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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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Deckel auf- oder zugemacht wird.
    Ein paarmal habe ich in diesem halben Jahr Arne an die Hand genommen und bin mit ihm ins Nebenzimmer gegangen. Wo meine Kiste steht. Habe den Deckel aufgemacht und Arne mit der Nase hineingestoßen. Habe ihm gesagt: «Hier. Ich will keine Geheimnisse vor dir haben.» Habe darauf gewartet, daß er sich was raussucht, was ihn interessiert. Und nachfragt, wenn er was nicht versteht. Habe die Kiste aufgemacht und darauf gewartet, daß er zugreift.
    Dann ist Arne aufgestanden und seelenruhig zum Fenster gegangen. Hat aus dem Fenster geguckt. Ich gehe zum Fenster, nehme ihn abermals an die Hand. Führe ihn zur Kiste. Er wirft einen flüchtigen Blick hinein. Alles rückwärts schauend und ohne Substanz. Er will wieder zum Fenster. Ich drücke seinen Kopf sanft in Richtung Kiste. Nun wird es ihm aber zuviel. Arne klappt schnell den Deckel zu und rennt ins Nebenzimmer, um zu gucken, ob seine Kiste auch noch zu ist.

    Woher nehme ich eigentlich die Geduld, ein halbes Jahr an einer festverschlossenen Kiste zu rütteln? Was suche ich darin? Einen Schatz?

    Als ich von Sabine weggehe, gucke ich noch kurz bei Arne vorbei. Er sitzt wieder an seinem «Schreibtisch». Hat seinen Artikel noch nicht fertig. Ich sage ihm, daß ich ihn eigentlich fragen wollte, ob er am Wochenende Zeit hat. Hat er natürlich nicht.
    «Wann hast du den Artikel denn fertig?»
    «Montag. Ab Dienstag hab ich wieder Zeit. Aber Dienstag abend treff ich mich mit Sabine.»
    «Ich weiß, da komm ich her», sage ich.
    «Ach, wolltest du auch hierherkommen?» meint Arne. In einem halb fragenden, halb aber schon die Tatsache feststellenden Tonfall.
    «Nein. Da komm ich gerade her, mein ich. Ich war eben grad bei Sabine.»
    «Ach, wolltest du auch hierherkommen?» Mein Gott, muß dieser Mann eine Angst vor mir haben, daß ihm so eine Freudsche Fehlleistung unterläuft. Daß es in seinem Gehirn sofort schaltet, daß ich ihn noch nicht mal sich in Ruhe mit Sabine treffen lasse, nachdem er sie Monate nicht gesehen hat. Daß er sofort denkt, die beiden Frauen wollen wieder irgend etwas , was er nicht durchschaut, nicht beeinflussen kann... gegen ihn... und so...
    Aber es ist irgendwie klar. Arne hat mich immer so erlebt. Daß ich mir andere Frauen zur Unterstützung «gegen» ihn heranhole. Und daß er nichts dagegen machen kann. Selbst wenn er das in dem Moment gedacht hat, hätte er doch auch sagen können: Das find ich nicht gut. Ich möcht mich lieber mit Sabine allein treffen. — Aber Arne sagt ganz unbeteiligt, so als wenn es das Normalste von der Welt ist und er es ohne innere Widerstände akzeptiert: «Ach, wolltest du auch herkommen?»
    Warum hat dieser Mann so eine Angst vor mir, daß er keine Widerrede wagt? Ich will ihm doch gar nichts tun. Aber er hat mich wahrscheinlich immer so empfunden, daß ich keine Widerrede dulde. Daß er sowieso nichts dagegen machen kann, wenn ich mich in seiner Abwesenheit mit einer anderen Frau abspreche. Und daß er sowieso nicht durchblickt, was die Frauen eigentlich von ihm wollen.
    Aber seine Angst ist so groß, und die Sache, vor der er Angst hat, so undurchschaubar für ihn, daß er seine Angst auf keinen Fall zugeben kann. Ganz cool so tut, als wenn es normal ist, daß ich ihm in seine Verabredung mit Sabine dazwischenplatze, ohne ihn vorher zu fragen. Er verabredet sich mit ihr, und ohne daß er gefragt wird, wird daraus ein Treffen zu dritt. Und er spricht sich selber das Recht ab, dagegen einen einzigen Ton zu sagen.
    Wenn Arne mich sieht, dann sieht er lila. Und kann damit absolut nichts anfangen. Kann überhaupt nicht differenzieren, wo frau das Recht hat, ihn unter Druck zu setzen, um ihn zu einer Auseinandersetzung zu zwingen, vor der er sich vielleicht drückt. Und wo er das Recht hätte zu sagen: Nee. Halt mal. Erst mal bin ich mit Sabine verabredet. Und wenn sie und du, wenn ihr was anderes wollt, müßt ihr mich auch mal fragen.
    Wir klönen noch ein bißchen über andere Sachen. Machen ab, daß er mich nächsten Sonnabend abend besucht. Ich erzähle ihm ein bißchen von meinem Buch. Daß ich im Moment in erster Linie die politische Perspektive diskutieren möchte. Daß er gerne an der Diskussion teilnehmen kann. Daß «man» sich überlegen müßte, was er vorher noch liest. Ob er alles lesen sollte, was die anderen auch gelesen haben. Ich will ihm die Angst nehmen. Die Angst, daß ich da ein Ding gegen ihn machen werde. Erzähle ihm, daß ich viele Sachen rauslassen werde.

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