Der Tod des Maerchenprinzen
nicht so ’n Interesse daran hat, mit ’ner Frau zu pennen. Daß ihm Zärtlichkeit wichtiger ist. Ich frage ihn, ob das immer so war bei ihm.
Nö, früher hat er auch mit Sexualität andere Sachen verdrängt und Beziehungsschwierigkeiten zukleistern wollen. Da haben wir also die gleichen Erfahrungen, registriere ich. So was will ich auch nicht wieder. Aber in ’ner guten Beziehung... ich argumentiere mit dem Buch , wo an einer Stelle steht «zusammen schlafen ist fast so wichtig wie zusammen reden». Sage, daß ich diesen Satz richtig finde. Er wiederholt, daß er da nicht so ’n Interesse dran hat. Ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll. Es ist so schwierig. Irgendwie ist es bestimmt alles sehr konfus, was ich sage. Habe ich nicht den Mut, das ganz direkt zu sagen, was ich will: Daß ich eigentlich immer Lust habe, mit ihm zu schlafen. Und daß ich nicht verstehen kann, weshalb er so selten mit mir schlafen möchte. Es fällt mir unheimlich schwer, nach seinen coolen Statements von: «Ich hab da nicht so ’n Interesse dran», noch mal direkt zu sagen, daß ich da aber «ein Interesse dran habe». Bei aller Emanzipation regt sich jetzt bei mir das schlechte Gewissen. Das schlechte Gewissen, daß ich als Frau «sexuelle Bedürfnisse» habe. Und es auch noch wage, sie zu äußern. Und dann auch noch abgewiesen zu werden. Sich angeboten haben und nicht «genommen» zu werden. Er darf doch nicht denken, daß ich «so eine» bin. Daß ich eine sexbesessene, gefühlskalte Frau bin.
So ein Quatsch, der sich da in meinem Kopf abspielt. So ein Quatsch! Erstens ist es mein gutes Recht, «sexuelle Bedürfnisse» zu haben. Auch als Frau. Weshalb habe ich immer noch dieses Männerschema in meinem Kopf, daß es zwei Sorten Frauen gibt: die einen, die selber sexuelle Bedürfnisse zu erkennen geben und die mann als Sexualobjekt benutzen darf. Und die anderen, die mann ernster nimmt, denen mann Gefühle zuspricht, die mann heiratet, nachdem mann sich die Hörner bei der ersten Kategorie abgestoßen hat. Immer noch meine Angst, beim Äußern meiner sexuellen Wünsche in die erste Kategorie einsortiert zu werden. Ich habe ein Recht auf meine Sexualität! Das war erstens.
Und zweitens sind es ja gar keine losgelösten «sexuellen» Bedürfnisse, die ich Arne gegenüber habe. Ich will mit ihm schlafen, weil ich ganz, ganz starke Gefühle für ihn empfinde. Es macht mich fertig, daß er immer nicht mit mir schlafen will. Warum will er das nicht?
Ich weiß nicht, wie ich weiterreden soll. Rede erst mal über meine Schwierigkeiten, diese Diskussion überhaupt zu führen. Sage ihm, daß es mir sehr schwerfällt, so was mit so einer körperlichen Distanz zu diskutieren. (Meine Hand wird gerade wieder in seiner Hosentasche geduldet.) Sage ihm, daß ich immer Schwierigkeiten habe, über Sexualität zu reden, und daß ich es am liebsten in einer Atmosphäre mache, wo ich mich ankuscheln kann. Am liebsten zu Hause im Bett mit ihm darüber reden würde. Ich sage das nicht das erste Mal.
Arne hört mir zu. Sagt nichts zu diesem Punkt.
Mein Gott, es macht mich wahnsinnig, wenn ich so viel aus mir raushole und dann keine Reaktion kommt.
Aber ich gebe immer noch nicht auf. Ich muß es direkter sagen. Wir setzen uns am Strand auf einen Holzstamm. Es ist dunkel, und man kann nicht sehen, ob da eventuell Teer drauf ist. (Hoffentlich gibt es keinen Teerfleck in meinem Rock.) Ich umarme ihn. Er muß doch verstanden haben, daß ich nicht mit ihm reden kann jetzt, wenn ich nicht seine körperliche Nähe spüre. «Bei mir ist es so... daß... bei mir ist eigentlich so ’ne ständige... Bereitschaft will ich es nicht nennen... aber... doch... das ist so... bei mir ist so ’ne ständige Bereitschaft, mit dir zu schlafen...»
Vorbehalte, weil ich «Bereitschaft» als etwas typisch weiblich Passives empfinde. Aber ich mußte es so ausdrücken, weil es mir darauf ankommt, ihm zu sagen, daß meine Bedürfnisse zwar da sind, aber nichts Forderndes annehmen. Ich nicht Sexualität von ihm will, sondern Sexualität mit ihm will.
Erzähle ihm, was Jan mir gesagt hat. Daß er, wenn er Lust hat und merkt, Uschi hat keine Lust, daß er dann auch keine Lust mehr hat. Daß er nur Lust hat, wenn sie auch Lust hat. Sage ihm, daß es mir bei ihm auch so geht. Daß ich zwar dauernd Lust habe, aber daß es nicht sein muß. Daß ich nicht frustriert bin, wenn «es» dann nicht passiert.
«Es ist zum erstenmal so, daß ich wieder das
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