Der Tod des Maerchenprinzen
dann klappt’s nirgends», sagt er... und meint es genau in dieser Reihenfolge. Sexualität als Grundlage für ’ne Beziehung. Sexuelle Revolution!) Es ist mein Recht, «Nein» zu sagen. Wenn ich immer nicht will, dann ist was in der Beziehung nicht in Ordnung. Muß das diskutiert werden. Keine Diskussionen mehr über die Verbesserung irgendwelcher Sexualtechniken, größere Perfektion, technisches Rumgebastle... Mir ist soviel klargeworden. Ich lasse mich nicht mehr benutzen. Finde es toll, daß die Männer das auch so sehen. Gehe neue Beziehungen ein. Scheitere an der Praxis. Das fortschrittlichste Männerhirn entgleist, wenn ihm der Schwanz in die Quere kommt. «Natürlich mußt du nicht mit mir schlafen, wenn du nicht willst. Aber ich bin so enttäuscht, daß du jetzt nicht willst.» Er ist enttäuscht... schlechtes Gewissen vielleicht will ich ja doch... vielleicht krieg ich ja noch Lust... rede mir ein, Lust zu kriegen, weil ich nicht will, daß er enttäuscht ist .. Blähungen... Bauchschmerzen... das kenn ich doch... will’s aber nicht wahrhaben... bin immer noch nicht stark genug, mir wirklich einzugestehen, daß ich jetzt nicht will und daß sein Enttäuschtsein nur Psychoterror ist... er liebt mich doch... und findet auch, daß man nur zusammen schlafen kann, wenn beide wollen... hat er doch gesagt am Anfang unserer Beziehung.
Immer noch Psychosomatik anstatt eines klaren Neins. Andere Frauen haben ihre Migräne. Ich bekomme Bauchschmerzen und Rippenstechen. Mein Unterleib verkrampft sich, wenn er zur Benutzung angefordert wird. Schaffe es immer noch... manchmal... die Bauchschmerzen so lange zu verdrängen, bis ich... unter Krampf... meinen eigenen Orgasmus gehabt habe. Danach kann ich nicht mehr abschalten. Wird mir doch bewußt, daß ich eigentlich gar nicht will. Kann mich nicht weiter benutzen lassen, weil die Bauchschmerzen zu stark werden. Ekle mich hinterher. Ekle mich vor meinem eigenen Orgasmus, den ich nicht wollte.
Plötzlich heißt es, Alice Schwarzer sei politisch schädlich, weil sie den Geschlechterkampf über den Klassenkampf stelle. Ich lese noch mal im nach. Es ist tatsächlich nicht so einwandfrei politisch hergeleitet, welche Funktion die Frauenunterdrückung hier hat. Es fehlt tatsächlich die sozialistische Perspektive. Es fehlt tatsächlich die Perspektive, wie es vielleicht auch mit Männern gehen könnte. Ich habe auch Widersprüche zu dem, was sie da im zweiten Teil ihres Buches schreibt. Sicher. Aber die Protokolle von Frauen im ersten Teil, die haben mir ganz enorm geholfen, mich gegen meine sexuelle Unterdrückung zu wehren. Ich finde dieses Buch nicht «politisch schädlich». Sexuelle Unterdrückung sei ein Nebenwiderspruch, wird mir gesagt. Alice Schwarzer stelle diesen Nebenwiderspruch zu sehr in den Vordergrund, sagt mann mir. Das Buch sei politisch schädlich. Ich kann nichts mehr sagen. Um die zu überzeugen, müßte ich denen erzählen, was ich alles erlebt habe. Wie schlimm Sexualität sein kann. Ich müßte denen alles das erzählen, wovon es mir so schwerfällt, darüber zu reden. Ich will hier nicht in aller Öffentlichkeit losheulen, wenn die mir erzählen, sexuelle Unterdrückung sei ein Nebenwiderspruch, wir linken Frauen müßten «richtige» Frauenpolitik machen: Leichtlohngruppen und §218. Ich sehe das ein. Schließlich bin ich auch gegen Leichtlohngruppen und § 218. Selbsterfahrung ist unpolitisch. Sexuelle Unterdrückung ein Nebenwiderspruch. Die Termine sind für Politik da. Wenn ich vom Termin komme, will mein Freund mit mir schlafen.
Ich habe bei jedemmal Angst, daß ich vielleicht wieder Blähungen kriege. Meine Blähungen haben sich so verselbständigt, daß sie sogar einsetzen, wenn ich mal von mir selber aus Lust habe. Sie gehören zu meiner Sexualität wie der Pfarrer zum Kirchturm.
Kriege Lust. Kriege Blähungen. Weil ich Angst habe... wenn ich den Typen jetzt anmache, und dann vielleicht feststelle, daß ich doch lieber nur schmusen will, dann ist der schon geil, und dann gibt’s kein Zurück mehr. Wenn ich den «männlichenTrieb» erwecke, muß ich ihn auch ausbaden. Deshalb kommen meine Blähungen gleich mit meinen eigenen erotischen Bedürfnissen zusammen.
Wieder einen Schritt mehr... muß lernen, daß ich auch im letzten Moment noch das Recht habe zu sagen: «Du, ich möchte nur schmusen.» Daß ich nicht verpflichtet bin, jeden steifen Schwanz, den ich «angerichtet» habe, wieder kleinzukriegen.
Habe lange
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