seinen Schirm stärker nach der anderen Seite hin.
    – Entschuldigung! Ja, das haben wir. In Moskau hat er noch direkt unter Chalimow gearbeitet.
    – Dass er ein illegaler Resident ist, wissen wir sicher?
    – Hundert Prozent. Über die bereits bekannten Namen hinaus konnten wir einen weiteren Mitarbeiter aus seiner Gruppe identifizieren: Helmut Riegel, einen Leipziger, den die Staatssicherheit als politischen Flüchtling eingeschleust und ihm als Helfer zugeordnet hat.
    – Über die Grenze infiltrieren die das Gebiet mit beliebig vielen Leuten.
    – Sieht so aus. Durch ihre Verflechtung mit der Staatssicherheit verfügen die Russen über ein fast unerschöpfliches Reservoir. Wir schätzen, dass zwei- bis dreitausend Leute unterwegs sind.
    – Wahnsinn! Und der Auftrag von Malikows Gruppe?
    – Wissenschaftliche Institutionen ausspähen. CERN, Jülich, Max-Planck-Institute. Naturwissenschaftliche Forschung abgreifen.
    Colin hob den Schirm, um weiter nach vorne sehen zu können.
    – Da ist es!
    Sie waren an einer Bank angekommen, die unter einer großen Eiche stand.
    – Hier saß er und hat das Haus ausgespäht.
    Fred zog einen kleinen, ausklappbaren Feldstecher unter seiner Regenhaut hervor.
    – Bei diesem Wetter sieht man kaum etwas. Aber ich vermute, es ist der Glasbungalow mit der großen Veranda.
    – Genau.
    – Und der Kerl wäre uns fast in die Quere gekommen.
    – Kann man sagen.
    Fred blickte nach oben und nahm den dicken Ast der Eiche in Augenschein.
    – Die Russen waren uns zuletzt in jeder Hinsicht weit voraus.
    Colin nickte. Die Enttarnung von hochrangigen Mitarbeitern als langjährige KGB-Agenten hatte den Dienst in seinen Grundfesten erschüttert. In der Folge blieb kein Stein auf dem anderen.
    – Für Vauxhall wäre es enorm wichtig, dass wir diesmal am Drücker bleiben und die Russen hochgehen lassen. Wie lange braucht ihr noch?
    Colin wiegte den Kopf.
    – Schwer zu sagen, die Liste ist noch lange nicht komplett. Ein paar Wochen bestimmt.
    Über Freds Gesicht zog ein Anflug von Resignation.
     
22.
    Völlig überraschend tauchte Kaltenbrunner in meinem Büro auf. Normalerweise wurde ich zu ihm beordert.
    Seit Salantino und Malikow wieder an mir zu zerren begonnen hatten, lebte ich in ständiger Angst, entdeckt zu werden. Ich schlief schlecht und war auch untertags reizbar und nervös. Der Arzt hatte mir ein Mittel gegen mentale Verstimmung verschrieben und mir den Rat gegeben, mein Arbeitspensum zurückzuschrauben. Sediert ließ sich manches leichter ertragen, aber es änderte nichts an einer Situation, in der ich wie ein Schiffbrüchiger in stürmischer See hin und her geworfen wurde und meinem Schicksal keine Richtung mehr geben konnte. Nur die Zusammenkünfte mit Ella bildeten noch Inseln, auf denen ich ein wenig zu Ruhe und Gelassenheit zurückfand. Wir hatten uns darauf verständigt, unser Verhältnis vor Frau Rose geheim zu halten. Seit jenem Abend mied ich sie und beschränkte meinen Kontakt zu ihr auf das beruflich Nötigste, das sich in aller Regel über Telefon erledigen ließ. Bei Treffen achtete ich darauf, dass auch weitere Kollegen anwesend waren.
    Ich sprang auf. Kaltenbrunner bedeutete mir, Platz zu behalten.
    – Es heißt, Sie seien ein vorzüglicher Geiger.
    Erleichtert ließ ich mich auf meinen Stuhl zurücksinken.
    – Ein leidlich guter, mehr nicht!
    – Dann machen Sie mir doch die Freude und besuchen uns nächsten Sonntag zu einer kleinen Hausmusik. Ich spiele für mein Leben gern, und mein Sohn fällt nun leider aus, er hat eine Stelle in Göttingen angetreten. Möchten Sie?
    Ich sagte zu. Wir einigten uns auf die Sonaten von Brahms, die für Klavier und Violine geschrieben waren. Die Noten lagen ohnehin bei mir zu Hause, ich hatte die Partien früher schon des Öfteren gespielt.
    Pünktlich fand ich mich Sonntagnachmittag bei Kaltenbrunner ein. Seine Frau empfing mich an der Tür und geleitete mich zu dem üppig gedeckten Kaffeetisch.
    – Stärken wir uns zuerst, sagte Kaltenbrunner.
    Beide waren sehr freundlich zu mir. Kaltenbrunner schilderte

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