Der Tod des Maerchenprinzen
Bettlaken, und einer davon ist «zufällig» meiner. Mivo setzt sich beim Abendbrot neben mich, obwohl da keine Tasse und nichts steht. Fragt mich später mehrmals, egal wo ich grade bin, ob ich nicht auch müde bin. Ob ich mich nicht auch hinlegen will. Ich kann doch jetzt nicht sagen: Eigentlich hab ich ja Wilfried geplant heute nacht . Bringe es auch nicht zu sagen: Wenn du müde bist, leg dich doch hin. Lege mich mit ihm hin. Auf Wilfrieds Bettlaken. Wilfried liegt neben uns und noch ein anderer Typ. Es passen vier Leute in den Alkoven.
Mivo nimmt meine Hand. Nimmt nur meine Hand. Ich habe keine Lust, mit ihm zu schlafen. Ich schlafe mit ihm.
Weil ich denke, das muß so sein. Ein Typ, der meine Hand küßt, erwartet von mir emannzipierte Frau, daß ich auf ihn raufkrabbel. Ich habe keinen Orgasmus, finde es überhaupt nicht erotisch. Aber auch nicht unangenehm, weil er ’n ganz weicher Typ ist. Mivo schläft mit mir. Er will gar nicht mit mir schlafen. Er schläft mit mir, weil er denkt, ich will das. Das kommt drei Tage später raus, als wir uns darüber unterhalten.
Am Morgen nach diesem Koitus, den keiner wollte, grinsen uns die beiden anderen, die neben uns im Alkoven gelegen haben, immer so komisch an. Mir ist es peinlich.
Am Abend Fete. Als ich gehe, möchte ich Mivo sagen, daß ich heute nacht wirklich mit ihm Zusammensein möchte. Habe Herzklopfen. Warte, daß er mich fragt, ob er nicht mitkommen kann. Er fragt nicht. Wartet, daß ich ihm sage, daß ich mit ihm Zusammensein möchte. Kein Wort. Ich gehe. Emannzipierte Frau...
Gehe mit Dietrich zu einem Typen, der in der Nähe wohnt und angeboten hat, daß nach der Fete Leute bei ihm schlafen können. Es ist nur noch ein Zimmer frei. Ein Zimmer. Ein Bett. Mit Dietrich. Mit dem ich auch schon manchmal gebumst habe.
Hoffentlich will er nicht. Gehe mit ihm in die Badewanne, um es rauszuzögern. Als wir im Bett liegen, will er doch. Nervig. Warum liegt der Kerl denn jetzt auf mir? Emannzipierte Frau...
Tage später besuche ich Mivo zu Hause. Seine Freundin ist nicht Ja. Wir gestehen uns gegenseitig, daß wir die erste Nacht eigentlich beide nicht miteinander schlafen wollten und uns am zweiten Abend beide nicht getraut haben, uns zu sagen, daß wir beide wollten. Mivo schnauzt mich an, daß ich als emanzipierte Frau doch sagen soll, was ich will. Schnauzt mich lieb und solidarisch an. Will, daß ich diese Nacht bei ihm bleibe. Läßt mich nicht in Ruhe aufs Klo gehen, kommt hinterher. Ich will pinkeln. Mivo macht mich an. Auf dem Flur umarmt er mich so, daß ich wirklich nicht aus seinen Armen rauskomme. Drückt seinen steifen Schwanz an mir platt. Seine Freundin kommt heute nacht nicht nach Hause. Ich habe Lust, mit ihm zu schlafen. Ich gehe nach Hause, weil ich ihm mal zeigen will, daß ich auch «nein» sagen kann. Zu Hause ärgere ich mich.
Habe mich ein bißchen in Michi verknallt. Der keine Freundin hat. Nehme von Mivo Abstand, weil ich endlich was Vernünftiges will. Nicht wieder Zweitfrau sein.
Michi, mit dem ich seit Wochen jeden zweiten Abend ’n Termin zusammen hab. Der mir am Anfang gar nicht aufgefallen ist, weil er so blond und farblos aussieht. Fast jeden Tag irgendwas zusammen. Und das in der Zeit, wo ich zum erstenmal praktisch politisch arbeite. Jede Auseinandersetzung mit ihm führe. Die Gespräche mit ihm für mich und meine ersten zaghaften politischen Schritte so wichtig sind.
Mit Michi auf der Fete. Gespräch mit ihm und einem anderen Typen über China. Der andere Typ meint, daß Kommunismus Scheiße ist, weil in China die Frauen mit 26 noch Jungfrau sind. Wörtlich sagt er: «Du kannst mir doch nicht ’ne Frau anbieten, die mit 26 noch Jungfrau ist.»
«Ich biete dir gar keine Frauen an», sagt Michi.
Mir wird ganz warm. Ich flippe aus. Wie er das gesagt hat. Ein Mann, der Frauen ernst nimmt. Er geht mit mir nach Hause. Schläft mit mir. Ich finde es schön mit ihm. Bin total verknallt. Es stört mich nicht, daß ich mal wieder keinen Orgasmus gehabt habe und den Typen das gar nicht interessiert. Ich bin verknallt, das reicht mir. Es sind ja auch meine Orgasmusschwierigkeiten. Meine Unfähigkeit. Am Morgen meckert er über die Margarine und den Käse, den ich im Haus habe. Ich bin glücklich, daß ich nach einer «Nacht mit ihm» zusammen frühstücken kann. Will ihn umarmen. Er macht sich steif. Keinerlei Zärtlichkeit, kein Wort. Ich umarme ihn. Er meckert über die Mackerine. Scheiß-Macker. Geht nach Hause. Ich gehe
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