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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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sehen, wie er reagiert“, sagte Batović und zeigte Richtung Oberdeck.
    Einer freilich wusste genau Bescheid: Er saß, oder besser er stand am Steuer der „Madeleine“. Zoran Mitśić konnte es nicht glauben, als der Geschäftsführer der Jacht-Charter, dem die „Madeleine“ gehörte, ausgerechnet ihn angerufen und gefragt hatte, ob er ein paar wichtigen Staatsgästen die Schönheit der oberen Adria zeigen würde. Erst nach mehrmaligem Insistieren und einer angedeuteten Drohung („Wenn Sie mir nicht sagen, wer dabei ist, mache ich das nicht“) erfuhr er, wen er an Bord haben würde.
    Mitśić hatte in Innsbruck Geschichte studiert, oder zumindest inskribiert. Deutsch hatte er schon als Kind gesprochen, sein Vater war einer von Zehntausenden Jugoslawen, die als Gastarbeiter das deutsche Wirtschaftswunder in den Sechziger- und Siebzigerjahren möglich gemacht hatten. Vielleicht war es die Lebensweise seines Vaters, der jede Mark seines schwer verdienten Geldes in seine Heimat zurückbrachte, um dort nahe am Meer ein Haus zu errichten, die Zoran eher zu den linken als zu den rechten Studenten hingezogen hatte. Mitte September 1986, eigentlich hatte er noch Semesterferien, war er für zwei Tage zu einer Geburtstagsfeier einer Tiroler Freundin nach Österreich gereist. Nur wenige hundert Meter von der Wohnung entfernt, in der er gerade die „Zeit im Bild“ verfolgte, feierte ein junger, drahtiger Politiker seinen bislang größten Erfolg. Jörg Haider hatte sich an die Spitze der FPÖ wählen lassen. Die Bilder, die über den Bildschirm flimmerten, weckten beim geschichtsbewussten Zoran Mitśić Assoziationen an das Dritte Reich: die tobende, kreischende Menge, junge Männer, die den neubestellten Obmann auf ihren Schultern durch den Saal trugen. Ein Putsch, dachte Zoran bei sich, so sieht ein Putsch aus, jedenfalls in einer Demokratie.
    Seit diesem Tag hatte er, der das Studium bald zugunsten eines lukrativen Jobs in seiner Heimat aufgab, Haider nicht mehr aus seinem Gedächtnis streichen können: Er verschlang österreichische Tageszeitungen, die im Sommer in Poreč ohnehin fast an jeder Ecke verkauft wurden, und die Wintermonate verbrachte er als Skilehrer immer wieder in Österreich, das er als seine zweite Heimat betrachtete.
    Politisch blieb er seiner Gesinnung treu, auch wenn in Kroatien mit linkem Gedankengut nicht viel Staat zu machen war. Der Ausverkauf seines Landes, wie mit Grund und Boden spekuliert wurde, wie einige wenige – meist dank ihrer engen Beziehungen zur Staatsmacht – ungeheuren Reichtum anhäuften, das war ihm zuwider. Und dass Jörg Haider mit der Vier-Länder-Bank ebenfalls seine Finger im Spiel hatte, war in linken Kreisen Kroatiens kein Geheimnis.
    Und jetzt stand der zugegeben sympathische, gut aussehende Kärntner Landeshauptmann nur wenige Meter von Zoran Mitśić entfernt. Haider war inzwischen nach vorne zum Bug balanciert, keine leichte Sache, schließlich raste die „Madeleine“ immer noch mit Vollgas über die Adria. Mit jedem Sprung über eine Welle krachte das Boot auf die Wasseroberfläche, als wäre sie aus Beton.
    Der heftige Gegenwind strich Haider durch die Haare, er blickte nach links und rechts, immer wieder tauchten kleinere Inseln auf, oder Segelboote, deren Maste bedenklich schief lagen. Haider schloss die Augen und stellte sich im Geiste vor, wie er später einmal, wenn er der Politik überdrüssig wäre, auf einer dieser Inseln in einer kleinen Villa den Sommer verbringen würde. Plötzlich, aus heiterem Himmel, machte das Boot eine scharfe Wende nach backbord – Haider schwankte, verlor das Gleichgewicht, im letzten Augenblick konnte er sich noch an der Reling festhalten, sonst wäre er über Bord gestürzt. Er holte dreimal tief Luft, dann hantelte er sich vorsichtig am Geländer entlang wieder zum Heck. Als er zu Mitśić kam, der am Steuerrad stand, rief er ihm zu: „Jetzt haben Sie mich fast umgebracht, ich hoffe für Sie, dass das nicht Absicht war!“ Aber außer einem Kopfschütteln bekam er keine Antwort.
    Auf den ersten Blick sahen sie nichts Außergewöhnliches. Im Licht der Taschenlampe war in dem kleinen Raum ein Bücherregal zu sehen, die Vorhänge waren zugezogen, ein Schreibtisch, der ziemlich unaufgeräumt schien, neben vielen Papieren stand da noch ein Drucker, das USB-Anschlusskabel hing lose vom Schreibtisch hinunter. Neben einem Holzstuhl stand ein Papierkorb, erst beim Näherkommen bemerkten Inspektor Bugelnik und Jasmin Köpperl,

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