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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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auch Fehler gemacht habe.
    Ich sage ihm, daß ich mich ihm gegenüber manchmal wohl wie ein Elefant im Porzellanladen verhalten hätte. Daß ich wirklich zu ungeduldig war. Aber daß er mir auch keine Möglichkeit gegeben hat, ihn zu verstehen. Daß ich ihn gerne verstehen möchte. Daß ich Vertrauen zu ihm habe. Warum ich Vertrauen zu ihm habe.
    «Ich finde, daß du mir gegenüber ganz schön rumgeholzt hast», sagt Arne. Mehr sagt er nicht.
    Hehe! So habe ich das ja nun nicht gemeint. Ich finde nichts, was ich gemacht habe, «falsch», ich hätte nur wahrscheinlich mehr erreichen können in seinem Kopf, wenn ich in einigen Situationen anders reagiert hätte. Aber es ist nicht «falsch», daß ich rumgeholzt habe. Ich habe mich immer der Situation entsprechend verhalten. Wenn ich wütend auf ihn bin, dann muß ich meine Wut an ihm ausleben. Selbst wenn ein ruhiges Wort vielleicht eher bei ihm angekommen wäre. Ich sehe nicht mehr ein, meine Wut in mich reinzufressen, nur weil Wut bei ihm nicht gut ankommt. Dazu bin ich mir inzwischen zu wichtig. Frauen haben gelernt, ihre Aggression immer gegen sich selber zu richten. Ich zerstöre mich nicht mehr selber. Und wenn meine Wut über sein Verhalten ebenso stark ist, dann kann ich mir nicht in erster Linie Gedanken machen, was wohl am meisten bei ihm bewirkt. Sondern dann ist es wichtiger, meine Aggressionen nicht mehr weiblich und selbstzerstörerisch in mich reinzufressen. Mein Rumholzen war nicht «falsch». Es war vielleicht uneffektiv. Aber es war der Situation angemessen. Ich sage ihm, daß ich nichts «falsch» finde, was ich gemacht habe. Nicht daß er auf die Idee kommt, ich wolle mich bei ihm «entschuldigen».
    Da wäre er noch eher dran. Aber er braucht das auch nicht. Ich will nicht mehr auf Arne herumreiten, daß er Selbstkritik leistet. Daß er Scheiße gebaut hat, weiß er schon selber. Ich will endlich mal mit ihm zusammen rauskriegen, was da in seinem Gehirn eigentlich los ist. Aber dazu muß er mich endlich mal an sich ranlassen. Muß Vertrauen zu mir haben. Deshalb setze ich mich heute abend hier mit ihm hin und sage ihm, daß ich ihn verstehen möchte.
    Arne sagt, daß er mit seinen Gedanken ganz bei den Sachen ist, die er gerade bearbeitet. Daß ihn dieses Gespräch aus seiner politischen Arbeit rausreißt und er da jetzt nicht drauf einsteigen will.

    Was habe ich mir eigentlich eingebildet? Daß ich mich hier hinsetze und sage: Lieber Arne. Hab doch Vertrauen zu mir. Und Arne sagt sofort: Ja, mach ich. Hab ich das allen Ernstes geglaubt? Scheinbar ja, denn in mir gibt es einen ganz gewaltigen Knacks, als er das so cool und trocken sagt. — Ich setze mich hier hin, sage, daß ich mich wie ein Elefant im Porzellanladen verhalten habe. Daß ich jetzt Vertrauen zu ihm habe. Daß ich sehe, daß er mich nicht verletzen will, wenn er sich immer so unsensibel verhält. Und als Antwort kriege ich, daß ihn das jetzt aus seiner politischen Arbeit rausreißt.
    «Ich wollte dir noch viel mehr sagen. Aber nach deiner Reaktion jetzt kann ich gar nicht mehr.»
    «Ich hör mir nicht nur an, was jemand sagt, weißt du. Ich guck mir an, was jemand macht.»
    Soll er doch gucken! Aber was will er denn sehen? Was soll ich ihm denn zeigen, damit er Vertrauen zu mir hat? Ich kann ihm nichts anderes zeigen als das, was ich wirklich bin.
    Wir gehen noch ein Stück an der Elbe spazieren. Er will in die Zwiebel. Ich will nach Hause. Abschied. Umarmung. Ein kurzer Kuß. Wieso kann er so mit mir kuscheln? — Ich sage ihm, daß ich ihn in vierzehn Tagen ins Kino einladen möchte. Findet er gut. . Mit Woody Allan.
    «Da schreibt eine Frau ein Buch über ihre verflossene Ehe», sage ich.
    Dann möchte er sich den Film lieber nicht angucken.
    «Ist gut. Ich lad dich auch gern in einen anderen Film ein.» Ich gehe. Ich weiß, daß ich ihn zwei Wochen nicht sehen werde. Ich fühle mich gut. Ich schreibe mein Buch.

    Irgendwann registriere ich plötzlich, daß mein Wunsch, mit Arne zu schlafen, nicht mehr da ist. Daß es ziemlich lange her ist, seit ich zuletzt daran gedacht habe. Die ganzen letzten Monate hat dieser Gedanke mich beherrscht. Und plötzlich ist er nicht mehr da. Ich kann nicht einmal sagen, wann «es» aufgehört hat. Aber jetzt ist es jedenfalls nicht mehr da.
    Ich denke an seine Zärtlichkeit. Möchte mit ihm im Bett liegen und mich an ihn ankuscheln. An mehr denke ich nicht. Was danach kommt ist mir egal.
    Ich bohre weiter in mir. Was wäre, wenn Arne

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